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Barcode und Trinkhalme im Fokus

Vision-Systeme reduzieren Ausschuss und Reklamationen
Barcode und Trinkhalme im Fokus

Bei der Qualitätssicherung in der Verpackungsindustrie spielen Systeme zur Bildverarbeitung eine wichtige Rolle. Die Einsatzfelder sind weit, der Nutzen groß – vor allem wenn vormals manuelle Prozesse automatisiert werden können. Das hohe Tempo in der Produktion erfordert aber besonders leistungsfähige Lösungen und sensitive Kameras.

Für Bildverarbeiter gibt es viel zu tun, wenn es um Verpackungen geht. Das Spektrum an möglichen Anwendungen im Bereich der Qualitätssicherung ist groß. Besonders anspruchsvoll, aber auch sehr wichtig ist das Lesen und Verifizieren von Aufdrucken sowie Etiketten. Die entsprechenden Systeme müssen dabei 1D- und 2D-Datamatrix-Codes, QR-Codes, Klarschrift oder auch Logos erkennen. „Die vollständige Rückverfolgbarkeit der einzelnen Produkte muss über die gesamte Wertschöpfungskette absolut gewährleistet werden“, sagt Torsten Zöller, Marketing-Manager für den Bereich Europa bei Cognex. Zudem sei die Einhaltung internationaler Normen und Richtlinien zu garantieren.

Speziell in der pharmazeutischen Industrie sei derzeitig die Fälschungssicherheit ein großes Thema, ergänzt Horst Mattfeldt, der als Produktmanager bei Matrix Vision tätig ist. „Track-and-Trace-Systeme versuchen mit übergeordneten Datenbanken die Echtheit von Arzneimitteln zu garantieren“, erläutert Mattfeldt. „Dazu braucht es Barcode- oder 2D-Code-Leser an allen Stellen der Warenkette.“
Den Anwendern steht dafür ein breites Technologie-Spektrum zur Verfügung. „Mit den heute verfügbaren Software-Modulen kann ja letztlich jede Industrie-Kamera ein Datamatrix-Leser sein“, meint Mattfeldt.
Eine wichtige Rolle spielten auch Anwesenheits-, Vollständigkeits-, Positions- und Lagekontrolle, wie Michael Steinicke berichtet, Produktmanager bei Baumer. „Gerade damit lassen sich vielfältigste Aufgaben lösen wie die Überprüfung der Position von Etiketten und Deckeln oder der Lage von Siegelverschlüssen.“
Selbst die Anwesensheits- und Positionskontrolle von Trinkhalmen ist laut Steinicke „relativ einfach und unter Ausblendung der typischerweise verschiedenen Dekore umsetzbar, damit Primär- und Sekundärverpackung im laufenden Prozess auch zusammenpassen“.
Für Verpackungen wird eine Vielzahl unterschiedlicher Materialien verwendet – wie etwa Folien, Papier, Kunststoffverpackungen, Holz, Metall oder Glas. Bildverarbeitungssysteme begutachten die Qualität des Rohmaterials. Geprüft wird zum Beispiel, ob eine Folie knitterfrei ausgeliefert wird oder ob bei Kunststoffflaschen nach dem Spritzgussverfahren Schlieren in der Flaschenwand vorliegen.
Im Produktionsprozess kontrollieren Bildverarbeitungssysteme unter anderem auch die Abmessungen oder die Form eines Zwischenproduktes. „Ein Beispiel hierfür ist die Prüfung, ob die Stanzung oder der Schnitt von Kartonagen korrekt ist oder ob das Gewinde oder die Schulter einer Glasflasche richtig ausgeformt wurde“, sagt Hella-Marie Gillig, die bei Stemmer Imaging für den Vertrieb von Bildverarbeitungslösungen zuständig ist.
Letztlich spiele auch die Farbinspektion eine wesentliche Rolle, so Sandra Dekarz, Produktmanagerin bei Basler. Im Fokus der Systeme stehen dabei zum Beispiel Farbabweichungen und -verläufe.
