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Wenn die Werkzeugmaschine zur Messmaschine mutiert

Inline-Messtechnik auf dem Vormarsch
Wenn die Werkzeugmaschine zur Messmaschine mutiert

Auf der Metav in Düsseldorf wurde deutlich, wohin sich die Messtechnik entwickelt: Hinein in die Werkzeugmaschine. Verschiedene Hersteller zeigten Lösungen, die 3D-CAD-Modelle als Referenzen heranzieht. Anwender müssen jedoch die Grenzen der Inline-Technik kennen, warnen Experten.

„Die Fertigungsmesstechnik liefert die Grundlagen, um die reale Fabrikwelt abzubilden“, erklärt Walter Kimmelmann, Leiter der Abteilung Modellbasierte Systeme am Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement des Werkzeugmaschinenlabors (WZL) an der RWTH Aachen. „Mit den dabei erfassten und ausgewerteten Daten lassen sich in einer Modellwelt die idealen Betriebspunkte ermitteln und optimieren, die anschließend als Stellgrößen zum Regeln der realen Produktionswelt dienen“, so der Experte. Für diese Aufgabenstellung bedarf es einer sehr robusten und unempfindlichen Sensorik, die selbst unter den teilweise sehr harschen Umwelteinflüssen in einer Werkzeugmaschine stets zuverlässig rund um die Uhr funktioniert. „Dabei greift die goldene Regel der Messtechnik“, betont der Abteilungsleiter. „Sie muss um den Faktor 10 besser sein als die zu erwartende Toleranz.“ Der Produktioner könne nämlich nur dann vernünftig in den Prozess eingreifen, wenn er gesicherte und verlässliche Messdaten erhält.

Doch wie lässt sich eine Werkzeugmaschine in ein valide messendes System verwandeln? „Für den Mess-Einsatz einer klassischen 3-Achs- oder 5-Achs-Anlage spricht, dass sie die gleiche Kinematik wie eine Koordinatenmessmaschine hat“, gibt WZL-Gruppenleiter Martin Peterek zu bedenken. „Daher lassen sich ähnliche Vorgehensweisen und Richtlinien nutzen. Ziel ist die Bestimmung einer Messunsicherheit für den Messprozess, denn nur durch die Angabe einer Messunsicherheit, liefern die Messergebnisse eine verwertbare Aussage.“ Allerdings muss man sich darüber bewusst sein, dass die Werkzeugmaschine und insbesondere das Arbeitsumfeld einige für das Messen nachteilige Eigenschaften besitze: Gefragt sind unter anderem genaue Kenntnisse über die geometrischen Fehler und Verhaltensweisen beim Bearbeiten und Messen, um so die Störgrößen mit entsprechender Messtechnik und Software zu kompensieren.
M&H Inprocess Messtechnik, Waldburg, zeigte auf der Metav zusammen mit seinen Partnern Edgecam und Work NC unter dem Dach von Hexagon Manufacturing Intelligence Fertigungs- und Messlösungen direkt auf der 3-Achs- und 5-Achs-Werkzeugmaschine. Eine wichtige Rolle spielt dabei das CAD-basierende Programm 3D Form Inspect, welches 3D-CAD-Modelle einliest. Dank der Software lassen sich einfach und schnell Regelgeometrien sowie Formen an allen Seiten direkt auf der Werkzeugmaschine messen und protokollieren. Die Software überträgt alle definierten Messpunkte an die Maschinensteuerung. Auf der Maschine kommt es zu einem direkten Soll-Ist-Vergleich, bei dem das Bauteil im gespannten Zustand gemessen wird. „Wir können innerhalb der Positioniergenauigkeit der Maschine messen“, sagt M&H-Geschäftsführer Ulrich Löhr. Die Software erfasst dazu kinematische Veränderungen, unterschiedliches Achsverhalten wie Schleppfehler und thermische Verlagerungen im Arbeitsraum – und kompensiert sie automatisch beim Messvorgang.
Eine ähnliche Lösung stellte Delcam, Obertshausen, in Düsseldorf mit der neuen Version 2016 R1 der Software Powerinspect OMV vor, OMV steht für On Machine Verificatio. Die geräteneutrale Messsoftware vergleicht die Konturen und Flächen des aufgespannten Werkstücks mit dem 3D-CAD-Referenzmodell. Sie arbeitet dabei mit fast allen marktgängigen Messtastern, CAM-Systemen und Maschinensteuerungen zusammen, misst Konturen, (Freiform-)Flächen und unterstützt alle gängigen CNC-Fräszentren mit bis zu fünf Achsen.
„3D-Koordinatenmessen direkt auf der Werkzeugmaschine gewinnt immer mehr an Bedeutung. Vor allem, wenn dies automatisiert abläuft und weitere Prozessschritte mit eingebunden sind, eröffnen sich im Fertigungsbereich völlig neue Möglichkeiten“, sagt Stefan Schneider, Produktverantwortlicher für Powerinspect bei Delcam. Als Anwendungsbeispiel nennt er die automatisierte Bearbeitung von Stahlgussteilen auf einem Bearbeitungszentrum. Bei der von Delcam für einen Kunden realisierten Lösung erfasst der eingewechselte Messtaster vor der Bearbeitung die aufgespannten Rohteilmaße. Starke Formabweichungen kompensiert die Software automatisch mit einer Koordinatenverschiebung des Fräsprogramms. Dies sorgt für einen stabilen Bearbeitungsprozess und senkt die Ausschussquote.
Und auch FMB, Faulbach, hatte auf der Messe in seine Automatisierungszelle Unirobot 2PW das vor Kurzem entwickelte Mess- und Prüfmodul Uniprove integriert. Diese Kombination ermöglicht es, Bauteile in Verbindung mit dem Be- und Entladen hauptzeitparallel zu messen und zu prüfen. ■

Die Autorin
Sabine KollRedaktionQuality Engineering
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