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Denk–Fabrik

5. Wissenschaftstage in Magdeburg
Denk–Fabrik

Die Entwicklung der Wissenschaftslandschaft in den neuen Bundesländern am Beispiel der 10 Jahre des Fraunhofer IFF und der heutige Stand der anwendungsorientierten Wissenschaft standen im Mittelpunkt dieser Tagung. Ein Schwerpunkt waren Möglichkeiten und Anwendungen des maschinellen Sehens.

Mit einem Festakt unter dem Thema „Ein Feuerwerk der Forschung“ feierte das IFF Fraunhofer Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung in Magdeburg am 25. Juni seinen zehnten Geburtstag. Das Geburtstagsfest war eingebunden in die 5. Wissenschaftstage des IFF. Das waren drei spannende Tage mit Tagungen zu den Themen autonome und mobile Systeme, visuell-interaktive Simulation in Entwicklung und Training, innovative Dienste für komplexe technische Systeme, Wissensmanagement, E-Learning, maschinelles Sehen und viele andere. Dazwischen war Gelegenheit für Besichtigungen von aktuellen Exponaten im Technikum des IFF.

Zum frohen Feste angereist waren an die 1000 Gäste, welche die Reden und Glückwünsche der honorigen Gratulanten mit begeistertem Beifall unterstrichen. Professor Schenk, Institutsleiter des IFF, begrüßte die Gäste und gab einen Überblick über das Entstehen und den Werdegang des Geburtstagskindes. Magdeburg als Standort des Schwermaschinen- und Anlagenbaus, die Ingenieurgesellschaft für Automatisierung mit Sitz in Magdeburg und die Technische Universität Otto-von-Guericke mit ihrer Profil bestimmenden Fakultät Maschinenbau waren der ideale Boden dieses Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung. Der Gärtner, der dieses Pflänzlein pflanzte und den Boden zu dessen Gedeih bearbeitete war der Gründer und erste Leiter des neuen Instituts, Professor Eberhard Gottschalk. Die Themen erstreckten sich von Fabrikplanung, Produktionsplanung und Produktionslogistik über Qualitätsmanagement bis Instandhaltung und spezielle Anwendungen der Fabrikautomatisierung. Die Vision damals wie heute war eine Geschichte von Antoine de Saint-Exupéry, nach der es das wichtigste sei um ein Schiff zu bauen, die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer zu lehren.
Stürmische Entwicklung
Die Arbeit war so erfolgreich, dass bereits nach einem Jahr die ursprüngliche Befristung aufgehoben wurde und aus der Fraunhofer-Einrichtung das Fraunhofer-Institut wurde. Dann kam 1994 der erste Umzug und ein Führungswechsel, die Institutsleitung übernahmen Professor Kühnle und Professor Schenk. Nach einer stürmischen Entwicklung und einem weiteren Umzug 1998 schied Professor Kühnle im Jahr 2001 aus der Fraunhofer-Gesellschaft aus; ab dem 1. Januar 2002 leitet Professor Schenk allein das IFF. Die positive Entwicklung spiegelt sich auch im Betriebshaushalt wider, der zu Anfang bei 1,6 Mio Euro lag mit einem Eigenanteil von 46,5% und jetzt auf 11,6 Mio Euro anstieg, mit einem Eigenanteil von 71,6%. In diesen 10 Jahren konnten etwa 770 Industrieprojekte mit einem Gesamtvolumen von 30,2 Mio Euro bearbeitet werden. Die Mitarbeiterzahl stieg von ehemals 30 auf heute rund 300, davon 110 fest angestellt. Professor Böhmer, Ministerpräsident Sachsen-Anhalt, betonte, wie wichtig eine leistungsfähige Forschungsinfrastruktur aus Universitäten, Fachhochschulen und außer-universitären Einrichtungen für das Bundesland sind. Zu der hier erbrachten Leistung habe die Fraunhofer-Gesellschaft einen ausgezeichneten Beitrag erbracht. Dr. Wiese, Vorstand der Fraunhofer-Gesellschaft, zitierte einen Wahlspruch der Gründer: „Nicht lange reden, sondern handeln.“ Damals wie heute gelte: das Dazulernen höre nie auf. Das Besondere damals war, die Gründer suchten den direkten Kontakt zu den Wissenschaftlern im Osten – und die packten die Gelegenheit beim Schopf.
Moderne Werkzeuge der Zusammenarbeit
Die Fraunhofer-Allianz Vision, ein institutsübergreifender Verbund für Vision Technologien, zeigte in dem Workshop „Maschinelles Sehen“, dass Vision-Systeme auch eine Grundlage sind für die kooperative Zusammenarbeit von Menschen an getrennten Standorten. Der „Virtuelle Messeplatz“ demonstriert, wie die Leistungsfähigkeit beispielsweise einer Messmaschine einem internationalen Publikum präsentiert werden kann. Bisher führte kein Weg an langwierigen Reisen vorbei. Jetzt können im Rahmen eines virtuellen Messeauftritts Methodik, Technologie, Anwendung und Nutzen innovativer Produkte für den Besucher erlebbar gemacht werden. Der Besucher soll über Internet, unterstützt durch visuelle Systeme, 3D-Grafiken und Animation, die Prozessschritte der Technologie live miterleben können. Dazu wird eine Echtzeit-Koppelung zu einem realen Demonstrator realisiert.
