Bei der Herstellung von Medizinprodukten ist ein umfassendes Qualitätsmanagement unabdingbar. Die Anforderungen durch die kommende EU-Verordnung lassen sich ohne Software-Unterstützung kaum erfüllen. Die notwendigen Funktionen wie das Audit-Trail oder die elektronische Signatur bieten sowohl MES als auch CAQ-Systeme.
Die Patientensicherheit hat oberste Priorität. „Deshalb muss immer eine sachgerechte Abwägung zwischen dem Nutzen eines Medizinprodukts und dessen Risiko vorgenommen werden“, heißt es in einer Mitteilung des Bundesverbands Medizintechnologie (BVMed).
In diesem Ziel sind sich alle einig, die derzeit an einer neuen europäischen Medizinprodukte-Verordnung arbeiten. Momentan nimmt diese gerade ihren Weg durch die EU-Instanzen. Damit sollen laut BVMed die bisherigen Schwachstellen im Zulassungssystem beseitigt werden.
Schon jetzt gehören laut BVMed folgende Punkte zu den Anforderungen an die Marktzulassung von Medizinprodukten:
- eine Risikoanalyse und Risikobewertung zum Nachweis der Sicherheit
- die Durchführung einer klinischen Bewertung zum Nachweis der Leistungsfähigkeit und Wirksamkeit
- ein umfassendes Qualitätsmanagement
Zentrales Kriterium der neuen Verordnung ist nun der nachvollziehbare elektronische Datenumgang und in der Folge die eindeutige Produktidentifizierung und lückenlose Rückverfolgbarkeit. Im Kern geht es um mehr Transparenz und Sicherheit. Dies soll mit dem systematischen Aufbau eines electronic History Device Records (eDHR) umgesetzt werden. Basierend auf einer lückenlosen Dokumentation aller eingesetzten Rohstoffe, Zukaufteile sowie Produktions-, Prüf- und Messmittel soll sich deren Verwendung bis ins Detail rückverfolgen lassen. „Durch den globalen Wettbewerb sind nun auch in der Medizintechnik effiziente Methoden der Dokumentation und Datenaufbewahrung gefordert“, sagt Simone Cronjäger, Vorstand des Software-Herstellers Guardus. „Wurden bislang Formulare mit Seriennummern, Chargen und Prüfergebnissen von Hand gefüllt, sind die Unternehmen nun auf der Suche nach wirtschaftlichen IT-Lösungen.“ Unabhängig davon verlange die EU-Verordnung im Rahmen der Traceability die elektronische Speicherung und Verwaltung eindeutiger Produktnummern – auch dies erfordere die Unterstützung durch Software.
Viele Unternehmen arbeiten noch mit Stift und Papier
All diese Anforderungen sind daher nach Meinung von Cronjäger ohne ein IT-System für das Qualitätsmanagement nicht wirtschaftlich zu realisieren. „Das bedeutet jedoch, dass viele Hersteller gezwungen sind, solche Lösungen zeitnah zu implementieren“, so die Expertin. Denn ein Großteil der Branche arbeite im Fertigungsumfeld noch mit Stift und Papier.
Cronjäger sieht dabei Manufacturing-Execution-Systeme (MES), wie sie auch Guardus anbietet, an „vorderster Front“. Als Ergänzung zum ERP kümmere sich eine solche Lösung auf operativer Ebene um das prozessorientierte Erfassen, Visualisieren und Überwachen sämtlicher Qualitäts- und Fertigungsdaten.
Handlungen werden protokolliert
Neben MES können Medizintechnik-Unternehmen aber auch auf andere Systeme wie etwa CAQ-Software zurückgreifen, um die vorgegebenen Regularien zu erfüllen. So unterstützen zum Beispiel Systeme von Böhme & Weihs oder Babtec ebenfalls die notwendigen Funktionen – wie etwa ein Audit-Trail (siehe auch Seite 34).
Dabei werden alle Benutzerhandlungen, bei denen ein elektronischer Datensatz erstellt oder verändert wird, überwacht und aufgezeichnet – inklusive Zeitstempel sowie dem Wert vor und nach seiner Änderung. So ist jeder Zeit transparent und lückenlos nachvollziehbar, wer wann welche Änderungen vorgenommen hat.
Laut Cronjäger sollte das Audit-Trail durchgängig implementiert sein – ihrer Meinung nach am besten in einem MES. „Nur so lassen sich beliebige Datenänderungen im Rahmen der Traceability-Anforderung protokollieren“, so die Guardus-Chefin, „sei es bei Prozessdaten – zum Beispiel Mess- und Fehlerwerten – oder solchen, die im laufenden Betrieb entstehen – zum Beispiel Parameter, Meldequittungen und Freigaben sowie Statusänderungen zu einem Bauteil oder einer Charge.“
Diese automatisierte Änderungsdokumentation muss laut Cronjäger von einem Release-Management flankiert sein, das wichtige Freigaben nach dem 2–4–6–8-Augenprinzip systematisch unterstützt – etwa bei der Montage von Baugruppen.
Eine weitere wichtige Funktion, die sowohl von MES als auch von CAQ-Software unterstützt wird, ist die elektronische Signatur. Sie ist notwendig, um die digitalen Dokumente sicher und nachvollziehbar zu unterzeichnen. In Qualitätsmanagement-Systemen wie etwa dem von Babtec muss sich der Anwender dafür noch einmal in der Software anmelden. So wird der Nutzer zum Zeitpunkt des Unterschreibens erneut registriert. ■
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