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Den Fehler an der Wurzel gepackt

Softwarelösung verbessert Produktqualität
Den Fehler an der Wurzel gepackt

Mit einem durchdachten Qualitätsmanagement erzielt der Anhänger-Aufbauhersteller Schmitz Cargobull AG Verbesserungen in der Produktqualität. Der Erfolg konnte durch die gute Zusammenarbeit mit dem Hersteller der damit verbundenen Softwarelösung entstehen.

Henning Kublik, stellv. Leiter Qualitätssicherung, Schmitz Cargobull AG, Altenberge

War es anfangs die Qualitätssicherung, die am Wareneingang die Produkte der Zulieferer sowie am Warenausgang das fertige Erzeugnis auf Mängel untersucht hat, so spricht man heute nur noch vom Total Quality Management (TQM). Das Unternehmen beugt somit vor, aufkommende Fehler bereits im Keim zu ersticken. Dazu muss der komplette Verwaltungs- und Fertigungsprozess einschließlich der Zulieferkette permanent betrachtet und optimiert werden. Denn nur bei einwandfreier Qualität aller Einzelkomponenten kann am Ende ein zufriedener Kunde stehen.
Bei der Schmitz Cargobull AG lässt sich das Total Quality Management konkret am Beispiel des Standorts Altenberge verdeutlichen. Hier werden Dreiachs-Sattelauflieger mit Planenaufbau hergestellt. Pro Woche verlassen rund 225 fertige Fahrzeuge das Werksgelände. Die Produktion erfolgt in vier Segmenten: Rahmenbau, Lackieren, Laufwerkmontage und Aufbaumontage. Nur einwandfreie Teilprodukte werden von einem Segment in das andere übernommen. Vor der Weitergabe findet eine Qualitätsprüfung statt.
Der gesamte Datenfluss, der hinter dem Qualitätsmanagement steckt, ist natürlich nur mit entsprechender EDV-Unterstützung machbar. Seit den 80er Jahren gab es bei Schmitz Cargobull das System Targon, damals noch von Siemens-Nixdorf geliefert. Die Softwarelösung war eine Eigenentwicklung, die allerdings nicht jahrtausendfähig arbeitete. Da sie später nicht mit einer Windows-Oberfläche nachgerüstet werden konnte, beschloss der Vorstand Mitte der 90er Jahre, ein komplett neues System zu implementieren, das zudem in seiner Standardform ohne Eigenentwicklung eingesetzt werden sollte.
Sonderwünsche zum Nulltarif
1996 wurde von mehreren Fachabteilungen gemeinsam ein Pflichtenheft erstellt und an alle in Frage kommenden Softwareanbieter verschickt. Diese erhielten die Gelegenheit, sich bei Schmitz Cargobull AG umzusehen und den Ablauf sowie die Anforderungen vor Ort zu begutachten. Nach der Ausschreibung gaben insgesamt acht Softwarehäuser ein Angebot ab. Fünf davon konnten jedoch entweder keine Windows-Oberfläche vorweisen oder wichtige geforderte Funktionen nicht erfüllen und fielen damit wieder heraus. Die drei restlichen blieben in der Endausscheidung.
Wer letztendlich den Auftrag bekommen sollte, musste jedoch noch einen Sonderwunsch von Schmitz Cargobull erfüllen. Es ging um den Fehlercode im Reklamationswesen, der dort in vier Gruppen unterteilt ist: Prüfober- und Prüfuntergruppe, Fehlerart und Fehlerort. Die Besonderheit ist der Fehlerort, der bis dahin in keinem Standardprogramm vorgesehen war. Er macht bei einem Anhänger- und Aufbauhersteller jedoch Sinn, da beispielsweise ein Riss in der Plane exakt lokalisiert werden muss, wenn der Mitarbeiter nicht auf beiden Seiten des Fahrzeugs auf jeweils 13,7 Metern Länge danach suchen soll.
Schmitz Cargobull wollte, dass der Anbieter die vierte Gruppe übernehmen sollte, und zwar in den Standard, mit dem nicht bei jedem Update nachgebessert werden muss. Eine weitere Forderung war die komplette Übernahme aller Fahrzeugdaten in die Qualitätsdatenbank. Während einer der Anbieter diese Zusatzfunktionen nur für einen hohen Aufpreis erfüllen wollte und damit schnell aus dem Rennen war, kam ein anderer mangelhaft vorbereitet zur Präsentation bei dem Vorstand und verspielte dadurch seine Chancen. Am besten erfüllte die IBS AG das Anforderungsprofil, einschließlich aller Optionen. Nach Besichtigung einer Referenzinstallation beim Automobilhersteller Ford in Köln wurde der Auftrag erteilt.
Innerhalb eines Monats hat IBS sein System CAQ=QSYS installiert und die Mitarbeiter von Schmitz Cargobull geschult. Anfangs ließ man noch das alte System parallel dazu laufen, bis alle Anpassungen durchgeführt waren.
