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Prüfung medizinischer Komponenten

Messsoftware macht optische und Multisensor-KMG zum einfachen Hilfsmittel
Prüfung medizinischer Komponenten

Die präzise Prüfung der Toleranzeinhaltung an medizinischen Komponenten ist ein wichtiger Aspekt für die Konstruktion und Produktentwicklung. Häufig sind medizinische Produkte mit herkömmlichen taktilen Koordinatenmessgeräten (KMGs) jedoch schwierig zu messen.

Das kann daran liegen, dass die zu messenden Merkmale des Prüflings zu klein sind oder außerhalb der Reichweite von taktilen Sensoren liegen. Weiche, formbare Werkstoffe können durch die Antastkraft von konventionellen berührenden Tastsystemen deformiert werden. Es kann auch vorkommen, dass taktile Sensoren Kratzer auf den empfindlichen Oberflächen orthopädischer Produkte hinterlassen.

Doch es gibt eine Alternative: Videomessung und andere berührungslose optische Sensortechnologien erlauben dem Anwender die schnelle Erfassung von dreidimensionalen Daten mit hoher Messpunktdichte für die Designanalyse und anschließende Validierung von Komponenten. In leistungsfähigen CAD-basierten Messsoftwares sind diese Technologien integriert. Die Messsysteme können dadurch in 2D, 2.5 D und 3D Messdaten erfassen, die zur Validierung von Maßangaben sowie zur Analyse von Konstruktionsentwürfen und Fertigungsprozessen verwendet werden.
Diese technologischen Fortschritte haben sich die Entwickler von optischen Messsoftwares jahrzehntelang hart erarbeitet. Vor allem mussten proprietäre Algorithmen zur präzisen Bilderfassung und zur Umwandlung der Bilder in einzelne Datenpunkte für den automatischen Vergleich mit den Sollwerten im CAD-Modell entwickelt werden. Und das war erst der Anfang. Die steigende Verbesserung der mit den optischen und Multisensor-Messsystemen eingesetzten Software ist für die Entwickler von Medizinprodukten von größter Bedeutung.
Algorithmen erweitern die Optik
Ein Grund für den zögerlichen Einsatz von optischen und Multisensor-Messsystemen im Zusammenhang mit medizinischen Produkten ist das Vorurteil, dass die Parametereinstellung des Videosensors in Bezug auf Beleuchtung, Kontrast und Kantenerkennung für den Durchschnittsnutzer im Messlabor zu viele Spezialkenntnisse erfordert. Während diese Einschätzung früher vermutlich zutraf, sind diese Zeiten jetzt vorbei. Zahlreiche neue, leistungsfähige Bildverarbeitungs-Algorithmen innerhalb der Vision Messsoftwares sorgen für eine effiziente Automatisierung dieser Parametereinstellungen und erlauben einheitliche Messungen von Prüfling zu Prüfling und Messsystem zu Messsystem.
Die subjektive manuelle Anpassung der Videoparameter zur Kantenfindung ist durchaus ein legitimer Vorbehalt. Die Optimierung des Kontrasts sorgt für eine erhebliche Steigerung der Messgenauigkeit, indem sie die Fähigkeit des optischen Systems erhöht, Kanten zu erkennen. Gleichzeitig werden Lichtbeugungen an zylindrischen Oberflächen kompensiert, die ansonsten zu verfälschten, verkleinerten Messwerten führen würden.
Mittlerweile sorgen spezielle Bildverarbeitungs-Algorithmen für die automatische Anpassung des Kontrasts. Auf Knopfdruck wird mit Hilfe des Algorithmus eine Reihe schneller, iterativer Bildeinstellungen durchgeführt, bis ein optimales, stabiles Kontrastniveau erreicht ist.
Ein weiterer Faktor, der die Messwerte von Visionsensoren negativ beeinflussen kann, ist die Ausleuchtung der zu messenden Merkmale. Einerseits unterliegen die Lichtquellen einem alterungsbedingten Helligkeitsverlust. Andererseits kann die Verwendung unterschiedlicher Lichtquellen (Halogen oder LED) an verschiedenen Messmaschinen oder unterschiedliche Umgebungslichtverhältnisse an mehreren Maschinenstandorten bei Anwendung desselben Messprogramms zu unterschiedlichen Ausleuchtungen und damit zu instabilen Messwerten führen.
Derartige Abweichungen lassen sich leicht korrigieren, wenn die Messsoftware Algorithmen enthält, die eine Kompensation dieser Ausleuchtung durch den Anwender erlauben. Die Vorgehensweise der Beleuchtungskalibrierung ist mit der Kalibrierung eines KMG-Tasters vergleichbar.
