Startseite » Allgemein »

Topit 2009

Die Messlatte höher legen
Topit 2009

Der IIR Topit Kongress fand am 28. und 29. Januar in Berlin statt. Die Teilnehmer wollten wissen, wie höchste Qualitätsansprüche zu verwirklichen sind. 15 Referenten boten dazu interessante und gut nachvollziehbare Beispiele aus der Praxis.

Hubertus Felmy, Fachjournalist

Neu: Die Null-Fehler-Srategie ist nicht mehr umstritten, Definitionen aber und Wege dorthin verschieden. Besonders interessant waren Strategie-Varianten und vielfältige Formen der Teamarbeit. An die Stelle der Kommunikation von oben nach unten tritt ein Konzept, das auf Dialog ausgerichtet ist, um Engagement und Leistungsbereitschaft jedes einzelnen Mitarbeiters zu wecken.
Spiel ohne Grenzen
Ron Deelen, Vice President der Holding und Geschäftsführer der Nedschroef Fraulautern GmbH, hat die internationale Erfolgsgeschichte überzeugend präsentiert. Nach seiner Überzeugung ist der Mitarbeiter das wichtigste Glied in der Qualitätskette. Das Ausgangsproblem des Unternehmens: Die Produkte sind Massenware, Schrauben für die Automobilindustrie. Daher muss eine persönliche Beziehung zum Endprodukt geschaffen werden. Die Lösung, ein Qualitätstag unter dem Motto „Spiel ohne Grenzen“. Spielerisch wurden die Mitarbeiter dafür sensibilisiert, dass uneingeschränkte Qualität nicht nur für das Unternehmen, sondern für sie selbst wichtig ist. Die Teilnehmer, mit einem T-Shirt und der Aufschrift „Ich bin wichtig!“ ausgestattet, gingen gruppenweise in einer 2.000 m² großen Halle an die Arbeit. Jeder konnte in zweiundzwanzig Spielen (pro Spiel 13 Minuten) auf verschiedenen Stationen bildhaft erfahren, was Qualität einer Schraube bedeutet. Die Themenauswahl bezog sich auf: Unsere Mitarbeiter, Unsere Kunden, Die Anwendung der Produkte, Unsere Prozesse, Fehler und Fehlerfolgen.
Für die Mitarbeiter wurde der Tag kognitiv zu einem außergewöhnlichen Jahreserlebnis. Alle waren begeistert. In acht Stunden Lernzeit ist jedem klar geworden, das Unternehmen tut etwas für mich. Das Erfolgsgeheimnis: Der Teamgeist wurde angespornt, Bezug zur Qualität zur eigenen Sache gemacht. Im Arbeitsumfeld wieder eingetroffen, erlebten die Teilnehmer sich selbst erneut in einer umfangreichen Filmreportage. Jeder Mitarbeiter erhielt zur Nachbereitung ein Buch über den Q-Tag mit den Lerninhalten. Die Erinnerung an den Q-Tag und die Spiele werden wach gehalten. Dafür sorgt auch ein Trainingsprogramm auf der Basis von KVP-Maßnahmen. Das Management ist fest davon überzeugt, dass sich die Gesamtkosten von EUR 200.000 für das Spiel ohne Grenzen bereits ausgezahlt haben. Die Qualitätsanforderungen wurden auf einem langen Weg, so Deelen, faktisch 2007 bereits auf 0 ppm = 0 Incidents gesenkt.
Kundenwünsche realisieren – Änderungen im Kopf bewirken
Bei Wincor Nixdorf International GmbH, ist kontinuierliche Verbesserung (KVP) für alle Prozesse der wichtigste Baustein des Corporate Quality Management, so Ralf Olbrich, Leiter der Product Line. Die kundenorientierte Unternehmenskultur wird durch unternehmerisches Handeln der Mitarbeiter, Leistungsorientierung und Erfolgsbeteiligung gefördert. Am Beispiel Produktionsprozess ging Olbrich detailliert auf QMS ein. Die KVP-Steuerung erfolgt durch einheitliche Methoden und Werkzeuge, sie umfasst Informations- und Arbeitssicherheit, Umwelt, Kosteneinsparung und, nicht zuletzt, Qualität im QMS. Das Leitungsteam im Prozess Logistik und Produktion sorgt im Steuerkreis für Stärkung und Weiterentwicklung der einzelnen KVP-Prozesse. Das Team initiiert Kampagnen, verantwortet die Bereitstellung von Ressourcen und das Controlling. Zugleich steuert es die nächste Ebene innerhalb der Aufbauorganisation und mit ihr die KVP-Beauftragten. Diese unterstützen die KVP-Teams und überwachen die Problemlösungen. Besonders erwähnenswert: Wincor Nixdorf hat an das klassische Vorschlagswesen einen eigenen Prozess angehängt. Hier werden Verbesserungsvorschläge (VV) von den Prozess-Experten auf Nützlichkeit und Realisierbarkeit überprüft. Prämiert werden nicht die Ursprungsideen, sondern deren Umsetzungsmöglichkeiten. Durch ein mit dem Betriebsrat abgestimmtes Bewertungsformular wird das Verbesserungspotenzial erkennbar und entsprechend honoriert. Innerhalb einer Frist von längstens 3 Monaten müssen die Lösungen umgesetzt worden sein. Um die Arbeit der Teams zu fördern, gibt es über Einzelprämien hinaus ein Drittel als Teamprämie zusätzlich. Die Verlosung der Gewinne erfolgt quartalsweise je Steuerkreis in Anwesenheit aller Mitarbeiter und der Geschäftsleitung. Das gibt den Anreiz, materielle Werte mit ideellen zu verbinden, so werden Änderungen im Kopf vollzogen.
Leitplanken für robuste Produktionsprozesse
Nina Kandler-Schmitt, Auditorin Lieferantenbewertung der Audi AG, sprach über den neuen VDA-Standard „Der robuste Produktionsprozess“ (RPP). Es ging um die Darstellung von Erfahrungen und Lösungsansätzen in der Produktherstellung und der Produktlieferung, in Konsequenz um ein gemeinsames Qualitätsmanagement mit den Zulieferern. Für den Weg zu dessen Realisierung wurden Leitplanken benannt, die in Anforderungen, Voraussetzungen und Ausrichtung auf die 0-Fehler Ziele des RPP münden. Voraussetzungen dafür sind produzierbares, robustes Design, ein stabiler, mess- und steuerbarer Prozess sowie dessen Unempfindlichkeit gegen Störgrößen. Das angestrebte Ziel: RPP gewährleistet den Betrieb über die vorgegebene Lebensdauer, sichert die Einhaltung der Produktqualität, hält den geplanten und wirtschaftlichen Aufwand ein und liefert schließlich das Produkt termingerecht in der geforderten Menge. Läuft alles nach Plan, sind die Q-Kosten reduziert und alle Beteiligten einschließlich der Endkunden zufrieden. Die Haupteinflussgrößen, so Kandler-Schmitt sind vielfältig, nicht zu vergessen die Menschen als Vorgesetzte, Mitarbeiter und Kunden. Für die Realisierung des RPP in der Lieferkette wurden vier wichtige Regelkreise identifiziert, Steuerung und Controlling der Produktions-, Kunden-, Lieferanten- und Management Regelkreise. Sie sollen in ihrem Zusammenwirken den Erfolg des gesamten Produktionsprozesses sicherstellen. Der Erfolg ist aber auch vom vorgelagerten Produktentstehungsprozess und dessen Reifegradabsicherung abhängig. Daher werden die beiden Prozesse über zwei Ampeln am sogenannten Checkpoint miteinander verknüpft, die Reifegradampel und die Ampel für Robuste Produktionsprozesse. Die finalen Ampelfarben der Checklisten Reifegrad gelten als Eingangsbewertungen für die Folgebewertung des RPP. Für den Start des RPP müssen die Ampeln grundsätzlich auf grün gestellt sein. Zum Schluss ihres Vortrages machte Kandler-Schmitt als Auditorin noch einmal darauf aufmerksam, dass nicht nur der Direktlieferant die Robustheit eines Produktionsprozesses sichern oder gefährden könne, sondern die gesamte Lieferkette. Ziel müsse deshalb eine erhöhte Transparenz in der Lieferkette sein, um einen besseren Überblick über Chancen und Risiken der Produktions- und Lieferprozesse insgesamt zu erhalten.
Fazit
Im Hintergrund der Veranstaltung stand die Erkenntnis, dass Motivation sich weder fordern noch delegieren lässt und nur Eigenmotivation der Führungskräfte und Mitarbeiter zum gewünschten Ergebnis führt. Die erste Hürde muss daher das Top-Management selber nehmen, sich engagiert einbringen und die nötigen Ressourcen zur Verfügung stellen. Das Ziel höchste Qualitätsansprüche zu erreichen winkt, wenn alle Mitarbeiter in den kontinuierlichen Verbesserungsprozess einbezogen und auf dem Wege dorthin mitgenommen werden.

