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Rechtssicher in die smarte Fabrik

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Rechtssicher in die smarte Fabrik

Rechtssicher in die smarte Fabrik
Der Autor: Philipp Reusch
Industrie 4.0 eröffnet den Unternehmen viele neue Möglichkeiten. Doch die vernetzte und individualisierte Produktion birgt auch rechtliche Risiken. Firmen sollten unter anderem auf die veränderten Anforderungen beim Gewährleistungsrecht und bei der Produkthaftung achten.

Der Begriff Industrie 4.0 bringt zum Ausdruck, dass sich die Abläufe in der Industrie verändern. Es geht dabei um eine starke Individualisierung und Anpassung der Produkte, bis hin zur Losgröße 1. Die notwendige Automatisierungstechnik soll immer intelligenter und über entsprechende Software-Programme gesteuert, überwacht und selbstständig angepasst werden.

Dementsprechend ist es erforderlich, dass alle relevanten Informationen in Echtzeit durch Vernetzung der an der Wertschöpfung beteiligten Instanzen verfügbar sind, um aus den Daten zu jedem Zeitpunkt den optimalen Wertschöpfungsablauf abzuleiten. Arbeits- und Produktionsprozesse sollen zunehmend über die Unternehmensgrenzen hinaus vernetzt werden.
Industrie 4.0 eröffnet neue Möglichkeiten für die Unternehmen. Es ergeben sich jedoch auch rechtliche Risiken aus den veränderten Anforderungen. Die Vertragsgestaltung wird im Hinblick auf die individualisierten Produkte deutlich komplexer – Musterlösungen kann es hier nicht mehr geben.
Um rechtssicher agieren zu können, müssen die Rechte und Pflichten der verschiedenen Parteien detailliert festgelegt werden. Die umfangreiche Vertragsgestaltung muss auch an die Zulieferer sowie die Kunden weitergegeben werden. Beispielsweise müssen die Eigenschaften und Anforderungen an die Produkte detailliert geregelt werden, damit ein Sachmangel im Rahmen der Gewährleistung erkennbar und nachweisbar ist.
Üblicherweise wird bei der Beurteilung eines Sachmangels, neben der vereinbarten Beschaffenheit, auf die vorausgesetzte Verwendung und die gewöhnliche Verwendung sowie Beschaffenheit bei Sachen gleicher Art abgestellt. Handelt es sich jedoch um ein individuelles und hoch spezialisiertes Produkt, lässt sich dieses in der Regel kaum mit anderen Produkten vergleichen, da es im Zweifel keine Produkte beziehungsweise Sachen gleicher Art gibt.
Ist ein Sachmangel nachweisbar, stellt sich ferner die Frage, ob eine Neulieferung eines solchen Produkts möglich ist. Soweit es sich um ein speziell und individuell hergestelltes Produkt handelt, ist es unter Umständen nicht möglich, dasselbe Produkt erneut zu liefern. Dementsprechend sollten diese Fälle im Vorfeld bedacht und geregelt werden. Experten gehen davon aus, dass bereits kleine Inkorrektheiten bei der Programmierung der Software ausreichen können, um eine große Auswirkung in der weiteren Prozesskette zu verursachen.
Neben möglichen gewährleistungsrechtlichen sind auch produkthaftungsrechtliche Ansprüche von Bedeutung. Sowohl während der Gewährleistungszeit als auch im Anschluss daran stehen dem Käufer produkthaftungsrechtliche Ansprüche im Falle eines durch das Produkt verursachten Schadens zu. Im Rahmen der Produkthaftung muss der Hersteller jedoch verschuldensunabhängig für entstandene Schäden haften. Da es sich um individualisierte und angepasste Automatisierungstechnik handelt, die in der Regel in einem Verbund weiterer individualisierter Maschinen verwendet wird, können die Schadenssummen schnell sehr hoch sein und der Nachweis des Fehlers eines bestimmten Teilprodukts schwierig.
Produktsicherheit muss beachtet werden
Auch die Produktsicherheit ist von Bedeutung. Die individuell angefertigten Maschinen und -komponenten müssen den Anforderungen des Produktsicherheitsgesetzes sowie der europäischen Richtlinien genügen und bedürfen eventuell einer CE-Kennzeichnung, um auf dem europäischen Markt bereitgestellt werden zu dürfen. Auch wenn es sich um kleine Losgrößen handelt, ist eine Konformitätsbewertung erforderlich.
Hier stellt sich zunächst die Frage, welche Module im Hinblick auf das Konformitätsbewertungsverfahren genutzt werden können. Bewertungsverfahren wie die umfassende Qualitätssicherung oder die EG-Baumusterprüfung können nicht genutzt werden, da diese für eine Serienfertigung ausgelegt sind. Möglich wären jedoch eine interne Fertigungskontrolle oder eine Einzelprüfung, die aber häufig kostenintensiver sind.
Letztlich ist der Datenschutz ein wesentliches Thema bei Industrie 4.0. Die hoch komplexen Fertigungsstrukturen und intelligenten Produkte benötigen und verarbeiten große Datenmengen. Häufig ist nicht nachvollziehbar, wo die Daten gespeichert werden, zu welchen Zwecken sie benötigt werden und woher sie tatsächlich stammen. Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen müssen jedoch ebenfalls betrachtet werden, insbesondere wenn es sich um personenbezogene Daten handelt.
Grundsätzlich sollten sich die betroffenen Firmen möglichst zeitnah mit den rechtlichen Anforderungen im Rahmen von Industrie 4.0 beschäftigen, um den veränderten Anforderungen gerecht werden zu können. ■
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