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Das nahe Ende einer Ära

CCD- räumen in spätestens zehn Jahren das Feld für CMOS-Sensoren
Das nahe Ende einer Ära

Das Ende der CCD-Sensoren ist so gut wie besiegelt, denn Marktführer Sony hat im Februar das Ende der Produktion bekannt gegeben. Anwender und Systemintegratoren sind irgendwann zum Umstieg auf CMOS-Sensoren gezwungen – auch wenn die CCD-Technologie auch heute noch teilweise Vorteile für die Qualitätssicherung hat.

„Die End-of-Life-Ankündigung Mitte Februar war ein echter Schock für viele unserer Kunden“, gesteht Axel Krepil, Vertriebsleiter Bildverarbeitungssensoren bei Framos. Das Unternehmen vertreibt CCD- und CMOS-Sensoren von Sony in Europa und Nordamerika. Mittlerweile hat sich die Aufregung ein wenig gelegt, denn Sony hat Übergangsfristen für die Lieferung seiner CCD-Sensoren genannt: Bestimmte Modelle werden bis 2020, andere wiederum bis 2026 lieferbar sein. Dies gibt Kameraherstellern, Systemintegratoren und natürlich den Anwendern Planungssicherheit – eine gewisse zumindest. Denn die Wafer-Fertigung für die CCD-Sensoren stellt Sony definitiv im März kommenden Jahres ein.

