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Das Feuchtemeßnormal

Kalibrierwesen von Feuchtemeßsensoren
Das Feuchtemeßnormal

Dr.-Ing. Dipl.-Physiker Bernhard Prümm,Techn. Unternehmensberater, Viersen

In Betrieben, die nach ISO 9000 zertifiziert sind und bei denen die Gasfeuchte eine qualitäts- oder sicherheitsreievante Meßgröße ist, muß diese von kalibrierten Meßgeräten überwacht werden. Es ist nicht ausschlaggebend, nach welchem Verfahren der Gasfeuchtemessung diese Geräte arbeiten und weiches die Feuchtekenngröße ist, die erfaßt wird. Indirekt messende Feuchtefühler mit der Meßgröße realtive Feuchte haben die gleiche Berechtigung wie direkt messende Geräte mit der Meßgröße Taupunkttemperatur. Für den Einsatz als Meßgeräte nach ISO 9000 ist es nur wichtig, daß das verwendete Gerät die Kenngröße richtig erfaßt, also systematische Fehler bekannt sind und das Gerät gültig kalibriert ist.
Meßgeräte gültig kalibrieren kann in erster Linie nur die Physikalisch-Technische-Bundesanstalt PTB. Damit diese Anstalt die Fülle der Kalibrieraufgaben Oberhaupt bewältigen kann, sind von ihr Kalibrierlaboratorien außerhalb der PTB anerkannt worden. Diese Laboratorien sind im DKD -Deutscher Kalibrierdienst- zusammengefaßt. Das Bild 1 zeigt das Schema des in der Bundesrepublik errichteten Kalibrierwesens.
Einsatzfähigkeit sicherstellen
Auch für die Meßgröße „Feuchte“ gibt es bei der PTB ein Fachlabor und auch Kalibrierlaboratorien innerhalb des DKD. Die Kalibriermöglichkeiten und die technische Ausstattung des Fachlabors bei der PTB sollen an dieser Stelle etwas näher dargestellt werden: Die PTB kann grundsätzlich alle Feuchtemeßgeräte und Feuchtefühler kalibrieren. Das physikalische Wirkprinzip ist nicht entscheidend. Taupunktspiegel, kapazitive Sensoren, Psychrometer, keramische Sensoren und auch Haarhygrometer sind grundsätzlich kalibrierfähig. Da die Aussage über die Meßunsicherheit streng genommen nur für den Kalibrierzeitpunkt und für den Meßaufbau bei der Kalibrierung gilt, ist natürlich nicht zu raten, Geräte kalibrieren zu lassen, deren Kennlinie sich bei Gebrauch stark und schnell verändert. Eine solche Kalibrierung ist nichts wert. Es sollten solche Sensoren und Geräte kalibriert werden, die nachweislich oder aus physikalischen Gründen eine möglichst stabile und hysteresefreie Kennlinie haben. Rekalibrierungsfristen werden von der PTB nicht festgelegt, sondern liegen in der Entscheidung des Anwenders. Zitat aus ll/: „Die Normen der ISO 9000 fordern vom Anwender, daß er durch Kalibrierung unter Rückführung auf nationale Normale für die Richtigkeit seiner Meßgeräte sorgt und die dauernde Einsatzfähigkeit der Meß- und Prüfmittel durch Rekalibrierungen in angemessenen Zeitabständen im Rahmen eines Prüfmittelmanagements sicherstellt.“
Zur Zeit ist die PTB mit drei Generatortypen ausgestattet, die Kalibrierungen im Taupunkttemperaturbereich von -75°C bis +75°C bei einem Gastemperaturbereich von -3O°C bis +80°C erlauben. Im einzelnen sind dies: – ein Zwei-Druck-Feuchtegenerator – ein coulometrischer Feuchtegenerator – ein gravimetrisches Hygrometer
Standardfeuchte
Da der Zwei-Druck-Generator (Bild 2) den weitesten Meßbereich hat (Taupunkt von -50°C bis +75°C) und weltweit als Generator für Standardfeuchte anerkannt ist, wird kurz das Arbeitsprinzip erklärt: Ein kontinuierlicher Gasstrom aus einer Druckgasflasche (gereinigte Druckluft) wird in einem Vorsättiger bei konstanter Temperatur aufgesättigt. Danach gelangt sie zu einem thermostatisierten Wasserbad, wo die Druckluft unter kontrolliertem Druck p. und Temperatur t, vollständig gesättigt wird.
Was muß zertifiziert sein?
Soweit sei die Feuchtegenerierung der meßtechnischen deutschen Oberbehörde dargestellt. Im folgenden soll die Frage geklärt werden, ob nun jedes Feuchtemeßgerät in einem nach ISO 9000 zertifizierten Betrieb von der PTB kalibriert und zertifiziert werden muß. Die klare Aussage heißt: Nein! Wie ein Betrieb dennoch alle seine Feuchtemeßinstrumente rechtlich einwandfrei der ISO-Forderung unterwerfen kann, sei im folgenden beschrieben. Betriebe mit einer großen Anzahl an Feuchtemeßgeräten der unterschiedlichsten Wirkungsweise können sich selbst ein gültiges Zertifizierungsverfahren aufbauen. Dazu sind einige Voraussetzungen zu schaffen:
Ähnlich wie die DKD-Kalibrierlaboratorien ein am PTB-Feuchtegenerator kalibriertes und zertifiziertes Feuchtenormal betreiben, so können auch die Betriebe ein solches „Normal“ installieren. Dies sollte aus Gründen der Kennlinienstabilität und der direkten Messung einer absoluten Feuchtekenngröße ein Taupunktspiegel sein. Dieser Taupunktspiegel wird bei der PTB oder einem DKD-Laboratorium kalibriert und zertifiziert. Danach kann er als „Feuchtemeßstandart“ im Betrieb eingesetzt werden. Natürlich bedarf es der Festlegung im Qualitätshandbuch, daß dieser Taupunktspiegel nur noch zu Kalibrierzwecken verwendet werden darf.
