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Abrieb an Oberflächen

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Abrieb an Oberflächen

Abrieb an Oberflächen

Jede Oberfläche ist im späteren Einsatz einem Verschleiß unterworfen, der durch Abriebvorgänge verursacht wird. Abhängig von der Funktion der Oberfläche kann diese Schädigung entweder nur Auswirkungen auf das optische Erscheinungsbild haben oder aber dessen Funktion beeinträchtigen. Inwiefern der Abrieb von Oberflächen überhaupt relevant ist, hängt vom Einsatz des jeweiligen Produktes ab. In jedem Falle aber stehen umfassende Verfahren und Geräte für die mechanische, chemo-mechanische und optische Beurteilung des Abriebs zur Verfügung.

Ein Abrieb hat bei einem bedruckten Kugelschreiber z. B. bestenfalls Auswirkungen auf die Ästhetik. Anders sieht es bei einer Oberfläche mit einem Warnausdruck aus. Weggewischte Warnhinweise oder Bediensymbole können hier bereits die Funktion eines kompletten Gerätes beeinträchtigen und als Folge den Bediener gefährden.

Die Auswirkungen sind ebenso gravierend, wenn das Produkt eine mechanische Funktion zu erfüllen hat – zum Beispiel eine Verpackung. Hier kann ein übermäßiger Verschleiß zur vorzeitigen Funktionsuntüchtigkeit der Verpackung führen.

Diese Beispiele zeigen, daß es keine allgemeine Definition für Abrieb geben kann, die für alle Produkte gleichsam gültig ist. Vielmehr hängt es vom Einsatzzweck des jeweiligen Produktes ab, welche Art des Abriebs überhaupt relevant ist.

Nachfolgend werden der mechanische Abrieb, der Abrieb durch Handbeanspruchung, die Prüfung auf Kratzfestigkeit und die Bewertung der Optik vor und nach dem Abrieb betrachtet.

Unter Abrieb versteht man im allgemeinen den Abtrag von Material an einer mechanisch beanspruchten Oberfläche. Generell unterscheidet man hier translatorische, also geradlinige, und rotatorische Abriebbewegungen. Darüber hinaus können auch die Umgebungstemperatur, chemische Verbindungen und diverse Alterungseinflüsse das Abriebverhalten von Kunststoffoberflächen beeinflussen.

Einsatz bestimmt Prüfung

Vor der Prüfung von Abriebeigenschaften sollte man sich also über den tatsächlichen Einsatzbereich des Produktes im Vorfeld Gedanken machen und über die jeweiligen singulären Einwirkungen, wie mechanischer Abrieb oder auch chemischer Einwirkung ein Lastenheft erstellen. Dieses ermöglicht erst die Auswahl eines hierfür geeigneten Prüfverfahrens sowohl für den Bereich der Entwicklung als auch für die Ferigungskontrolle.

Unter dem Begriff Kratzverhalten versteht man die Reaktion einer Oberfläche gegenüber der Einwirkung parallel zur Oberfläche eines kleinen bzw. scharfkantigen Eindringkörpers. Hierbei kann neben dem Materialabtrag wie er zum Beispiel beim Ritzen einer Oberfläche vorkommt, auch die Oberfläche durch Erzeugung von Rillen erfolgen. In diesem Fall wird die Oberfläche entlang der Kratz- bzw. Rillspur lediglich lokal verdichtet. Auch bezüglich der Kratzfestigkeit beeinflussen die Probanden neben rein mechanischen auch chemische Effekte und energiereiche Strahlung, z. B. intensive Sonnenbestrahlung.

Die Oberflächenprüfung sollte in Hinblick auf Abrieb und Kratzfestigkeit drei Aspekte berücksichtigen:

1. Das Prüfverfahren sollte den tatsächlichen Einsatzbedingungen der Oberfläche und des Produktes möglichst nahe kommen. Hierzu ist im Vorfeld ein Lastenheft für die tatsächlichen Einsatzbedingungen zu erstellen.