Im Gegensatz zu taktilen Sensoren berühren Kameras die von ihnen gemessenen Kanten nicht. Deshalb muss die Kantenerkennung anhand einer präzisen Interpretation der Daten erfolgen, die die optische Messsoftware von der Kamera erhält. Die Kantenerkennungsalgorithmen moderner optischer Messsoftwares sind in der Lage, sowohl die unterschiedlichen Eigenschaften verschiedenster Teileoberflächen als auch die Beleuchtungsbedingungen zu berücksichtigen.
Im Allgemeinen verwendet die Software einen dominanten Kantenalgorithmus zur Auswahl der Kante einer von unten beleuchteten Komponente (Durchlichtverfahren). Schwieriger ist die Messung von oben beleuchteter Werkstücke (Auflichtverfahren) mit grober Oberflächenstruktur. Zu diesem Zweck kann der Benutzer einen speziellen Kantenalgorithmus wählen, der die Erkennung des entsprechenden Elements nicht nur aufgrund des Kontrasts, sondern auch anhand seiner Form und Position erlaubt. Weist das Merkmal Schleifspuren auf, ist keine homogene Ausleuchtung der Kante mit Auflicht möglich. Die Kamera wird hier mehrere mögliche Kanten detektieren. In diesen Fällen wird ein spezieller Algorithmus verwendet, der aus mehreren möglichen Kanten im Sichtfeld der Kamera die dominanteste Kante auswählt.
Vermeidung von Engpässen
Noch bis vor kurzem stellte die Qualitätssicherung einen der gravierendsten Engpässe in der Entwicklung von Medizinprodukten dar. Neuerungen in Bezug auf optische und Multisensor-Messsoftware sorgen nun dafür, dass so mancher überlastete Qualitätssicherungsmitarbeiter wieder mit der raschen Entwicklung Schritt halten kann.
Optische Messsysteme wurden in der Vergangenheit im Lehr-und-Lern-Modus programmiert. Dementsprechend konnten mit dem Messsystem während der Programmierung von Messroutinen keine Teilemessungen vorgenommen werden. Moderne CAD-basierte optische Messsoftwares erlauben dem Anwender die Erstellung von Prüfprogrammen an einem Offline-PC während die Messmaschine online arbeitet. Doch das bedeutet nicht, dass die Programmierer mit einer fremden Software und einer unbekannten Schnittstelle arbeiten müssen. Die hochwertige, neue, optische Messsoftware sieht im Online- und im Offline-Modus identisch aus und erlaubt eine Simulation des Kamerabildes und der Beleuchtung, als ob tatsächlich an einem Prüfling eine Messung mit dem Vision-Sensor durchgeführt wird.
Ein weiterer entscheidender Vorteil der Offline-Programmierung ist die Tatsache, dass dafür kein physisches Werkstück benötigt wird. Mitarbeiter der Qualitätssicherung können daher Messprogramme vorbereiten, die schon einsatzbereit sind, wenn der Prototyp vorliegt. In vielen Bereichen sorgt die Möglichkeit der Offline-Programmierung im Produktentwicklungszyklus für Einsparungen von mehreren Tagen.
Natürlich können optische Messsysteme nur erfassen, was die Kamera sieht. Wenn die freie Sicht der Kamera auf ein bestimmtes Element behindert wird, muss ein anderer Sensortyp verwendet werden. In der Vergangenheit bedeutete das unter Umständen, dass ein völlig anderes Messgerät erforderlich war. Im Gegensatz dazu erlaubt die mit modernen Multisensor-Systemen verwendete Software dem Anwender die Nutzung einer Kombination aus Kameras und anderen Sensoren mit ein und demselben Gerät.
In der medizinischen Industrie sind schaltende Taster und Weißlicht-Sensoren die häufigsten Alternativen. Technisch ausgereifte Kalibriermethoden sorgen dafür, dass die Messergebnisse dieser unterschiedlichen Sensoren in einem gemeinsamen Koordinatensystem zusammengefasst werden, sodass es keinen Unterschied macht, mit welchem Sensor die Messdaten erfasst wurden. Darüber hinaus können die Werkstücke auf Dreh- und Drehschwenktischen für jeden Sensor optimal positioniert werden.
Parametrische Programmierung
Bei Herstellern von Produktfamilien im medizinischen Bereich kann die Möglichkeit zur Erstellung parametrischer Programme für die optischen Messsysteme Produktivitätssteigerungen ermöglichen. Die parametrische Programmierung ist ein von KMG-Programmierern verwendetes, bewährtes Verfahren zur Schaffung eines allgemeinen Regelwerks, das dem Messprogramm eines jeden Mitglieds einer Teilefamilie zugrunde liegt. Bei jedem neuen Werkstück einer Familie ändert der Programmierer nur die entsprechenden Werte in einer Tabelle und die Software generiert ein geändertes Messprogramm automatisch.