„Die genannten Verfügbarkeiten bedeuten aber nicht, dass wir so lange bestellen können“, stellt Michael Cyros klar, Chief Commercial Officer bei Allied Vision. „Das heißt: Wir müssen Sony rechtzeitig unsere Absatzprognose mitteilen, damit sie einen ausreichenden Vorrat an Wafer produzieren, um uns auch nach dem Fertigungstop der Wafer-Produktion verlässlich mit Sensoren beliefern zu können.“
Konkret heißt das: Die Hersteller müssen ihre Aufträge je nach Sensor-Typ bereits im August 2015 beziehungsweise im März 2016 einreichen. Deshalb empfiehlt Cyros vor allem größeren OEM-Kunden und Kunden mit zertifizierten Applikationen, den zukünftigen Bedarf rechtzeitig mitzuteilen.
Allied Vision trifft die Entscheidung von Sony, künftig rein auf CMOS-Sensoren zu setzen und fast 1 Mrd. US-Dollar in deren Entwicklung und Produktion zu investieren, hart: „Eine klare Mehrheit unserer Kameras basiert aktuell auf CCD-Sensortechnologie“, sagt Torsten Freiling, Leiter Produktmanagement bei Allied Vision. 100 Kameramodelle betrifft dies insgesamt. Für fast alle kann das Unternehmen mit Hauptsitz in Stadtroda CCD-Sensoren von Sony bis 2026 beziehen. Nur vier Modelle sind im Programm, deren Lieferung bereits in fünf Jahren eingestellt wird. Besonders bitter: Darunter befinden sich zwei Modelle – Mako G-050 und Mako G-095 – die erst Anfang des Jahres auf den Markt gekommen sind. Insofern hat auch Allied Vision Sonys Entscheidung kalt erwischt.
Bei Basler liegt der Anteil der Kameras mit CCD-Sensoren aktuell zwischen 60 und 70 %, so Henning Tiarks, Leiter Produktmarketing. Bei Stemmer Imaging lag der CCD-Anteil 2014 bei 32 %. Baumer will den Anteil nicht genauer beziffern, doch sind definitiv verschiedene Industriekameras und einige Verisens Vision Sensoren betroffen. Angesichts der großen Kundenbasis empfehlen sowohl Baumer als auch Allied Vision denjenigen Kunden, die über das Jahr 20126 hinaus mit Industriekameras mit CCD-Sensorik arbeiten wollen, mit ihnen entsprechende Rahmenverträge abzuschließen, in denen sich beide Seiten zur Abnahme beziehungsweise Lieferung bestimmter Mengen über einen definierten Zeitraum verpflichten.
Sonys Aus verändert die Bildverarbeitungsbranche
Alles halb so wild also? Keineswegs, denn nach Zahlen von Framos werden derzeit weltweit 70 % aller Bildverarbeitungsanwendungen im industriellen Bereich mit CCD-Sensoren betrieben. „Sonys Entscheidung wird die gesamte Bildverarbeitungsbranche verändern und ist ein konsequenter Schritt Richtung Innovation“, ist Framos-CEO Dr. Andreas Frank überzeugt.
Mark Williamson, Director Corporate Market Development bei Stemmer Imaging, spricht sogar vom „Ende einer Ära“, die nun eingeläutet werde. Denn die CCD-Sensoren von Sony hätten den höchsten Marktanteil in der industriellen Bildverarbeitung. Und die CCD-Technologie, die 2009 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde, habe schließlich erst die Basis für das „explosive Wachstum der industriellen Bildverarbeitung“ geschaffen.
Die Wachablösung im Sensorikbereich hat sich indes abgezeichnet: Zahlen des US-Markforschungsunternehmens IHS belegen seit Jahren, dass CMOS-Sensoren die CCD-Konkurrenten nach Stückzahlen gerechnet längst in einen Nischenmarkt abgedrängt haben – vor allem bedingt durch deren Einsatz in Mobiltelefonen und anderen elektronischen Geräten. Durch die Massenfertigung sind CMOS-Sensoren heute deutlich günstiger als CCD-Sensoren.
Selbst im industriellen Umfeld ist der Marktanteil von CCD-Sensoren zuletzt immer weiter gesunken – so weit, dass die Fertigung für Sony nicht mehr wirtschaftlich war. Parallel dazu hat der japanische Konzern die CMOS-Technologie immer weiter forciert. Ende 2013 stellte der den ersten 2,3 Megapixel CMOS-Sensor mit Global Shutter vor – einer Technologie, die bis dahin nur CCD-Sensoren vorbehalten war. Bis dahin konnten CMOS-Sensoren nur zeilenweise, nicht „in einem Stück“ belichten.
CCD mit Vorteilen für die Qualitätssicherung
„Doch auch wenn moderne CMOS-Sensoren mittlerweile eine verbesserte Global-Shutter-Technologie besitzen, haben CCD-Sensoren noch einen kleinen Vorteil in der Präzision und Effizienz der Belichtung. Dadurch eignen sie sich besser für High-Speed-Inspektion mit kurzen Belichtungszeiten“, ist Allied-Vision-Manager Freiling überzeugt. Auch andere Experten sehen die CCD-Technologie im Vorteil bei Aufgaben in der Qualitätssicherung: „Den CCD-Einsatz sehe ich bei allen Messaufgaben, wenn es wirklich um jeden Pixel für die Genauigkeit geht, CMOS hingegen bei allen Aufgaben, bei denen nicht gemessen werden muss“, bringt es Christian Vollrath, Geschäftsführer des Tübinger Bildverarbeitungsspezialisten Attentra, auf den Punkt. Allerdings habe sich die Bildqualität von CMOS-Sensoren deutlich verbessert.
„Kameras mit CCD-Sensoren weisen eine sehr hohe Bildhomogenität und ein sehr niedriges Dunkelrauschen auf“, erklärt Mirko Benz, Produktmanager bei Baumer. „Damit sind sie für viele Applikationen interessant, bei denen die Bildqualität im Vordergrund steht. Außerdem können spezielle Modelle eine wesentlich verbesserte NIR-Empfindlichkeit aufweisen. Diese ist zum Beispiel für die Inspektion von Solarwafern wichtig. Weiterhin können die sehr kurzen Belichtungszeiten genutzt werden, um auch extrem schnelle Abläufe ohne Bewegungsartefakte zu erfassen.“
CMOS-basierte Kameras kommen insbesondere in schnellen Applikationen zum Einsatz, wo die hohe Bildrate gefragt ist. „Dies ist bei schnellen industriellen Prozessen der Fall“, erklärt Basler-Experte Tiarks. „Außerdem haben sich CMOS-basierte Kameras einen hohen Marktanteil bei günstigen und neuen Applikationen erobert. Hier geht es um einfache Aufgaben wie simple Messaufgaben oder Codelesen.“
Die meisten Kamerahersteller, Distributoren und Systemintegratoren weinen CCD-Sensoren somit die eine oder andere Träne nach. Nur IDS Imaging Development Systems bildet hier eine Ausnahme: Beim Kamerahersteller aus Obersulm hörte man auf der Vision im November in Stuttgart bereits den Abgesang auf die gute alte Technik: „Goodbye CCD“ lautete der Messeslogan des Unternehmens, das sich bereits vor längerer Zeit entschieden hatte, bei Neuentwicklungen CCD-Sensoren nicht mehr zu berücksichtigen. Das klare Verkaufsverhältnis von aktuell 80 % zu 20 % zugunsten der CMOS-Technologie zeigt, dass IDS auf das richtige Pferd gesetzt hat.
„Bei typischen Einsatzgebieten in der Qualitätssicherung wie beispielsweise Inspektionsaufgaben bei der Flaschenabfüllung sind Geschwindigkeit und hochauflösende Bilder unabdingbar. Das konnten früher nur CCD-Sensoren leisten, da nur sie einen Global Shutter mit hoher Auflösung vereinten. Heute stehen CMOS-Sensoren dem aber in nichts mehr nach“, erklärt Alexander Lewinsky, Produktmanager bei IDS.
Er sieht neben der Global-Shutter-Technologie drei weitere Entwicklungen, die der CMOS-Technologie einen Schub gegeben haben: So würden Sensorpixel immer kleiner (Pixel Shrinking), was zur Folge habe, dass bei gleichbleibender Sensorgröße wesentlich höhere Auflösungen erreicht werden können. Das mache CMOS für die Industrie äußerst interessant. „Ein weiterer Trend ist die Entwicklung hin zu neuer Pixeltechnologie wie beispielsweise BSI-Sensoren mit höherer Lichtempfindlichkeit. Und schließlich ist noch die zunehmende Anzahl an Onboard-Sensor-Features wie Multi-AOI, HDR oder Sequenzer zu nennen. Durch mehr Features lässt sich mit CMOS-Sensoren ein breiteres Spektrum an Anwendungsgebieten erschließen.“
Bei den Möglichkeiten der CMOS-Sensoren sieht Lewinsky „kaum Grenzen gesetzt“. Nach dem Motto „Höher, schneller, weiter“ sieht er große Entwicklungspotentiale „bei kleineren Pixeln, höheren Auflösungen (Stichworte 4K, Ultra HD) sowie größere Sensordiagonalen bis 1 Zoll.“ ■
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