Startseite » Allgemein »

Wenn taktile Messtaster an ihre Grenzen stoßen

Optische Messtechnik deutlich schneller
Wenn taktile Messtaster an ihre Grenzen stoßen

Mit dem Topmap TMS-500 beschleunigt Polytec die großflächige optische Vermessung dreidimensionaler Oberflächen. Innerhalb von Sekunden liefert es knapp 2 Millionen Messpunkte auf einer Fläche von 43 mm x 32 mm. Damit will das Gerät in die Phalanx der taktilen Messgeräte einbrechen.

„Die optischen Technologien haben es nach wie vor schwer in der Qualitätssicherung. Die Anwender kennen die taktilen Methoden, das Arbeiten damit ist ihnen vertraut. Deshalb haben optische Messsysteme nur dann eine Chance am Markt, wenn Sie besser sind als die taktilen“, sagt Dr. Wilfried Bauer, im Business-Development von Polytec tätig. Das Unternehmen mit Sitz in Waldbronn ist sich sicher, dass ihm dies mit dem Topmap TMS-500 gelungen ist: Mit dem Gerät lassen sich Proben auch unterschiedlichster Reflektivität bis zu einem Durchmesser von 46 mm in einer Einzelmessung innerhalb weniger Sekunden vermessen.

Damit hebt sich das TMS-500 deutlich von den anderen Geräten aus der Topmap-Produktfamilie ab – vor allem im Hinblick auf Schnelligkeit als auch auf die Wiederholpräzision. „Die Toleranzen in der Fertigung werden immer enger, , so dass eine hohe Wiederholpräzision nötig ist um bspw. sehr kleine Ebenheitstoleranzen zu überprüfen. Das schafft nun das neue Gerät“, erklärt Benjamin Erler aus dem Bereich strategisches Produktmarketing bei Polytec. Dafür hat das Unternehmen das TMS-100 nicht nur einem Facelift unterzogen, sondern ein komplett neues Instrument entwickelt. Insbesondere die Antriebe sind deutlich schneller als beim TMS-100, sodass die Scans sehr schnell vollzogen werden können. „Ein neues Antriebskonzept sorgt für eine hohe Wiederholpräzision beziehungsweise geringe Messunsicherheiten“, so Erler. Daneben habe man die Flexibilität für die Anwender erhöht: Der Messkopf ist jetzt getrennt vom Stativ, sodass man auch große Proben vermessen kann. Das TMS-100 hingegen ist ein Kompaktsystem. Erler: „Das TMS-500 ist wesentlich flexibler. Will man es in der Fertigungslinie einsetzen, wird einfach der Messkopf entfernt.“
Der mögliche Einsatz in der Fertigung ist nach Einschätzung von Bauer ein weiteres Argument gegen taktile Methoden: „Taktilen Methoden sind einfach zu langsam, um im Produktionstakt messen zu können. Bei einer 3D-Oberfächenmessung erfassen taktile Messsysteme Punkte, die zu Linien und Flächen zusammengesetzt werden. Die Berechnung dauert seine Zeit.“ Beim TMS-500 hingegen erfasst eine 2-Megapixel-Kamera Millionen Messpunkte in Sekunden.
Hinzu kommen Messunsicherheiten: Bei der Erfassung taktiler Linienprofile können gewisse Informationen übersehen werden. „Auch wenn ich Linienmessungen zu Flächen zusammenfüge, dann ist typischerweise bei akzeptabler Messzeit ein recht großer Abstand zwischen den Linien“, so Bauer. „Das heißt, man kann nicht sicher sein, dass alles erfasst wurde. Haben wir tatsächlich alle Erhöhungen und Vertiefungen erfasst, die bei Dichtflächen zu Undichtigkeiten führen können. Für die Funktionalität können aber auch Höhenverteilungen wichtig sein. Das heißt, wenn ich eine Auflagefläche habe und ich hab an einer Stelle unterschiedliche Höhenverteilungen, dann kann dies zu späteren Ausfällen führen.“ Er nennt als ein weiteres Applikationsbeispiel Klebeflächen: Wenn sie unterschiedliche hoch sind, dann gibt es unterschiedliche Klebedicken. Dies kann ebenfalls ein Fehler sein und später zu Ausfällen führen.