Materialvielfalt erfordert Anpassungen
Gerade der Einsatz der vielen unterschiedlichen Materialien stellt die Bildverarbeiter vor Herausforderungen. So werden laut Gillig beispielsweise Folien häufig aus mehreren Lagen hergestellt und zusätzlich beschichtet, was die Inspektion der Ware erschwert.
Zudem ändern sich die verwendeten Materialien ständig. Und Form oder Farbgebung eines Produkts werden oft saisonal angepasst. „Diese vielfältigen Faktoren stellen für die Bildverarbeitung besondere Anforderungen dar“, erklärt Gillig, „denn für jedes neue Material und jedes neu gestaltete Produkt muss eine Prüfstation, die dieses mit Hilfe von Bildverarbeitung auf Fehlermerkmale prüft, an die vorliegenden Randbedingungen angepasst werden.“
Ungeachtet dessen wird gerade in der Verpackungsindustrie eine hundertprozentige Qualitätskontrolle verlangt. Die hohen Stückzahlen setzen die Technik jedoch unter Druck. Die Kontrolle muss in kurzer Zeit und zum Teil inline erfolgen – also innerhalb des Prozesses. Viele Anlagen seien hochkomplex, wie Mattfeldt berichtet. Kontrollen fänden an vielen Stellen gleichzeitig statt.
„Die vorherrschenden Geschwindigkeiten setzen bei den verwendeten Kameras hohe Taktraten voraus“, sagt Basler-Produktmanagerin Dekarz. „Das inspizierte Material bewegt sich dabei oft noch in Eigendynamik und weist variierende Farben – von transparent bis Opaque – sowie Dickenschwankungen auf.“
Hinzu kommt die Inspektion von Etiketten, die je nach Produkt auf unterschiedlichen Höhen angebracht oder unter einer Folie eingesiegelt sind. Aufdrucke mit Bildern und sehr kleinen Aufschriften mit schwachem Kontrast müssen kontrolliert werden. „Hier müssen falsche oder falsch aufgebrachte Label, Schreibfehler, Barcodes und so weiter sicher erkannt werden“, weiß Dekarz.
Besonders bei Verpackungen von Lebensmitteln sind die Herausforderungen nach Meinung von Dekarz hoch. Lebensmittel wie etwa geschnittene Wurstwaren würden mit hohen Geschwindigkeiten verpackt und müssten nach dem Verpacken ähnlich schnell überprüft werden, um die hohen Sicherheitsstandards der Branche zu erfüllen.
Die oftmals strengen hygienischen Anforderungen sind ein weiterer Faktor, der beim Einsatz von Bildverarbeitungssystemen beachtet werden muss. „Beispielsweise müssen Kameras und ihre Anschlüsse so gestaltet sein, dass sie Reinigungsprozeduren überstehen“, erläutert Mattfeldt von Matrix Vision. Dafür würden spezielle abgedichtete Gehäuse zum Beispiel aus Edelstahl verwendet.
Schnelle Bänder verkürzen die Belichtungszeiten
Die Lösungen müssen mit all diesen Herausforderungen zurechtkommen und sollten dabei Pseudofehler so weit wie möglich vermeiden. Denn das bedeutet Pseudoausschuss und somit wirtschaftlichen Schaden.
Die Experten empfehlen daher Unternehmen, bei der Auswahl von Technologien für die Bildverarbeitung auf eine Reihe von Kriterien zu achten.
Dazu zählt, dass das eingesetzte System leistungsfähig ist, „um die Applikation mit angemessenem Aufwand überhaupt lösen zu können“, so Steinicke. „Zur Leistungsfähigkeit zählen neben der Verarbeitungsgeschwindigkeit auch die Verfügbarkeit geeigneter Bildwerkzeuge und eine stabile Lagenachführung, damit die Produkte nicht erst mechanisch in eine exakte Position gebracht werden müssen“, erklärt der Baumer-Produktmanager weiter.