2. Das Prüfverfahren sollte reproduzierbar sein, zu quantitativen Meßergebnissen führen und dokumentierbar sein.

3. Das Prüfverfahren sollte Meßergebnisse ermitteln, aus denen sich Material-, Produkt- und Fertigungsverbesserungen direkt oder indirekt ableiten lassen.

Diese oben genannten drei Forderungen gelten selbstverständlich für die Erwägung aller Material- und Funktionsprüfungen.

Mechanischer Abrieb

Ein rein mechanischer Abrieb erfolgt durch paralleles Gleiten zweier Oberflächen gegeneinander (Beispiel: Gleiten einer Oberfläche entlang einer Führung).

Es gibt zwei prinzipielle Möglichkeiten das Abriebverhalten eines Materials zu bestimmen:

1. Man ermittelt die Gleitreibungszahl (des zu untersuchenden Materials. Je kleiner die gemessene Gleitreibungszahl, desto geringer ist der zu erwartende Verschleiß.

2. Die zu prüfende Kunststoffoberfläche bzw. das Produkt wird einem Abriebtest unterzogen. Dabei wird die Materialoberfläche einer realen Abriebbelastung ausgesetzt. Aus dem Zustand der Oberfläche nach x Abriebzyklen kann dann auf deren Abriebfestigkeit geschlossen werden.

Für beide Methoden gibt es eine Anzahl von etablierten Prüfverfahren und -geräten am Markt. Die wichtigsten sollen nachfolgend vorgestellt werden:

Zur Ermittlung der Gleitreibungszahl bieten sich gebräuchliche Haft-/Gleitreibungsprüfgeräte an. Die Palette reicht hier von der einfachen schiefen Ebene (z. B. TMI COF) bis hin zu komfortablen Geräten, die einen Test auch unter verschiedenen Temperaturen ermöglichen (z. B. TMI MONITOR/SLIP & FRICTION). State-of-the-Art sind sehr präzise PC-gesteuerte Prüfgeräte mit zahlreichen Einstellmöglichkeiten, komfortabler grafischer Auswertung und vollautomatischer Versuchsdurchführung (z. B. TMI LABMASTER SLIP & FRICTION). Dieses Gerät liefert neben den Gleitreibungswerten auch hochgenaue und reproduzierbare Haftreibungswerte.

Etwas schwerer fällt die Auswahl des richtigen Prüfverfahrens bei zyklischen Abriebtests. Abhängig von der Form, vom späteren Einsatzzweck der zu prüfenden Oberfläche und der Prüfaufgabe ist auch ein dafür geeignetes Prüfverfahren auszuwählen.

Für flache Proben eignen sich folgende Verfahren: TAPPI T-830, ASTM, D5264 und BS 3110:1959. Diese Abriebprüfung bzw. dieser Wischtest besteht im wesentlichen darin, daß sich ein definiertes Gewicht, welches mit einem Reibbelag bzw. Wischbelag bespannt ist, beinah geradlinig und zyklisch (Kreisbogen r = ca. 300 mm) auf dem Probanden bewegt. Gerätebeispiele: LAR-TESTER und der TMI INK RUB TESTER. Als Prüfergebnisse erhält man die Zahl an Hüben nach denen z. B. eine signifikante Veränderung der Oberfläche erkennbar ist.

Handabrieb / Chemisch-mechanischer Abrieb

Als sehr spezielle Art der Beanspruchung von Oberflächen gilt der Handabrieb. Viele Oberflächen werden in ihrem Einsatz durch Anfassen und Betätigen mit der Hand belastet (z. B. Schalter oder Türgriff).

