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Deckt meine Versicherung Ein- und Ausbaukosten des Kunden bei Lieferung fehlerhafter Produkte?

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Deckt meine Versicherung Ein- und Ausbaukosten des Kunden bei Lieferung fehlerhafter Produkte?

Nach einem Urteil des BGH zum Ersatz von Ein- und Ausbaukosten besteht Anlass, den eigenen Versicherungsschutz zu überprüfen. Der Hintergrund: Liefert der Händler schuldhaft ein fehlerhaftes Produkt, so hat er die Einbaukosten zu ersetzen. Interessant ist also, ob eine Versicherung besteht, die den Schaden übernimmt oder ob eine solche eventuell noch abzuschließen ist. Zumal keine Ersatzpflicht besteht, wenn der Händler nicht schuldhaft handelt.

Zunächst lohnt sich ein Blick auf das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH). Dieser hat vor knapp einem Jahr entschieden, dass ein Händler nicht für die Einbaukosten des Ersatzproduktes haften muss, sofern er nicht schuldhaft eine fehlerhafte Sache verkauft. Im zur Entscheidung stehenden Fall hatte eine Holzhändlerin Parkettstäbe an einen Kunden verkauft. Dieser hatte die Stäbe in seinem Haus verlegen lassen. Als sich später herausstellte, dass die Stäbe mangelhaft waren, verlangte er Ersatz der Kosten für die Verlegung von neuem Parkett (so genannte Einbaukosten).

Den Ersatzanspruch gegen die Händlerin hat der BGH abgelehnt. Der BGH argumentierte, dass es sich hier weder um Nacherfüllung noch um die Kosten der Nacherfüllung der eigentlichen Verpflichtung der Händlerin, die in der Lieferung fehlerfreier Ware besteht, handele. Eine Nacherfüllung könne nämlich nicht umfangreicher sein als die Erfüllung, die aber wiederum bei Vorliegen eines einfachen Kaufvertrages einen Einbau der Stäbe gerade nicht vorsieht.
Eine Ersatzpflicht komme vielmehr allein nach den Grundsätzen des Schadensersatzes bei Verletzung von Vertragspflichten in Betracht. Diese Ersatzpflicht besteht jedoch nur dann, wenn ein Vertragspartner seine Pflichten, denen er aufgrund des Vertrages nachzukommen hat, schuldhaft nicht erfüllt. Der Verkauf der fehlerhaften Parkettstäbe an den Kunden hätte also wenigstens fahrlässig geschehen müssen, damit eine Ersatzpflicht des Händlers angenommen werden könnte. Hierzu hat der BGH jedoch, wie schon zuvor in der Rechtsprechung üblich, die Meinung vertreten, dass es nicht zu den Pflichten eines Händlers gehört, die Ware vor Verkauf auf Mängel zu untersuchen. Eine solche Untersuchungspflicht treffe den Händler nur, wenn er von der Mangelhaftigkeit aufgrund zusätzlicher Umstände hätte wissen müssen oder wenn er zugleich Hersteller der Ware ist. Solche Situationen lagen aber hier nicht vor.
Versicherungen im Überblick
  • 1. Die üblichen Betriebshaftpflichtversicherungen umfassen nicht die Ein- und Ausbaukosten, da dort ein Versicherungsfall einen Sach- oder Personenschaden voraussetzt.
  • 2. Laut Ziffer 4 der erweiterten Produkthaftpflichtversicherung (ProdHB) in der Fassung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sind demgegenüber auch einfache Vermögensschäden von der Versicherung umfasst. Voraussetzung ist untechnisch gesprochen, dass ein Dritter wegen der Mangelhaftigkeit von Gesamtprodukten durch Einbringen einer mangelhaften Sache Ersatzansprüche gegen den Versicherungsnehmer hat.
Ein Ersatz von Aus- und Einbaukosten nach Ziffer 4.4.3 der ProdHB, der bei zur Nacherfüllung erforderlichen Leistungen Ersatz verspricht, läuft bezüglich der Einbaukosten nach der Entscheidung des BGH leer: Insofern hat der BGH nämlich klargestellt, dass ein Anspruch auf Einbaukosten nie unter die Nacherfüllungskosten fallen kann. Bezüglich der Ausbaukosten steht eine Entscheidung des BGH allerdings noch aus.
Ersatz für die Ein- und Ausbaukosten kann aber nach Ziffer 4.4.1 der ProdHB gefordert werden, da auch vertragliche Schadensersatzansprüche wie Ein- und Ausbaukosten als „gesetzliche Schadensersatzansprüche“ im Sinne dieser Regelung zu verstehen sind. Hier muss allerdings darauf geachtet werden, dass nicht vorschnell im Vertrauen auf Versicherungsschutz ein Ausgleich stattfindet, denn ein Anspruch besteht nur dann, wenn auch wirklich ein Schadensersatzanspruch besteht.
Hätte im vorliegenden Fall nämlich die Händlerin den Kunden entschädigt und dann versucht, die Kosten auf den Hersteller abzuwälzen, hätte dessen Versicherung für diesen (angeblichen) Anspruch nicht haften müssen. Ein Anspruch der Händlerin aus Ersatz ihrerseits hätte nämlich vorausgesetzt, dass auch der Kunde einen Ersatzanspruch gegen sie gehabt hätte. Dies ist jedoch nach der neuen Rechtsprechung des BGH nicht der Fall. Insofern sollte im Schadensfall dringend Rücksprache mit der Versicherung gehalten werden, um das weitere Vorgehen abzustimmen.
3. Eine Rückrufkostenversicherung deckt Vermögensschäden aufgrund eines gesetzlich angeordneten Rückrufs zur Vermeidung von Personenschäden, wobei auch ein Mangelverdacht zur Auslösung der Versicherungspflicht ausreicht. Auch ist hier – anders als beim ProdHB – auch der Austausch mangelhafter Einzelteile erfasst. Die Kfz-Rückrufkostenversicherung erfasst zusätzlich Ein- und Ausbaukosten im Vorfeld der Gefahrenabwehr. Sie greift demnach, wenn die Waren schon in Kfz-Teile oder Kfz eingebaut sind. Die Versicherung sieht auch die Möglichkeit vor, Ein- und Ausbaukosten bei weniger gravierenden Mängeln zu versichern.
Fazit:
Die neue BGH-Entscheidung sollte Grund genug sein, die eigenen Haftungsrisiken neu einzuschätzen und gegebenenfalls die Versicherungsverträge anzupassen.
Philipp Reusch
Reusch Rechtsanwälte,
Saarbrücken
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