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Speed-Positionierung für Linearstelltische

Symbiose aus schnellem DC-Antrieb und nanometer-präzisem Piezomotor
Speed-Positionierung für Linearstelltische

Linearstelltische, die per Piezoaktoren minimalste Schritte unter einer Messsonde erlauben, sind seit längerer Zeit bewährt. Sie erfüllen selbst im nm-Bereich zuverlässig ihren Dienst. Nachteilig ist aber die geringe Dynamik der Antriebe sowie die beschränkte Vorschublänge. Ein patentiertes System aus schnellem DC-Antrieb in Kombination mit hochpräzisem Piezorotationsantrieb auf einer gemeinsamen Spindel löst nun dieses Dilemma.

Dipl. Chem. Andreas Zeiff und Dipl-Ing. (FH) Dietrich Homburg, beide Redaktionsbüro Stutensee

Feinstbewegungen bei der Herstellung hochreiner Kristalle, Fokussier- und Scanaufgaben, Justage, Inspektion und Messaufgaben im sub-µm-Bereich erfordern eine hochgenaue, reproduzierbare Bewegung. Klassischerweise wird dabei meist das Messobjekt auf einem Linearstelltisch an Messkopf oder Aktor vorbei geführt. Piezoantriebe sind für feinste Schrittweiten bekannt, leider ist ihre Dynamik für den Transport der Nutzlast in den Arbeitsbereich jedoch unzureichend. Auch bei der traditionellen Lösung durch mehrstufige, hoch untersetzte spielfreie Getriebe diese sehr niedrigen Geschwindigkeiten mit sehr geringen Auflösungen zu erreichen bedeutet minutenlange Anfahrt bis zur Messposition. Lange Rüstzeiten kosten aber teures Geld. Der Spezialist für gezielte Bewegungen, die Feinmess Dresden GmbH, hat nun eine patentierte Lösung für dieses Dilemma gefunden. Den schnellen, aber nicht präzisionsgebundenen Transport übernimmt ein DC-Antrieb mit Getriebe, die Feineinstellung dann ein hochgenauer Piezomotor. In Zusammenarbeit mit dem Antriebsspezialisten Faulhaber aus Schönaich bei Stuttgart konnten die Antriebe optimal auf diese Aufgabenteilung abgestimmt werden.
Zeit ist Geld
Bei Bewegungen im kleinsten Maßstab gelten prinzipiell andere Regeln als bei normalen Stelltischen. Wegen der geringen Wegstrecken ist nicht die maximale Geschwindigkeit des Antriebes ausschlaggebend für die Positionierzeit, sondern die Beschleunigungs- und Verzögerungszeit sowie die Spanne zum mechanischen Ausschwingen des Gesamtaufbaus. Möchte man also die Dynamik des Positioniervorganges verbessern, ist diesen drei Punkten besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Die Feinmessspezialisten lösten die Aufgabe durch „Gewaltenteilung“ jede Bewegungsart bekommt ihre maßgeschneiderte Antriebslösung. Um zwei Antriebe am Linearstelltisch unterzubringen, bietet sich der Kugelgewindeantrieb an. An seinen beiden Enden kann jeweils ein Antrieb platziert werden. Das so gefertigte Positioniersystem lässt sich in vielen Bereichen auch nachrüsten, um die Effizienz zu verbessern. Ein weiterer Vorteil: Es gibt theoretisch keine Längenbegrenzung für den Vorschub, die Spindel kann beliebig lang ausgeführt werden. So sind auch größere Messobjekte mit mehreren Messpunkten in einer Aufspannung schnell bearbeitet. Herkömmliche (Stapel)Piezoantriebe sind dagegen auf nur wenige Millimeter Stellweite beschränkt.
Natürliche Eigenschaften nutzen
