Der Einsatz von Microsoft Excel ist immer noch Standard in vielen Industrie-Betrieben. Wer die Software für das Qualitätsmanagement einsetzt, muss allerdings auf Stolperfallen achten. Für die sichere und fehlerfreie Anwendung sollten Unternehmen zuverlässige Standards erarbeiten.
Nach einer Studie des IT-Beratungshauses Barc aus dem Jahr 2014 ist Excel nach wie vor das mit Abstand am weitesten verbreitete Planungstool in deutschen Unternehmen. 86 % der befragten Betriebe nutzen demnach Excel. Gründe dafür gibt es mehrere: Excel ist auf fast jedem Rechner installiert und praktisch jeder kann damit umgehen. Die Anwendung ist zudem sehr vielseitig. Excel ermöglicht unkomplizierte Lösungen für Aufgaben wie Fragebögen, Szenarioanalysen, Datenauswertungen, Simulationen, Visualisierungen und vieles mehr. Excel ist mit den übrigen Microsoft-Office-Produkten kompatibel. Dadurch sind die Ergebnisse sehr leicht übertragbar, zum Beispiel in Ergebnispräsentationen. Mit Excel-basierten Kalkulationstools kann auch die gesamte Softwareunterstützung für die individuellen Prozesse vom Unternehmen selbst erstellt und gepflegt werden – vom ersten Funktionsmuster über Eingabemasken, bis hin zu Rechenprozessen und der Ergebnisausgabe.
In den allermeisten Fällen deckt das Microsoft-Programm dabei sicher und zuverlässig die unternehmerischen Anforderungen ab. Und dennoch passieren immer wieder Fehler. Dies hängt nicht selten damit zusammen, dass einige Stolperfallen übersehen werden. Gerade dann, wenn dies in sensiblen Bereichen wie dem industriellen Qualitätsmanagement stattfindet, kann das zu ernsten Problemen führen.
Mängel treten dann auf, wenn selbst erstellte Excel-Tools zum Einsatz kommen. Alle selbst entwickelten Tools auf Basis von Tabellenkalkulations-Programmen sind fehleranfällig. Denn diese Anwendungen sind leicht zu manipulieren – absichtlich und unbeabsichtigt. Typische Schwerpunkte finden sich besonders häufig in den folgenden Bereichen:
- Die bei Excel eingerichtete Funktion zum Management von Zugriffsberechtigungen ist wenig ausgereift: Einzelne Rollen und Rechte können nicht vergeben werden – ein Einfallstor für Fehler.
- Es gibt wenig Möglichkeiten zur Nachverfolgung von Änderungen: Im Unternehmensalltag oft ein Problem.
- Excel leistet bei der Datenverarbeitung keine Prozessunterstützung und Fortschrittsverfolgung.
- Bei komplexen Aufgabenstellungen werden Dateien schnell sehr groß und unübersichtlich.
- Mehrere, über Formeln verknüpfte Dateien sind schwer zu verschieben, umzubenennen und weiterzuleiten.
- Wenn große Datenmengen in komplexen Berechnungen verarbeitet werden müssen, erreicht Excel schnell seine Grenzen.
- Methodische Fehler können außerdem dann entstehen, wenn der Programmierer die betriebswirtschaftlichen Zusammenhänge des zu berechnenden Vorgangs nicht vollständig versteht.
Studien gehen davon aus, dass rund 90 % aller Excel-Dokumente Fehler beinhalten. „Selbst nach sorgfältiger Prüfung treten Fehler in etwa 1 % aller Zellen des Excel-Formulars auf“ schreibt Ray Panko, Professor für IT-Management an der Universität von Hawaii und Experte für den praktischen Einsatz von Excel. „In umfangreichen Excel-Dokumenten mit Tausenden Formeln, kann man von Dutzenden unentdeckten Fehlern ausgehen.“
Besonders Fehler, die zunächst nur eine geringe Ergebniswirkung haben, bleiben oft über Jahre unentdeckt. Gerade diese Fehler sind es, die im Extremfall erhebliche finanzielle Auswirkungen haben. Zum Beispiel, wenn ein Produkt falsch kalkuliert wurde oder wenn eine fehlerhafte Investitionsberechnung zu falschen strategischen Entscheidungen führt.
Kommt es in der Qualitätssicherung zu Problemen, kann das schwerwiegende Folgen haben: So könnten fehlerbehaftete und unzuverlässige Excel-Tools zum Beispiel das TÜV-Audit gefährden — für Industrie-Unternehmen, die von diesem Prüfstandard abhängig sind, ein ernsthaftes Problem. Noch schlimmer: Führen Excel-Fehler zu mangelhaften Produkten, kann das erhebliche Schadenersatzforderungen und Reputationsschäden zur Folge haben.
Für das Qualitätsmanagement im Unternehmen sollte idealer Weise ein Verfahren zum Umgang mit Excel festgelegt werden. Wichtige Elemente dieser Qualitätssicherung sind konsequente Kontrolle und das Vier-Augen-Prinzip ebenso wie ausführliche Praxistests und Sensitivitätsanalysen. Betatests mit künftigen Anwendern vor der Freigabe tragen dazu bei, dass kritische Fehler im Vorwege vermieden werden.
Wer das Controlling von Excel-Dokumenten noch weiter absichern möchte, kann so genannte Check Sheets einbauen, die alle denkbaren Kontrollrechnungen und Plausibiltätstests zusammenführen. Das verbindliche Erstellen von detaillierten Tool-Dokumentationen und Anwenderhandbüchern hat sich in der Praxis als wichtiges Instrument bewiesen, da beim Erstellen dieser Unterlagen erfahrungsgemäß noch viele Fehler entdeckt werden. ■
Die Autorin
Dagmar Recklies
Gesellschafterin
Recklies Management Project
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