Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, was Ihre Jeans alles aushalten müssen? Die werden den ganzen Tag gedehnt, gebogen, abgerieben – und werfen trotzdem Falten genau dort, wo sie sein sollen. Für Modedesigner keine leichte Aufgabe. Ein neues System des Instituts für Elektrische Messtechnik der Johannes Kepler Universität in Linz hilft hier weiter.
Die Skepsis bei Professor Dr. Bernhard Zagar, Vorstand des Instituts für Elektrische Messtechnik, war anfangs groß, als die Abteilung für Fashion & Technology an der Kunstuniversität Linz mit der Bitte auf ihn zukam, ein Messsystem zu entwickeln, das auf Stoffe optimiert ist.
„Hier geht es nicht um die Qualität des Stoffs, sondern darum, dass man die gemessenen Parameter in richtiger Bandbreite für ein Simulationssystem verwenden kann“, erklärt Professor Christiane Luible-Bär von der Kunstuniversität Linz. Denn Modedesign passiert heute am Computer: Der Stoff wird nicht mehr real zusammengenäht, sondern das Design simuliert. Und das funktioniert umso besser, je detaillierter die vorhandenen Daten sind. Heute arbeiten vor allem Firmen für Sportbekleidung mit der 3D-Simulation, um teure Muster von Bekleidung schneller und günstiger herzustellen. Nur wenn der virtuelle Prototyp genau simuliert ist, mit den richtig gemessenen Stoffparametern, kann dieser den realen Prototyp ersetzen.
Die große Schwierigkeit für das Messsystem besteht darin, dass Stoff durch seine Machart inhomogen und ein äußerst schwieriges Material mit komplexem Verhalten ist. Trotzdem ist es inzwischen gelungen, ein System zu entwickeln, mit dem einzelne Stoffparameter genau vermessen werden können – aktuell bereits das Biegeverhalten, das vor allem für den Faltenwurf verantwortlich ist. Künftig sollen auch das Dehnungsverhalten, Elastizität, Reibung und Flächengewicht gemessen werden können. In einer zweiten Masterarbeit wird derzeit an der Messmaschine in ihrem gesamten Aufbau gearbeitet. Von den zu prüfenden Stoffen reicht ein etwa 20 cm x 20 cm großes Stück aus, um – entsprechend im Gerät vorgespannt – die Messungen vorzunehmen.
Avatar zeigt, wie oft und schnell der Stoff bewegt wird
Im Vorfeld wurden bei Athleten Bewegungsdaten während des Sports aufgenommen und auf einen virtuellen Avatar umgelegt. „So wissen wir genau, wie viel, wie oft und wie schnell der Stoff bewegt wird“, erläutert Luible-Bär. Dadurch kann auch die Eignung für ein bestimmtes Kleidungsstück getestet werden. Die gemessenen Parameter dienen auch dazu, neueste Kompressionssportbekleidung zu optimieren. Ohne genaue Simulation wäre das gar nicht möglich.
Luible-Bär hatte für Zager noch eine ganz besondere Aufgabenstellung: „Grundbedingung ist nämlich, dass die Maschine, die hier entwickelt wird, auch wirklich von Modeleuten bedient werden kann. Und diese Menschen sind bisher nicht als besonders technikaffin bekannt.“
Zusätzlich darf das Gerät, falls es in Massenproduktion gehen sollte, nicht viel kosten.„Bis das gesamte Messsystem fertig ist, wird es noch etwas dauern“, so Zagar. „Nach meinen anfänglichen Bedenken und den bisherigen Resultaten bin ich aber zuversichtlich, dass wir demnächst zu einem verwertbaren Ergebnis kommen – ein wichtiger Schritt für die Modeindustrie.“ ■
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