Beispielsweise benötigte ein Hersteller orthopädischer Produkte ca. 16 Stunden für die Erstellung eines Multisensorsystem-Programms zur Messung einer einzigen Prothese. Für die 100 Mitglieder der Produktfamilie hätte das einen Aufwand von rund 1600 Programmierstunden bedeutet. Stattdessen wandte das Unternehmen etwa 40 Stunden für ein parametrisches Programm auf, aus dem sich weitere, neue Programme ganz einfach generieren ließen. In der Folge reduzierten sich einerseits die Programmierkosten erheblich, während es andererseits möglich wurde, in der Qualitätssicherung mit der hohen Geschwindigkeit der Produktentwicklung Schritt zu halten.
Andere Verbesserungen der Software erlauben Produktivitätssteigerungen bei der Erfassung optischer Messdaten. So erkennt die patentierte MultiCapture-Technologie in der PC-DMIS Vision Software zum Beispiel automatisch mehrere Elemente, die in dasselbe Sichtfeld passen und erfasst deren Messdaten gleichzeitig. Nach Abschluss der Messungen in einem bestimmten Sichtfeld bewegt der Algorithmus die Kamera zur nächsten Gruppe von Elementen und misst diese analog. Dieser Ablauf wird weitergeführt, bis das Prüfprogramm abgearbeitet ist. Auf diese Art lassen sich Komponenten um bis zu 35% schneller messen.
Auch die Best-Fit-Analyse, ein Hilfsmittel, das sich bei den Nutzern herkömmlicher KMGs schon lange durchgesetzt hat, wird mit großem Erfolg auf optischen und Multisensor-Messgeräten angewendet. Mit Best-Fit-Algorithmen können die Ist-Daten (Profile, Flächen und geometrische Elemente) optimal zu den CAD-Daten für einen grafischen und numerischen Soll-Ist-Vergleich ausgerichtet werden.
Dieser Ansatz erlaubt eine erhebliche Verringerung der Anzahl gemessener Toleranzüberschreitungen an nachweislich guten Teilen, die ansonsten als Ausschussteile gelten würden. Dies insbesondere, wenn die kritischen Merkmale komplex und zahlreich sind.
Außerdem werden mit dem Best-Fit Verfahren numerische und grafische Auswertungen bereitgestellt, die eine Nachbearbeitung der Teile mit größerer Präzision ermöglichen. Sie können zur Modifizierung des Fertigungsprozesses und zur Vermeidung anschließender Probleme genutzt werden.
Unternehmensweite Messtechnik
Optische und Multisensor-Prüfungen stehen bei der Entwicklung und Herstellung medizinischer Produkte heute auf der Tagesordnung.
Dementsprechend sind sie innerhalb eines Unternehmens auf breiter Basis einsetzbar und erlauben die Nutzung von Messdaten und Analysen in allen Phasen der Entwicklung – vom Prototyp bis zur Endkontrolle in der Produktion.
Die jüngsten technologischen Fortschritte treiben dieses ganzheitliche Konzept der unternehmensweiten Messtechnik für Medizinprodukte weiter voran.
Beispielsweise können Ingenieure bereits in der Konstruktionsphase Prüfpläne erstellen, die im CAD-Modell des Prüflings hinterlegt werden. Diese vordefinierten Prüfmerkmale sind eine unschätzbar wertvolle Hilfe für die Messprogrammersteller. Der auf einem Prüfplan basierende Ansatz bedeutet für den Konstrukteur einen geringfügigen Mehraufwand, erlaubt den Programmierern von Multisensor- und optischen Messsystemen jedoch, ihre Arbeit bis zu 70% rascher zu erledigen.
Außerdem bietet die Software den Konstrukteuren und den Programmierern der Messsysteme Zugriff auf Change-Management-Tools. Das sind bidirektionale Softwaremodule, die den Anwender darüber informieren, wenn sich konstruktive oder fertigungstechnische Änderungen auf die Dimensionen eines Werkstückes auswirken.
Moderne optische und Multisensor-Messsysteme erfassen große Mengen von Messwerten, die als Datenquelle für verschiedenste Arten von Analysen genutzt werden können. Hersteller von Medizinprodukten haben mit der Generierung riesiger Datenmengen für Reverse Engineering-Anwendungen sowie für dimensionale und statistische Analysen begonnen. Die Verwaltung und einfache Bereitstellung derartiger Datenmengen hat es erforderlich gemacht, dass die Entwickler von Messsoftware ihre Datenspeicherungsstrategien überdenken. Deshalb unterstützen die neuesten Versionen der führenden optischen Messsoftwareprodukte moderne, skalierbare Open-Source-Datenbank-Technologien. Es ist aber nicht ausreichend, nur dem direkten Anwender Analysetools für den Zugriff auf Rohdaten an die Hand zu geben. Es muss darüber hinaus möglich sein, allen beteiligten Parteien sicheren und raschen Zugang zu Messdaten und -berichten zu geben. Aus diesem Grund wurden webbasierte Berichts- und Datenverwaltungsanwendungen entwickelt, für die einfache Erfassung von Daten, Konfiguration von Berichten und Weitergabe von Informationen.
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