Startseite » Allgemein »

Alle in einem Boot

Allgemein
Alle in einem Boot

Alle in einem Boot
Kunden, Mitarbeiter, Team, Führung, Kosten, Prozesse und viele „Ruderer“ mehr umfassten die Themen der 7. Bochumer Qualitätstage. Erst wenn alle in einem Boot sitzen, so wie es Ralf Holtmeyer vom Bundesleistungszentrum der Ruderer auf lockere Art am Beispiel des Deutschland-Achters demonstrierte, kann man die vorhandenen Ressourcen in unseren deutschen Unternehmen ausschöpfen und die „unendliche“ Leiter des Qualitätsmanagement höher steigen. Denn „nach TQM kommt TQM“, so Veranstalter Prof. Dr.-Ing. Herbert Schnauber.

Traditionsgemäss fanden die 7. Bochumer Qualitätstage 1998 am 29. und 30. Oktober unter dem Motto „Erfolgreich führen – Spitzenleistungen erzielen“ statt. Ebenso traditionell präsentierten eine Reihe hochkarätiger Praktiker, sprich Referenten den zuhörenden Praktikern, sprich Teilnehmern von ihren Erfolgen, aber auch von ihren Schwierigkeiten auf dem Weg zu Spitzenleistungen. Passendes Ambiente dafür bot wieder die Bochumer „Gastronomie im Stadtpark“.