Der Besucher kann entweder dem Geschehen passiv zuschauen oder nach entsprechender Legitimation aktiv in den Prozessablauf eingreifen. Je nach Qualifikation des Besuchers können unterschiedliche Parameter des Messaufbaus für Änderungen freigegeben werden. Das könnte so weit gehen, dass ein Interessent Muster schickt, die in die Messmaschine eingelegt werden. Dann könnte er den Messvorgang vollständig über Internet durchführen und auf die Messprotokolle und Messergebnisse direkt zugreifen. Wesentliche Grenze dieser Zugriffe: Die Sicherheit am realen Ort des Geschehens muss auf jeden Fall gewährleistet sein. Große Messportale erfordern daher immer einen Bediener vor Ort, der darauf achtet, dass sich niemand in der Gefahrenzone aufhält und die Maschine real startet
Den Stand der Entwicklung bei Videokonferenzsystemen zeigte das Fraunhofer-Institut IAO aus Stuttgart dadurch, dass es diesen Vortrag in Stuttgart hielt und per Internet-Verbindung nach Magdeburg übertrug.
Die Teilnehmer in Magdeburg sahen die Folien, die der Vortragende in Stuttgart zeigte und hörten den Vortrag. Die Präsentation erfolgte in guter Qualität, die Sprachwiedergabe entsprach der einer lokalen Lautsprecher-Übertragung.
Exponate im Technikum
Nicht nur ein Pausenfüller sondern ein anschaulicher Exkurs durch angewandte Wissenschaft war der Rundgang durch das Technikum. Hier zeigten reale Anlagen die praktische Umsetzung der theoretischen Überlegungen. Beispielhaft seien hier einige Geräte dargestellt.
Der Virtualizer prüft die geometrische Qualität von Bauteilen in der Fertigung. Die vollautomatische Prüfung erfolgt in den Prozessschritten: Digitalisierung, Analyse und Auswertung.
Ein feststehender Lichtschnittsensor erfasst die dreidimensionale Geometrie des bewegten Bauteils und stellt eine 3D-Punktewolke aus mehreren hunderttausend Messpunkten zur Verfügung. Die Messunsicherheit ist hier bei einem Messvolumen von 0,125 m³ kleiner als 10 mm. Je nach Komplexität der zu erfassenden Merkmale dauert die Messung wenige Sekunden bis etwa fünf Minuten. Die Analyse extrahiert aus der digitalen 3D-Punktewolke qualitative und quantitative Merkmale. Die Auswertung liefert Ergebnisse entsprechend der gewählten Auswertestrategie. Möglich sind: 3D-Schnittgeometrie, Approximation und Lagegeometrie von Regelgeometrien oder die Methode des Best Fit. Interessant ist diese Technik für den Automobilbau und dessen Zulieferer, für die Kunststoff-, Möbel- und Keramikindustrie.
Eine Lösung für alle, die schnell Rohre oder Schlauchleitungen messen müssen ist der Virtualiner (siehe Bild). Mechanische Lehren sind nicht notwendig, aufwändige Spannsysteme ebenso wenig. Das Bauteil in den Messraum legen, die Startposition definieren und starten. Schnell und berührungslos erfasst der Lichtschnittsensor die Center Line. Die Bahn des kartesischen Messroboters wird online ermittelt aus den 3D-Messwerten. Als Ergebnis stehen zur Verfügung: die XYZ-Koordinaten der Center Line Punkte, die Orientierung und Position der Bauteile sowie ein Soll-Ist-Vergleich zwischen Messdaten mit CAD-Modellen. Die kartesischen Koordinaten der virtuellen Schnittpunkte und Austrittspunkte der Geradenabschnitte und die Krümmungsradien stehen in Tabellenform zur Verfügung.
Große Bauteile lassen sich einfach vermessen (siehe Bild). Der Streifenprojektor misst Teile auf einer Grundfläche von 2,5 m x 2,5 m und einer Höhe von 1 m. Darunter fallen so unterschiedliche Blechteile wie Autotüren und Spülbecken. Beulen lassen sich so genau so feststellen wie Maßabweichungen. Für ein Volumen von 500 x 500 x 250 mm liegt die Messzeit beispielsweise bei 30 Sekunden.
Punkt für Punkt
Große Bauteile mit hohen sicherheitstechnischen Anforderungen werden großflächig genietet. Der aufgestellte Messroboter prüft jeden Niet über ein Vision-System. Es wird der Nietabstand und der Überstand des Niets gemessen, fehlende Niete, der Austritt von Dichtmittel und verbliebene Späne aus dem Bohrvorgang werden erkannt. In einem Messvolumen von 10 x 10 x 2 mm erreicht dieser Messroboter eine Genauigkeit von 10 mm. Messzeit: eine halbe Sekunde.
Produktionsfehler oder Werkzeugverschleiß bei der Herstellung von Profilen erkennt ein 3D-Lichtschnittsensor, der stationär angebracht ist, während das Profil durchfährt. Die direkte Auswertung der Messdaten mit folgender Prozessrückkopplung vermeidet Ausschussproduktion. Ein 4 m langes Profil ist in 30 Sekunden gemessen, auf 50 mm genau. Außer Stahlprofile können auch Kantenfehler in der Holz- und Möbelindustrie erkannt werden. [JG]
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