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Der Computertomograph erhält Hilfe vom Roboter

Effizientere Messvorgänge durch Automatisierung
Der Computertomograph erhält Hilfe vom Roboter

Um den Bedienaufwand bei der industriellen Computertomografie zu reduzieren und die Wirtschaftlichkeit und Produktivität zu steigern, hat das Fraunhofer Anwendungszentrum CT in der Messtechnik (CTMT) den gesamten Prozess automatisiert.

Unternehmen profitieren in hohem Maße von der industriellen Computertomographie (CT) als Messmittel in der Produktentwicklung und Qualitätssicherung. Der Betrieb eines CT erfordert allerdings die Anwesenheit eines Bedieners, der das Werkstück in der gewünschten Orientierung im CT platziert, den Vorfilter und weitere Aufnahmeparameter wählt und die Messung startet. Danach muss das Werkstück wieder entfernt und durch das Nächste ersetzt werden sowie neue Aufnahmeparameter eingestellt werden.

Deshalb wurde dieser Prozess am Fraunhofer Anwendungszentrum CTMT des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS automatisiert: Durch Verwendung eines automatischen Filterwechslers, eines Bestückungsroboters und einer automatisierten Positioniereinheit muss kein Personal mehr während der Messung mehrerer Werkstücke anwesend sein. Auch wird der gesamte Messprozess beschleunigt, da der Vorfilterwechsel und die Bestückung der Maschine schneller ablaufen.
Der automatische Filterwechsler ist aus folgenden Gründen notwendig: Röntgenröhren, wie sie im CT verwendet werden, erzeugen ein polychromatisches Spektrum. Das heißt, die Röntgenstrahlung setzt sich aus Photonen unterschiedlicher Energien zusammen. Bei der Durchdringung von Materie werden niederenergetische Photonen mit einer größeren Wahrscheinlichkeit absorbiert als die höherenergetischen. Dadurch kommt es im rekonstruierten Volumen zum Auftreten von künstlichen Strukturen, sogenannte Strahlaufhärtungsartefakte, die nicht im eigentlichen Messobjekt vorhanden sind.
Durch Artefakte kann es zu drastischen Verschlechterungen der CT-Bildqualität kommen, was messtechnische Auswertungen und Defekterkennung im Bauteil stark beeinträchtigen kann. Um diesen unerwünschten Effekt zu reduzieren, werden Vorfilter an der Strahlaustrittsblende der Röntgenquelle befestigt. Mit Hilfe solcher Vorfilter wird der Anteil an niederenergetischer Strahlung verringert, wodurch Strahlaufhärtungsartefakte reduziert werden und die Bildqualität verbessert wird.
Die Wahl des konkreten Filters ist abhängig von Geometrie und Materialzusammensetzung des Werkstücks sowie der Platzierung des Bauteils im Strahlengang. Das hat zur Folge, dass der Filter zwischen zwei CT-Aufnahmen oft ausgetauscht werden muss. Hierfür wurde ein automatischer Filterwechsler konstruiert.
Die Bestückung des Tomographen mit Bauteilen wird gewöhnlich manuell durch einen CT-Bediener durchgeführt. Dies setzt voraus, dass Personal anwesend ist, das den Werkstückwechsel zwischen den einzelnen Messungen händisch durchführt. Mit Hilfe eines Roboters lässt sich der Bestückungsvorgang ohne Anwesenheit des CT-Bedieners durchführen. Dazu wurde ein Palettenwechselsystem entwickelt, sodass der Roboter selbstständig Bauteile aus einem Magazin in den Tomographen stellen und entnehmen kann.
Durch die Automatisierung des Bestückungsvorgangs wird der CT-Bediener entlastet und muss zwischen Messungen nicht mehr anwesend sein. Lediglich zu Beginn der Messreihe ist seine Anwesenheit erforderlich, um die Bauteile auf den Werkstückträgern zu fixieren und in der Haltevorrichtung zu platzieren. Mit Hilfe des Roboters ist es Anwendern nun auch möglich, über Nacht oder an Wochenenden CT-Messungen durchzuführen. Insbesondere bei größeren Stückzahlen führt dies zu einer enormen Steigerung der Wirtschaftlichkeit.
Die Positioniereinheit sorgt für die optimale Ausrichtung des Bauteils
Eine wichtige Voraussetzung für qualitativ hochwertige CT-Aufnahmen ist die Aufspannung und Orientierung des Bauteils im Strahlengang. Zum einen spielt die Zentrierung auf der Drehachse eine große Rolle, damit die zur Verfügung stehende Detektorfläche voll ausgeschöpft werden kann und das ganze Prüfobjekt vollständig erfasst wird. Zum anderen führen hohe Durchstrahlungslängen in der CT-Aufnahme zu unerwünschten Bildartefakten. Durch Kippen des Objekts kann die maximale Durchstrahlungslänge meist verringert werden, was letztlich die Bildqualität der CT-Aufnahme steigert.
Insbesondere bei automatisierten Messabläufen mit Roboter entsteht hierbei das Problem, dass die einmal vom Bediener angefertigte Aufspannung des Bauteils nicht mehr kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert werden kann. Zur Lösung dieses Problems ist es möglich, mittels einer automatisierten Positioniereinheit und entsprechenden Bildanalysemethoden die optimale Bauteillage aus den Durchstrahlungsbildern zu bestimmen und das Bauteil auf Basis dieser Optimierung auszurichten. Ein manuelles Eingreifen ist nicht nötig und der Bedienereinfluss wird reduziert, so dass Bauteile mit hoher Bildqualität gemessen werden. Eine automatisierte Positioniereinheit stellt damit eine ideale Ergänzung zur Roboterautomatisierung dar. Weitere Einsatzmöglichkeiten für Positioniereinheiten sind bereits denkbar. So kann die Positioniereinheit in Kombination mit sogenannten Region-of-Interest (ROI) Rekonstruktionsmethoden eingesetzt werden, um das zu tomographierende Bauteil so im Strahlengang des Tomographen zu positionieren, dass die im CAD-Modell ausgewählten Prüfmerkmale mit optimaler Abbildungsqualität erfasst und gemessen werden können.
Im Zuge der Anwendung von Rekonstruktionsverfahren, die im Gegensatz zur Standard-CT eine beliebige Trajektorie des Prüfobjekts erlauben, ließe sich eine auf die zu erfassenden Prüfmerkmale am Bauteil optimal abgestimmte Bahnkurve der Bauteilbewegung während der CT-Datenaufnahme realisieren. Hierbei könnte die CT-Aufnahmezeit bei gleicher beziehungsweise verbesserter Bildqualität beträchtlich verkürzt werden.
Softwaresteuerung und automatisierte CT-Datenauswertung
Für eine intuitive Bedienung des Systems wurde eine Software mit grafischer Benutzeroberfläche (GUI) entworfen. Diese ermöglicht es dem Bediener, alle relevanten Parameter übersichtlich und für jedes Bauteil individuell einzutragen. Alle Komponenten wie Roboter, Tomograph, Filterwechsler und Positioniereinheit werden von einem zentralen Interface aus gesteuert. Nach Eingabe aller Parameter und Start der Messreihe arbeitet das System alle anstehenden Aufträge ab, ohne dass der Bediener eingreifen muss.
Da die Auswertung der CT-Daten automatisierbar ist, können die erzeugten Daten auch automatisch in die CT-Auswertesoftware geladen, verarbeitet und in einem Prüfprotokoll abgelegt werden. Gerade bei Nacht- oder Wochenendmessungen stehen am darauffolgenden Werktag dem Messtechniker somit alle Prüfergebnisse zur Verfügung. ■
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