Wolfgang Clement, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, hat die Schirmherrschaft übernommen und damit seine Verbundenheit zur Thematik zum Ausdruck gebracht. Auch der Minister für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes, Bodo Hombach, unterstützt die Bochumer Qualitätstage und übermittelte sehr treffende Grußworte: „Die Initiative Qualitätssicherung NRW verdeutlicht, dass nicht die einmal erworbene Zertifizierung zu unternehmerischen Erfolg führt, sondern nur die ständige Verbesserung des Qualitätsmanagement-Systems.“
Umfassende Vorträge
Die Vorträge wurden dem vom Veranstalter beabsichtigten umfassenden Qualitätsanspruch gerecht. Einige Vorträge werden wir in den kommenden Ausgaben als Fachbeiträge veröffentlichen.Einmal aus einer ganz anderen Sicht brachte der Trainer des Deutschland-Achters Ralf Holtmeyer den Teilnehmern die Aspekte erfolgreicher Zusammenarbeit nahe. „Im Team zum Erfolg“ lautete das Thema seines ebenso interessanten wie aufgelockerten Beitrages. Sicher kann man einige Parallelen vom Ruderboot auf die Unternehmen ziehen. Inbezug auf die Mitarbeitermotivation gelingt das aber eher nicht, denn im Deutschland-Achter sitzen die motiviertesten besten Ruderer, die der Trainer bekommen kann; im Unternehmen muss man am vorhandenen Mitarbeiterpotential sehr viel arbeiten.
Arbeitsintensive Workshops
Am ersten Veranstaltungstag hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, sich an einem der vier verschiedenen Workshops zu beteiligen. Die Ergebnisse wurden anschliessend vor der gesamten Tagung zusammengefasst.Adolf Körschges, vormals 3 M Deutschland präsentierte zunächst in einem Vortrag, wie es sein Unternehmen schafft, „Hautnah am Kunden“ zu sein. Eingestimmt auf die zu behandelnde Thematik erfolgte die Diskussion.Im Workshop zur „Mitarbeitereinbindung“ konnten Michael Hille und Hans-Joachim Nisslein, beide Siemens AG, Erlangen, mit ihren Teilnehmern feststellen, dass systematische Ansätze und Methoden sowie hervorragende Theorien vorhanden sind, deren Umsetzung jedoch Motivation, vor allem „von oben“ braucht. Die Frage danach, ob das Streben nach dem EQA Vehikel für die Verbesserung des existierenden TQM-Systems ist oder für die Anstrengungen der Siemens AG hauptmotivierend wirkt wurde für ersteres entschieden.
Über „Qualifiziertes Kostenmanagement“ ging es im Workshop mit Dirk Würden von der Wilo GmbH. Dabei stellten die Teilnehmer zur Schlußthese seines Vortrags „Wird der Prozess optimiert, folgen die Kosteneinsparungen automatisch“ eine Gegenthese auf, die den Zusammenhang zwischen Qualität und Messbarkeit in den Fordergrund stellt: „Prozesse sind nicht beurteilbar bzw. optimierbar, wenn sie nicht messbar sind“.Schliesslich widmeten sich die Teilnehmer des letzten Workshops unter Axel Scheiben, Adam Opel AG dem „Prozessmanagement“. Er verdeutlichte die Notwendigkeit sowie neue Wege und Möglichkeiten beim Prozeßmanagement. Die gezeigten theoretischen Grundlagen wurden anhand zweier Praxisbeispiele aus dem Hause Opel verdeutlicht. Als Schwerpunkt der sich anchließenden Diskussion wurde das Thema „Frontloading“ gewählt.[AS]
Interview
Prof. Dr.-Ing. Herbert Schnauber vom Lehrstuhl für Arbeitssystemplanung und -gestaltung der Ruhr-Universität Bochum ist Initiator der Bochumer Qualitätstage.
Statements
„Nicht mehr arbeiten, sondern intelligenter und schneller“, Dipl.-Ing. Erhard Grab, Voith Turbo GmbH & Co. KG, Garching.„Qualität ist der Grad der Übereinstimmung zwischen Kundenerwartungen und Unternehmensleistungen“, Dr.-Ing. Manfred Mayer, Daimler Benz AG, Stuttgart.„Der Gast steht im Mittelpunkt unseres Tuns“, Elke Fischer, Landhotel Schindlerhof, Nürnberg.„Von Anweisung und Kontrolle zu Selbstverantwortung“, Gerhard Junginger, Honeywell AG, Schönaich.„Aufeinander zugehen – voneinander lernen“, Dr. Ulrich Lenz, Steag AG, Essen.„Wenn alle Organisationen zertifiziert sind, machen die Kürelemente das gewisse Etwas aus“, Prof. Dr.-Ing. Herbert Schnauber, Ruhr-Universität Bochum.
QE: Wie schätzen Sie den Stand deutscher Unternehmen im Bereich Qualitätsmangement ein?
!Ich schätze eine ganze Reihe von Unternehmen als sehr gut ein, es gibt viele heimliche Gewinner, die aus ganz bestimmten Gründen nicht an die Öffentlichkeit herantreten, die teilweise Weltmarktführer sind. Allerdings glaube ich auch, daß das Qualitätsbewußtsein vieler Führungskräfte sehr im Argen liegt. Ich denke, daß sie lernen müssen, die Ressourcen im Unternehmen zu nutzen. Auch die Regierung ist nicht ganz unschuldig an dieser Situation, die sie bisher öffentliche Einsicht vermissen ließ.
QE: Versprechen Sie sich von der neuen Regierung Besserung?
!Eingefahrene Strukturen verhindern oft Veränderungen. Bisher hat sich die politische Seite auf Bundesebene nicht des Ludwig-Erhard-Preises angenommen. Hier gilt es in der nächsten Zeit die entsprechenden Weichen zu stellen. Andererseits sehe ich gerade bei den Ländern, in denen Qualitätspreise vergeben werden, wie Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen sehr gute Ansätze und die politische Unterstützung. Warum sollte dies nicht auch durch den Bund möglich sein?