Eine gelungene Lösung bedeutet, mit minimalem Aufwand maximalen Nutzen zu erzielen. Auch Hightech kann mit relativ einfachen Komponenten auskommen, man muss nur wissen, wie es geht. Für die schnelle Zustellung im Hochgeschwindigkeitsmodus reicht beispielsweise als Antriebselement ein über eine Balgkupplung mit der Welle verbundener konventioneller Bürstenmotor mit Rotationsencoder. Da seine Betriebszeit relativ gering ist, ist auch der Wärmeeintrag durch den Motor minimal und vernachlässigbar. Je nach verwendeter Spindelsteigung ist ein Geschwindigkeitsbereich von 0,5mm/s bis 100 mm/s in der Praxis nutzbar. Dies entspricht dem Wert für die „Grobpositionierung“ vieler Standardlösungen. Nach dem Umschalten auf den Hochpräzisionsmodus wird die Besonderheit der neuen Lösung deutlich:
Im Positionierbetrieb schaltet das System bei einer Geschwindigkeit von 0,5 mm/s energielos, also ohne Wärmeeintrag, über eine permanentmagnetische Kupplung auf den Antrieb mit einem rotorischen Piezomotor um. In der Ruhelage arbeitet der Antrieb nun als passive Spindelbremse, dämpft Schwingungen und verhindert ungewollte Bewegungen des Tischsystems. Ein hochauflösendes Linearmesssystem erfasst permanent die Bewegungen und gibt diese Information an die Motorsteuerung weiter. Auf diese Weise bewegt der Antrieb den Lineartisch im Hochpräzisionsmodus mit 0,00002 bis 0,15 mm/s, das sind minimal 20 nm pro Sekunde! Die Geschwindigkeitskonstanz am unteren Bereichsende ist nur abhängig von der Auflösung des eingesetzten Linearmaßstabes. Die Wiederholgenauigkeit ist kleiner als 100 nm. Die Geschwindigkeitsspreizung des Positioniersystems kann durch den Kunstgriff der Arbeitsteilung ein Verhältnis von über 1 Million zu 1 zwischen maximaler und minimaler Geschwindigkeit erreichen.
Optimal bewegt
Präzision muss nicht Unsummen kosten. Für den Einsatz im Dual-Speed-Linearstelltisch eignen sich herkömmliche edelmetallkommutierte Präzisionsmotoren. Die Standard-Motoren wurden vom Schönaicher Antriebsspezialisten auf die Anwendung hin angepasst, das spart Entwicklungszeit und Kosten. Je nach benötigtem Drehmoment werden unterschiedliche Motoren eingesetzt. Die 22 mm durchmessenden Motoren erreichen beispielsweise rund 8000 U/min und bis zu 21 mNm. Sie sind von Hause aus für den Einsatz mit magnetischen Encodern vorgesehen. Diese zweikanaligen Inkremental-Encoder gibt es mit 64, 128, 256 oder 512 Impulsen pro Umdrehung. Dank der kompakten Maße wächst die Gesamtbaulänge des Motors nur um rund 1,4 mm. Für die nötige Drehzahlreduzierung und Drehmomentanhebung stehen aufsteckbare Getriebe im 22-mm-Motordurchmesser bereit. Sie gibt es in vielen abgestuften Untersetzungen.
Für den Hochpräzisionsantrieb liefert die Faulhabertochter PiezoMotor, Uppsala, den Piezorotationsmotor. Diese Antriebe bauen mit 32 x 23 mm (L x D) und nur 70 g Masse ebenfalls sehr kompakt. Sie arbeiten mit Steuerspannungen im Bereich von 0 bis 3000 Hz und erreichen 13,5 U/min bei 2100 Hz. Das Drehmoment beträgt 80 mNm, das Haltemoment 90 mNm. Die maximale inkrementale Schrittweite liegt bei 0,35 mrad. Für die mechanische Anbindung an die Permanentmagnetkupplung oder andere Applikationen ist eine 3 mm starke und 6,5 mm lange Welle vorgesehen.
Die Effizienz für Anlagen mit Feinst-Positionierung im Nanometerbereich lässt sich mit der richtigen Idee drastisch verbessern. Längere Hubweiten, höhere Präzision bzw. schnellere Zustellzeiten gegenüber herkömmlichen Modellen sparen dem Anwender kostbare Produktionszeit ein. Trotz dieser Vorteile kommt die neue Lösung mit relativ einfachen Antriebskomponenten aus. Bewährte Kleinantriebs-Produkte auf den Anwendungsfall hin optimiert können meist problemlos selbst anspruchsvollste Aufgaben zuverlässig erfüllen.
Dr. Fritz Faulhaber, Schönaich
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