Mit den bisher eingesetzten Standard-Abriebprüfverfahren konnte diese Belastung nicht praxisgerecht simuliert werden. Der Vorgang beim Handabrieb ist zu komplex. Ein neues und besonders praxisgerechtes Prüfverfahren verspricht hier einen Schritt nach vorn. Neben einer sehr realitätsnahen mechanischen Belastung kann dabei auch das chemische Umfeld der Hand simuliert werden. Das in DIN EN 60068-2-70 / IEC 68-2-70 beschriebene Verfahren zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

l Ähnlich einem Finger wird der Prüfstem- pel in einer kombinierten Stoß-/Reibbe- wegung auf die zu prüfende Oberfläche gedrückt.

l Ein spezielles Reibgewebe befindet sich zwischen Prüfling und Prüfstempel, damit ist immer ein definierter Reibpartner vor- handen.

l Um die Prüfung unter praxisähnlichen Be- dingungen ablaufen zu lassen, kann das Reibgewebe auch mit Prüfflüssigkeiten und -pasten wie Kunstschweiß, Reini- gungsmitteln, Ölen oder Handcremes ge- tränkt werden.

So erhält man aussagekräftige Ergebnisse über die zu erwartende Haltbarkeit der Oberfläche. Eine Aussage in einem Datenblatt wie „.. die Oberfläche kann mindestens bis zu 1 000 mal mit der Hand belastet werden“ kann dann jederzeit im Rahmen einer Normprüfung verifiziert werden.

Gerade für den zunehmenden Einsatz beschichteter und lackierter Oberflächen dürfte das neue Prüfverfahren von großem Interesse sein. Eine Beständigkeitsprüfung kann zudem erstmalig auch für den Handabrieb praxisgerecht und nach Norm erfolgen. Entsprechende Normprüfgeräte gibt es unter dem Namen Abrex.

Kratzfestigkeit

Wie eingangs erwähnt, unterscheidet man generell zwischen der Abrieb- und der Kratzfestigkeit einer Oberfläche. Beide Größen erscheinen zunächst sehr ähnlich, es spielen sich hier jedoch sehr unterschiedliche Vorgänge ab.

Im Gegensatz zum Abrieb dringt bei allen Kratzvorgängen ein Fremdkörper „materialherauslösend“ in die Oberfläche ein und zerstört diese bleibend in Form einer Kratzspur.

Die Härte einer Kunststoffoberfläche ist allgemein als deren Wiederstandsfähigkeit gegen das Eindringen eines Fremdkörpers definiert. Somit kann also die Härte prinzipiell eine Aussage über die zu erwartende Kratzfestigkeit der Oberfläche liefern. Allerdings erfolgt eine Härteprüfung in der Regel punktuell und senkrecht zur Oberfläche. Ein Kratzvorgang verläuft dagegen stets entlang einer Oberfläche.

MISTAN

Das Prüfverfahren Mistan trägt auch dieser Anforderung Rechnung. Mistan steht für Micro Structure Analysis und ist im wesentlichen eine kontinuierliche Härteprüfung, eine Verdichtungs- oder Rillprüfung je nach Lastzustand.

Während des Prüfvorgangs tastet ein wählbarer Eindringkörper, z. B. eine Diamantpyramide, die zu untersuchende Oberfläche ab. Dabei fährt der Eindringkörper mal unbelastet, mal durch eine vorwählbare Kraft belastet und dann wieder unbelastet die Oberfläche ab, während der jeweilige Höhenwert direkt und kontinuierlich während der Tastvorgänge erfaßt wird.

Die ermittelten Profildifferenzen lassen direkt auf die erfolgte Oberflächenverformung schließen. Jedem Punkt der Meßspur kann damit die gesamte, die elastische und die permanente Verformung zugeordnet werden. So erhält man schließlich drei Profile, die direkte Aussagen über das Verformungsverhalten der Oberfläche auch in Form von Mikro-Kraft-Weg-Diagrammen liefern.

Das vorgestellte Verfahren eignet sich aus zwei Gründen besonders für die Ermittlung der Kratz- oder Rillfestigkeit. Zum einen erfolgt hier eine sehr praxisnahe Art der Belastung – der Kratzvorgang wird tatsächlich kontrolliert und gleichzeitig die Messung durchgeführt. Zum anderen lassen sich aus den Ergebnisprofilen auch mögliche Materialinhomogenitäten entlang der Meßspur schließen, was bei einem punktuell arbeitenden Verfahren nicht oder mittels Mehrfachprüfung nur sehr grob möglich wäre.