QE: Würden Sie die Meinung unterstützen, dass sich viele Unternehmen nur für das Papier zertifizieren lassen?
!Sicher gibt es viele Unternehmen, denen es nur darauf ankommt, das Papier zu besitzen, das ihnen die Zertifizierung bescheinigt. So kann man allerdings auf Dauer nicht existieren. Die Chancen, die im Qualitätsmanagement liegen, müssen erkannt und genutzt werden. Wenn man sich einer solchen Prozedur unterzieht, dann sollte man auch die Chancen aufgreifen, die darin zu finden sind. Man sollte alle Prozesse durchleuchten und sie nach Möglichkeit optimal gestalten. Daraus kann man nur gewinnen.
QE: Was denken Sie, warum sind kaum deutsche Industrieunternehmen an der europäischen Qualitätsspitze zu finden. Haben sie die Entwicklung verschlafen?
!Dazu gibt es einen ganz konkreten Hintergrund: Der European Quality Award existiert seit 1992. Es gibt in Europa Länder, die sich früher damit identifiziert haben. Deutschland ist erst im Jahre 1997 hinzugekommen. Um in einem Qualitätswettbewerb derartiger Größenordnung erfolgreich zu sein, muß man aber einen gewissen Vorlauf haben, eine Zeitspanne von etwa drei Jahren nachweisen. Das trifft auf die Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit, auch auf die Geschäftsergebnisse zu. Ansonsten hat man eine schlechtere Ausgangsbasis. Andere Unternehmen, beispielsweise türkische, begannen früher mit dem „Business excellence Modell“ und sind demzufolge gegenwärtig besser. Möglicherweise sind uns aber auch andere europäische Unternehmen aufgrund der Einstellung und des Verhaltens der Führungskräfte voraus. Aber ich glaube, wir können relativ schnell Anschluß finden, denn ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass wir mit unserem Potential nicht besser sein könnten als beispielsweise die Japaner.
QE: Was wollen Sie mit den Bochumer Qualitätstagen erreichen?
!Zunächst bin ich Mitglied des Vorstands der DGQ und zudem als Hochschullehrer daran interessiert, derartige Dinge zu tun. Außerdem macht es Spaß, mit Unternehmen zusammenzuarbeiten und die Ergebnisse präsentieren zu lassen. Wir bearbeiten zahlreiche Projekte mit Unternehmen, die zudem der öffentlichen Präsentation bedürfen.
QE: Was denken Sie, wie sich das Qualitätsmanagement in Zukunft weiterentwickeln wird?
!Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, daß nach TQM etwas grundlegend anderes kommen könnte. Das Kind bekommt dann vielleicht mal wieder einen anderen Namen, von der Idee dürften sich jedoch wohl kaum größere Unterschiede aufzeigen lassen. Was Unternehmen erfolgreich macht, heißt in irgendeiner Form immer wieder TQM. TQM heißt Qualität des Managements, Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit sollen bezweckt werden. Es geht darum, wettbewerbsfähig zu bleiben, also immer ein bißchen besser zu sein als die Konkurrenz, mehr einzunehmen als auszugeben. Nur so können Arbeitsplätze erhalten werden.
QE: Es ist immer die Rede von motivierten, qualifizierten, Bestleistung erbringenden Mitarbeitern. Wo bleiben die Schwachen?
!Dies ist ein Problem. Wenn man ein Unternehmen führt, hat man eine bestimmte Mitarbeitergruppe zur Verfügung. Darunter gibt es sicher immer auch Mitarbeiter auf der Werker- wie auf der Führungsebene, die nicht dem Standard entsprechen, der benötigt wird, um „business excellence“ zu erzielen. Da muß das Unternehmen das Defizit zwischen Ist und Soll feststellen und es ausgleichen, wenn mit der zur Verfügung stehenden Mannschaft dieser Weg beschritten werden soll. Zunächst ist jeder Mitarbeiter würdig, qualifiziert zu werden. Ob er fähig und willig ist, muß der Prozeß zeigen. Jemand, der partout nicht qualifiziert werden kann oder möchte, wird nicht vermeiden können, die persönlichen Konsequenzen in Kauf zu nehmen.
Welchen Rat würden Sie Firmen geben, die TQM einführen wollen?
!Man sollte die Thematik gemeinsam angehen, das heißt alle Mitarbeiter mit einbinden. Hierbei muß nicht unbedingt in allen Bereichen und mit allen Kriterien des „business-excellence-Modells“ gleichzeitig begonnen werden. Das Thema „Prozesse“ sollte sicherlich schon recht früh durchleuchtet werden. Zum Beispiel muß das Reklamationswesen ernst genommen und die Mitarbeiterzufriedenheit, die zugleich Ausgangspunkt der Kundenzufriedenheit darstellt, sollte mit eingebunden werden. So kann man sich jedes Jahr nacheinander weitere Bereiche und Kriterien vornehmen. Das EFQM-Modell hilft dabei und macht es einfacher, TQM zu praktizieren. Hinter ihm stehen Selbstbewertungs-Möglichkeiten, anhand derer man wieder neue Zielvereinbarungen für das nächste Jahr treffen kann. Ich halte dieses Modell deshalb für ein hervorragendes Führungs- und Controllings-Instrument.
Professor Dr. Schnauber, ich danke Ihnen für das Gespräch.[AS]
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de