Schnelle Überprüfung von Noppen auf Instrumententafeln
Prinzipiell lässt sich das Gerät laut Erler überall dort einsetzen, „wo Toleranzen überprüft werden müssen“; vornehmlich haben er und Bauer präzisionsgefertigte metallische Oberflächen im Visier, es können jedoch auch Oberflächen von Spritzgießbauteilen sein. Bauer sieht weitere mögliche Anwendungsmöglichkeiten für das TMS-500: So lassen sich Noppen und Narben von Instrumententafeln im Auto überprüfen: Sind die Noppen identisch in der entsprechenden Höhe? Wie groß sind sie? Gibt es lokale Häufungen, die erwünscht oder unerwünscht sind?
Im Elektronikbereich lässt sich das neue Gerät bei der Leiterplattenherstellung einsetzen – und zwar nach der Lackierung, die als Isolierschicht dient. TMS-500 ermittelt in dem Fall den Höhenunterschied zwischen lackierter und unlackierter Oberfläche. Auch hier kommen heute noch taktile Methoden zum Einsatz.
Das TMS-500 nutzt die Weißlichtinferferometrie, um die mikroskopischen Strukturen sichtbar zu machen. „Üblicherweise ist der Messbereich in der Höhe recht klein. Er liegt zwischen 250 und 500 µm. Bei unserem neuen Topmap aber haben wir 70mm realisiert. Somit lassen sich auch große Stufen erfassen“, erklärt Bauer. Es sind also auch Oberflächenmessungen bei bislang für taktile Messsysteme schwierigen, da komplexen Bauteilen möglich; etwa bei Hohlzylinder, in denen sich unten eine Dichtfläche befindet.
Für den Einsatz der optischen Messtechnik spricht in vielen Fällen ein weiterer Grund: Sie hinterlässt im Gegensatz zu ihrer taktilen Konkurrenz, die die Oberflächen mit einer Diamantspitze abfährt, keinerlei Kratzspuren oder Eindrücke – die oft schon im Bereich der Messunsicherheiten liegen. „Im Prinzip muss bei jeder Anwendung abgewogen werden, ob diese Kratzspuren tolerierbar sind oder nicht. Bei empfindlichen Materialien wie zum Beispiel bei Papier, Gels oder Aluminium aber gibt es oft keine Alternative zu berührungslosen Messtechniken“, sagt Bauer.
Dennoch, so gibt er zu, besteht nach wie vor hoher Aufklärungs- und Beratungsbedarf bei den Kunden: „Es hat dem Ruf der optischen Messtechnik in der Vergangenheit oft geschadet, dass die Hersteller viel versprochen haben – aber in der Folge nicht alles gehalten werden konnte“, so Bauer. „Das liegt nicht an der Technik an sich, sondern am Mangel an Erfahrung und Know-how bei optischen Messtechniken auf Anwenderseite. Deshalb ist es wichtig, dass man sie genau über die Technik und ihre Möglichkeiten, aber auch ihre Grenzen aufklärt.“ Zu Beginn eines Projekts klärt er zum Beispiel darüber auf: Was kann an Artefakten da sein? Welche mathematischen Filter müssen genutzt werden? Was sind die Besonderheiten? Und wie lassen sich für das spezifische Bauteil Mess- und Auswertealgorithmus erstellen?
Zudem verspricht er sich einen Schub für den Einsatz optischer Messmethoden für Flächenmessungen durch derzeit laufende Standardisierungen der ISO. Die neue Normenreihe ISO 25178, die mehr applikationsspezifische Mess- und Auswertealgorithmen erlaube, werde auch stark optische Messmethoden berücksichtigen. Hinzu kommen neue Filter zur wellenlängenabhängigen Separierung für die Bestimmung der Oberflächenparameter. ■
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de