Vor allem für das hohe Inspektionstempo müssen die Systeme gerüstet sein. Kameras sollten daher hohe Takt- beziehungsweise Zeilenraten aufweisen. Die hohe Bandgeschwindigkeit sorgt zudem für kurze Belichtungszeiten. Um trotzdem noch ausreichend Bildinformationen zu generieren, rät Dekarz zu sensitiven Kameras mit einem geringen Rauschen. „Nur dadurch wird sichergestellt, dass auch bei wenig Licht, welches auf den Sensor fällt, ausreichend Information für die Fehlerdetektion und Farbwiedergabe zur Verfügung steht.“
Dekarz empfiehlt außerdem, auf Kameras mit möglichst originalgetreuer Farbwiedergabe zurückzugreifen. Dies vereinfache die Kalibrierung des Inspektionssystems und verringere dessen Fehleranfälligkeit und Nachkontrolle durch den Operator. „Außerdem können die aufgenommenen Bilder besser zu Dokumentationszwecken verwendet werden“, meint die Expertin.
Nach Meinung von Mattfeldt sollte das System aus standardisierten Komponenten aufgebaut sein. Das sichere langzeitverfügbare Produkte und „kurze Down-Zeiten im Falle des Falles“.
Gillig von Stemmer Imaging rät von komplett vorkonfigurierten Systemen ab: „Die eingesetzten Komponenten, also Kamera, Objektiv, Beleuchtung und Software sowie eventuelle weitere Elemente müssen optimal zusammenspielen, um die geforderte Leistung zu garantieren.“ Laut Gillig verfügen vorkonfigurierte Systeme beispielsweise oft über eine bereits eingebaute Beleuchtung, die den speziellen Anforderungen der jeweiligen Aufgabe meist nicht entspricht. Eine passende Beleuchtung müsste in solchen Fällen nachgerüstet werden. „Dies ist mechanisch meist schwierig und zudem geht so der Preisvorteil gegenüber einem individuell zusammengestellten System schnell verloren“, meint Gillig.
Daten für die Prozessoptimierung
Wer sich aber mit der passenden Technik ausrüstet, kann von der Bildverarbeitung deutlich profitieren. Dank entsprechender Lösung reduzieren sich Ausschuss und Pseudoausschuss. Die Zahl der Reklamationen nimmt ab. Und was dies bedeuten kann, verdeutlicht Steinicke. Im schlimmsten Fall könne eine Reklamation dazu führen, dass eine ganze LKW-Ladung verderblicher Lebensmittel zurückgesendet wird, „weil beim Kunden einige Packungen mit unleserlichem Mindesthaltbarkeitsdatum aufgetaucht sind“.
Fertigungs- und Logistikabläufe ließen sich durch maschinelle Kontrolle deutlich beschleunigen, meint Dekarz. „Alle Daten liegen sofort und ständig für Abrufe bereit, die Inspektionsergebnisse sind nachvollziehbar und für Dokumentationszwecke verwendbar.“ Die Ergebnisse ließen sich für Auswertungen nutzen, um Prozesse zu optimieren.
Einsparungen bringt Bildverarbeitung nach Meinung von Gillig aber vor allem dann, wenn Kontrollen automatisiert werden können, die vorher von Hand oder nur halbautomatisch realisiert wurden. „Hier ist das Potenzial dieser Technologie in der Verpackungsindustrie nach wie vor sehr groß“, so Gillig.
Grundsätzlich können schon vermeintlich kleine Verbesserungen dafür sorgen, dass sich eine Bildverarbeitungslösung rechnet. Cognex-Mann Zöller nennt ein Beispiel: „Beim bildbasierten Codelesen kann die Steigerung der Leserate um bereits wenige zehntel Prozentpunkte einen Kostenfaktor ergeben, der eine Amortisation der ID-Lesesysteme in wenigen Monaten erzielt und gegenüber bisheriger Scan-Arbeitsweise einen beachtlichen monatlichen Gewinn erwirtschaftet.“
Dabei sind laut Zöller viele andere gewinnbringende Auswirkungen noch nicht in der Amortisations-Kalkulation berücksichtigt. So könne durch die minimierte Ausschleusung auch die Anlage einfacher gestaltet werden. Das Bedienpersonal werde entlastet und könne sich anderen Aufgaben widmen. Und letztlich profitiert laut Zöller auch das Marketing, weil sich das Qualitätsimage des Unternehmens verbessert. ■
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