Finalisten des Topit Award 2009
Die Kriterien der Bewertung durch die Jury beziehen sich auf Innovation, Kundenzufriedenheit, Produktionsqualität, Nachhaltigkeit, Übertragbarkeit und Erfahrungen in der Umsetzung.
Den ersten Preis unter den Finalisten nahmen als Gewinner des TOPIT Quality Awards die Herren Daniel Klein, für Würth Elektronik (WE) GmbH & Co. KG, Niedernhall und Sebastian Schiegl, für die Schiegl GmbH, Korntal, Agentur für Change Management & Design, entgegen. WE ist eine selbständige Tochter der Unternehmensgruppe Würth, sie zählt zu den führenden Leiterplattenproduzenten Deutschlands. Die Unternehmensstrategie zielt auf internationale Wettbewerbsfähigkeit, sichergestellt durch ständige Verbesserung der Produkt- und Dienstleistungsqualität. Dazu zählen Reduktion von Kundenreklamationen sowie Steigerung von Produktivität und Wirtschaftlichkeit. Vom Betriebsleiter bis zum Azubi ist individuelle Verantwortung gefragt. Das gemeinsam mit der Beratungsagentur Schiegl entwickelte Konzept zielt darauf ab, die individuelle Verantwortung der Mitarbeiter zu stärken. Der ganzheitliche Ansatz lautet „Qualität ist cool“. Den zweiten Platz belegte Magna Steyr Fahrzeugtechnik mit einem neuen Qualitätskonzept. Drittplatzierter war die Lear Corporation, die sich mit einem internen Audit Management System beworben hatte.
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de