Dem Fehler auf der Spur
Gleichzeitig mit der Einführung des neuen Systems hat Schmitz Cargobull auch seine Betrachtungsweise geändert. Der Mitarbeiter im Qualitätswesen ist jetzt nicht mehr Prüfer sondern Trainer. Er arbeitet vor Ort in der Fertigung mit und sein Ziel besteht nicht mehr darin, Fehler aufzudecken, sondern mit den Kollegen daran zu arbeiten, dass diese erst gar nicht entstehen können.
Nach jedem Produktionssegment führt der Qualitätsbeauftragte eine Prüfung durch. Nur wenn die Qualität einwandfrei ist, gibt er das Zwischenprodukt für die nächste Bearbeitungsstufe frei. Er ist direkt vor Ort über ein Terminal mit der Software verbunden und benutzt das Modul SPC (Statistische Prozesskontrolle) vorwiegend zur Fehlererfassung und Dokumentation. Alle gefundenen Fehler landen im Reklamations- und Qualitätskosten – Managementsystem (RQMS), wo sie auch ausgewertet werden. Eine Sofortmaßnahme ist die Weiterschaltung der Fehlermeldung an die verantwortliche Stelle – in diesem Fall an den „Segmentpaten“ im technischen Büro. Dieser bekommt die Meldung direkt auf seinen Bildschirm, woraufhin er, bevor der Fehler auch bei den nachfolgend gefertigten Fahrzeugen auftritt, reagieren kann.
Falls der Mangel durch ein zugeliefertes Teil entstanden ist, wird automatisch eine Lieferantenreklamation in Gang gesetzt. Synergien zwischen Schmitz Cargobull und seinen Zulieferern gibt es durch eine Lieferantenanalyse, die in Zusammenarbeit mit mit dem Softwarespezialisten eingeführt wurde. Sie bewertet Lieferfrequenz, Termin-, Mengentreue und Produktqualität der Zulieferer.
Die während der Produktion erzeugten Reklamationen beinhalten die gesamten Fahrzeugdaten, damit jeder Fehler dem einzelnen Fahrzeug zugeordnet werden kann.
Nachträglich wurde mit Unterstützung eines externen Beraters auch die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) eingeführt, dessen Methodenschulungen exakt zu einem CAQ-Modul passen. Dahinter verbirgt sich eine Wissensdatenbank, in der alle jemals aufgetretenen Fehler einschließlich der Vorgehensweise bei deren Behebung abgelegt sind. In Verbindung mit den anderen CAQ-Modulen entsteht daraus ein Katalog an Maßnahmen einschließlich deren Risikobewertung.
Anbindung über Internet
Alle Garantiearbeiten der Servicepartner werden im CAQ-System erfasst. Mit diesen Daten ist eine genaue Analyse darüber möglich, nach welcher Zeit an welchen Teilen Defekte aufgetreten sind und um welche Art von Defekten es sich handelt. Auch spezielle Auswertungen nach Ländern oder Fahrzeugtypen können durchgeführt werden. Der direkte Kontakt zu den Servicepartnern ist auch bei der Chargenverfolgung sehr wichtig: Meldet beispielsweise ein Zulieferer einen versteckten Fehler, der sich erst einige Zeit nach dem Einbau bemerkbar macht, kann anhand der abgelegten Daten erkannt werden, welche Fahrzeuge davon betroffen sind. Eine Benachrichtigung der Servicepartner lässt sich dann schnell durchführen. Zukünftig kann der Servicepartner fahrzeugtechnische Daten via Internet direkt aus RQMS abfragen.
Zwei Standorte
Das CAQ-System wird derzeit bei Schmitz Cargobull an zwei Standorten getrennt voneinander eingesetzt. Auf dem jeweiligen Server läuft die Oracle-Datenbank in der Version 8.0.5, die Clients vor Ort sind alle mit Windows NT bestückt. Ein Return of Investment ist noch nicht exakt festzulegen. Dazu laufen die verschiedenen Module noch nicht lange genug. Das Softwareunternehmen kann jedoch auf Basis seiner bisherigen über 650 Installationen belegen, dass sich die Investitionen häufig schon nach ein bis zwei Jahren amortisieren. Bei 15 Prozent der Installationen waren die Kosten bereits nach einem halben Jahr eingespart. Mit dem Einsatz der CAQ-Software steigen zwar erfahrungsgemäß anfangs die Fehlerverhütungskosten, weil die Qualitätssicherung im Unternehmen ausgeweitet wird, danach sinken die internen und externen Fehlerkosten durch Ausschuss und Nachlieferung sowie die Prüfkosten jedoch kontinuierlich um bis zu 25 Prozent pro Jahr.
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