Bewertungsmethoden des Abriebverhaltens

Als einfache Methode für die Bestimmung des Abriebs an einer Oberfläche kann der Massenverlust herangezogen werden. Hierzu werden das Produkt vor und nach einer Abriebprüfung schlichtweg gewogen und die Differenz der Gewichte als Kriterium für den Abrieb herangezogen. Allerdings muß hierzu eine entsprechend große Masse durch die Abriebprüfung abgetragen werden, so daß gewichtsmäßig ein Nachweis erfolgen kann.

Bei der visuell-subjektiven Methode wird die Anzahl von Reibzyklen ermittelt, um eine ursprüngliche optisch-subjektive Gutbewertung in eine optisch-subjektive Schlechtbewertung zu überführen. Diese zwar schnelle Methode hängt jedoch stark von Kondition und Stimmung des Prüfers ab.

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Erfassung der Rauheits – und Strukturveränderung an der Oberfläche. Hierbei können z. B. mechanische Rauhigkeitsmeßtaster zur Erfassung der Rauhigkeitswerte an der Oberfläche eingesetzt werden. Zur flächigen und dreidimensionalen Erfassung der Rauheitsstruktur und lokalen Volumenänderung können auch optische Verfahren als Bewertungs- und Erfassungsysteme wie z. B. das TRACEiT-Prüfverfahren zur Anwendung kommen. Neben den Erfassungen von Volumen, Masse, Rauheits- und Strukturveränderungen ist eine subjektiv-händische Beurteilung der Oberfläche möglich. Der Nachweiß und die Dokumentationsmöglichkeit des eigentlichen Meßergebnisses, was laut ISO 9000 gefordert wird, ist bei der Wahl eines geeigneten Bewertungssystems zu berücksichtigen.

Die obigen Bewertungsmethoden versagen, wenn die Oberfläche Schriftzeichen, Piktogramme oder Druckmuster tragen, die „ lediglich“ optisch-kommunikative Eigenschaften besitzen. Hierzu muß zuerst die optische Ausgangssituation vor einer Abriebsbelastung bewertet und der Vorgang anschließend nach einer festzulegenden Abriebs-Zyklenzahl wiederholt werden, so daß der Abriebsvorgang als durchgehende Historie erfaßt und dokumentiert wird. Erfolg verspricht diese Methode jedoch nur, wenn der Ausgangszustand mit der gleichen Methode wie der Abriebszustand einer Probe oder eines Produktes erfaßt, ausgewertet und dokumentiert wird. Als schnell, genau und kostengünstig hat sich das COPRA-Meßsystem weltweit bewährt. Es ersetzt das menschliche Auge und liefert neutrale Kennzahlen für den optischen Zustand der gemessenen Proben, egal ob im Ausgangszustand, als Qualitätskriterium des Druckes bzw. der Beschichtung oder als Abnutzungskriterium nach einem Abriebsvorgang.

COPRA steht für Coating and Printing Analysis. Rechteckige, runde oder ovale Flächen können klassifiziert und dokumentiert werden. Das Meßobjekt wird mittels Videokamera bzw. Scanner erfasst. Intensität, Kontrast und Farb- bzw. Grauwertverteilung werden in Kennzahlen umgerechnet.

Die optischen Bewertungskennzahlen sind hierbei: arithmetisches und geometrisches Mittel, Maxima/Minima, Kontrastzahl, Perimeterwert, Kreisförmigkeit und Flächenwert. Das Meßsystem steht auch als netzunabhängige, transportable Einheit zur Verfügung. Darüber hinaus ist es in der Lage, optische Abweichungen und Änderungen gegenüber einem Gutmuster anzuzeigen und zu dokumentieren. Vorhandene optische firmeninterne Bewertungskriterien können nachvollzogen und vollständig dokumentiert werden.

Weitere Informationen A QE 501

Wolfgang P. Weinhold, M. Sc., Dipl.-Ing. Innowep GmbH

01.12.1998
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