Nachdem nun ein betriebliches „Feuchtemeßnormal“ vorhanden ist, muß noch ein Meßvolumen, gefüllt mit einem Gas, dessen Feuchte veränderbar ist, geschaffen werden. Hierbei ist es nicht erforderlich, wie bei der PTB, eine bestimmte Feuchte zu generieren, sondern es reicht aus, eine nicht näher festgelegte Feuchte über lange Zeiten konstant zu halten.
Zur genauen Feuchtemessung der so generierten Feuchtgase dient der zertifizierte Taupunktspiegel. Diese Feuchtegeneratoren sollen über einen weiten Bereich der Taupunkttemperatur oder der relativen Feuchte einstellbar sein und diesen Wert möglichst lange konstant halten können.
Instrumente, die diese Forderungen erfüllen, sind zu erschwinglichen Preisen am Markt vorhanden. Hier sollen kurz drei Generatoren beschrieben werden.
1. Generator für Taupunkttemperaturen
Als erstes sei der Generator DPG 300 für konstante Taupunkttemperaturen beschrieben. Dieses Gerät ist sehr einfach, da es keine konstante Temperatur in Meßraum benötigt.
Solange die Meßraumtemperatur oberhalb der Taupunkttemperatur liegt, kann man solche Generatoren recht einfach aufbauen. Bild 4 veranschaulicht das Wirkprinzip:
Gas, mit einem Taupunkt unter -40°C (N2 Güte 5,0), wird über einen Druckminderer auf atmosphärischen Druck entspannt und in zwei Teilströme aufgesparten. Der eine Teilstrom wird über ein auf Raumtemperatur liegendem Wasserbad befeuchtet und einer Gasverteilung mit verschiedenen Flowmetern zugeleitet.
Der zweite, trockene Gasstrom wird über Flowmeter dem Feuchtgasstrom zugemischt. Durch die Einstellung der Volumenströme von Trocken- und Feuchtgasstrom kann ein Taupunktbereich von -8O0C bis +l 50C bei einer Umgebungstemperatur von 250C eingestellt werden. Die Stabilität des eingestellten Gastaupunktes ist besser als +/- 0,250C. Damit liegt die Stabilität des Generators innerhalb der Meßunsicherheit der meisten Taupunktspiegel.
2. Generator für relative Feuchte
Ebenfalls nach dem Zweistromprinzip arbeitet der Generator Model C-1 zur Bereitstellung einer Luftmenge mit einer bestimmten relativen Feuchte. Trockenes Gas wird durch eine Adsorptionspatrone geleitet und weiter getrocknet. Danach wird ein Teilstrom über einem Wasserbad mit Feuchte gesättigt. Durch eine zeitlich abgestimmte Mischung beider Gasströme kann in einer Mischkammer ein Gas mit einer vorbestimmten Feuchte bereitgestellt werden. Von der Mischkammer gelangt das Gas dann in einen Meßraum, in dem sich die zu untersuchenden Meß-fühler befinden. Wird die relative Feuchte des hergestellten Meßgases durch einen kalibrierten Taupunktspiegel überwacht und die konstante Meßraumtemperatur gemessen, so ist der C-1 Generator als portabler Kalibrator für die relative Feuchte verwendbar. Der Unterschied zum Generator DPG 300 liegt im wesentlichen darin begründet, daß die Meßkammer thermostatisiert sein muß. Ein weiterer Unterschied liegt darin, daß der Generator für Taupunkttemperaturen DPG 300 im Durchflußverfahren arbeitet, hingegen der Generator C-1 ein statisches Gasvolumen zur Verfügung stellt. Die Überwachung der relativen Feuchte mit einem Taupunktspiegel,ist somit auch nur in einem geschlossenen Gasumlauf möglich. Die Stabilität der relativen Feuchte beträgt 0,2% RH. Die Unsicherheit der Einstellung beträgt im Bereich von 20% bis 80% RH +/- 1 % RH. Der Arbeitsbereich liegt zwischen 0% und 99% RH.
Der große Bruder des C-1 ist der GC-1 mit einem Meßkammervolumen von 356 x 836 x 686 mm. Im GC-1 ist ein Taupunktspiegel zur Regelung und Messung der relativen Feuchte eingebaut. Die mitgelieferte Software gestattet die automatische Kontrolle und Aufzeichnung des Kalibrierzyklusses auf einem externen Rechner.
Literaturverzeichnis
/l/ Eberhard Fay
DKD aktuell: Nr. 3/96
/2/ L.Greenspan
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/3/ W. Bögel
Neue Näherungsgleichungen für den Sättigungsdruck des Wasserdampfes und für die in der Meteorologie gebräuchlichen Luftfeuchte-Parameter DFVLR-Institut für Physik der Atmosphäre, DLR – FB 77 – 52; Oberpfaffenhofen 1977
/4/ A. Buck
New equations for computing Vapor Pressure and Enhancement Factors
J. of App,lied Meteorology, Vol. 20; No. 12; 1981
oder
Humidity Handbook of General Eastern
/5/ D. Sonntag
Important new values of the Physical Constants of 1986
Vapour Pressure Formulations based on the IST – 90 and Psychrometer Formula
Z. Meteorol. 40 (1990) 5, 340 – 344
/6/ P. Mackrodt
Programm zur Berechnung von Feuchtekenngrößen „HygMat“, TR6.0, unveröff. PTB-Material
Weitere Informationen A QE 702
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