Startseite » Allgemein »

Der kleine Unterschied

CCD-Kameras für die industrielle Bildverarbeitung
Der kleine Unterschied

CCD-Kameras begegnen uns im Alltag überwiegend im Zusammenhang mit Unterhaltung und Überwachung. Sie halten mittlerweile auf Grund gesunkener Preise und (insbesondere im Vergleich zu alten Röhrenkameras) hoher Robustheit mehr und mehr in der Messtechnik Einzug.

Ob nun Unterhaltung, Überwachung oder Messtechnik – CCD-Kameras bestehen aus den zwei Grundkomponenten Bildakquisition und Ausgabeeinheit. Die Akquisitionseinheit beinhaltet den eigentlichen Bildsensor während die Ausgabeeinheit das Videosignal generiert. Im Fall von Standardkameras genügt das Videosignal einem internationalen Standard wie CCIR (Comité Consultatif International des Radiocommunications) oder EIA (Electronics Industries Association).

Diese, auf der vergleichsweise alten Technik des Fernsehens (siehe Mäusl 1995) basierenden Standards sind aus Sicht der messtechnisch orientierten Bildverarbeitung mit einigen Nachteilen behaftet. Die vier Abschnitte beschreiben verschiedene Techniken zu deren Überwindung. Den Abschluß bilden die Beschreibungen von Digital- und CMOS-Kameras, die sich gänzlich von Standardkameras unterscheiden.
Voll im Takt:Pixel-synchrone Übertragung
Die Synchronisation von Standard-Videosignalen ist zeilenbasiert: Anfang und Ende der analogen Zeilensignale sind durch die sog. H-Syncs (horizontalen Synchronisationspulsen) gekennzeichnet. Ein solches Zeilensignal trägt keine Information bezüglich der Lage der Pixel. Mithin ist die exakte Abbildung der Pixel eines CCD-Chips in den Arbeitsspeicher des Rechners nicht möglich. Da der Abbildungsfehler determiniert ist, kann man ihn in vielen Anwendungsfällen „herauskalibrieren“. Hochpräzise Messaufgaben und insbesondere die Anwendung der Subpixel-Arithmetik (siehe Bässmann/ Kreyss 1998) erfordern allerdings eine exakte Übertragung der Pixel.
Abbildung 1 zeigt die Lösung der Aufgabe. Der Frame Grabber tastet das Eingangssignal im Takt seiner Pixel Clock ab. Messtechnisch orientierte Grabber bieten die Möglichkeit an Stelle dieser internen Clock eine externe zu nutzen. Dem entsprechend bieten messtechnisch orientierte Kameras die Ausgabe ihrer Pixel Clock zur Steuerung des Frame Grabbers an. Auf diese Weise ist die Übertragung eines jeden Pixels unter Kontrolle. Eine unsaubere Übertragung der Pixel Clock richtet allerdings mehr Schaden als Nutzen an.
Schnappschüsse im richtigen Moment: Trigger-Kameras
Abbildung 2 zeigt von einem Fließband transportierte Werkstücke, deren Qualität durch ein Bildverarbeitungssystem zu prüfen ist. Also muß das Bild eines Werkstücks genau dann „geschossen“ werden, wenn es sich im Gesichtsfeld der Kamera befindet. Die Lösung der Aufgabe beruht auf einer Lichtschranke, die den Frame Grabber und über ein Restart/Reset-Signal die Kamera triggert. Zusätzlich kann man ein Blitzlicht zum Einfrieren der Bewegung nutzen.
Die Idee des Triggerns ist einfach umrissen. In der Praxis steckt der Teufel allerdings in recht vielen Details. Da Trigger-Mechanismen nicht standardisiert sind, warten jede Kamera und jeder Frame Grabber mit „hauseigenen“ Spezialitäten auf.
So ist es z. B. nicht ungewöhnlich, daß der Trigger zuerst die Kamera und diese dann wiederum den Frame Grabber anstößt. Natürlich sind auch die Namen von Trigger-Mechanismen variabel.
Einige sprechen vom asynchronen Shutter andere von Restart/Reset. Typische Beispiele aus dem Lieferprogramm dieses Bremer Herstellers sind die Kameras JAI CV-M50 und Hitachi-Serie KP-M1 bis KP-M3.
Volle Bilder:Progressive Scan-Kameras
Eine weitere „Altlast“ der Videostandards ist das Halbbildverfahren. Dieses ist zwar ein Segen für die Fernsehtechnik, für messtechnische Zwecke an bewegten Objekten aber eher ein Fluch.
Ausgangspunkt seien wiederum die von einem Fließband transportierten Werkstücke (Abb. 2). Die Lichtschranke triggert die Kamera, die daraufhin (gemäss Videostandard) mit der Akquisition der ungeraden Zeilen beginnt.
Der Blitz und/oder eine sehr kurze Belichtungszeit sorgen trotz der Bewegung für ein scharfes Bild. Gemäß CCIR (EIA) werden die gradzahligen Zeilen 1/50s (1/60s) später bearbeitet.
Allerdings ist mittlerweile das Werkstück ein wenig vorgerückt, also zeigen die geraden und ungeraden Zeilen zwei horizontal verschobene Teilbilder. Man spricht hier von einem Kammeffekt.
Eine einfache Lösung ist die ausschließliche Verwendung der ungeraden oder geraden Zeilen und damit die Inkaufnahme einer halbierten Auflösung.
Ist dieses nicht akzeptabel, kommen sogenannte progressive Scan-Kameras zum Einsatz. Sie akquirieren das Bild „in einem Stück“. Derartige Kameras sind üblicherweise triggerbar (s. o.) und verlangen spezielle Frame Grabber.
Typische Beispiele sind die Kameras Sony XC-55 und JAI CV-M10.
In die Sterne sehen:Langzeitintegration
Wenn die maximale Integrationszeit der Videostandards (1/50s für CCIR, 1/60s für EIA) für die Aufnahme schwach beleuchteter Objekte nicht ausreichen, muß die Integrationszeit über die Möglichkeiten der Videostandards hinaus erhöht werden. Leider steigt mit der Integrationszeit auch das Rauschen. Bei Raumtemperatur sollte die Integrationszeit 10 Sekunden nicht überschreiten. Dies ermöglicht eine minimale Beleuchtung von ca. 2 x 10-4 Lux (zum Vergleich: Ein klarer Nachthimmel ohne Mondschein „bietet“ ca. 10 -3 Lux).
Durch Mittelwertbildung über viele Bilder läßt sich das Rauschen drastisch vermindern. Alternativ kann man diesen Aufwand durch Kühlung des CCD-Chips vermeiden und damit das Übel an der Wurzel packen. Die Kühlung erfolgt thermoelektrisch mit Hilfe von Peltier-Elementen. Kühlt man diese wiederum mit einem Luftstrom, kann die Integrationszeit bis zu 15 Minuten (Dies entspricht ungefähr 2 x 10-6 Lux) dauern. Mit einer Wasserkühlung sind bis zu 3 Stunden erreichbar (was ungefähr 2 x 10-7 Lux entspricht).
Da die Langzeitintegration den Videostandards nicht entspricht, benötigen solche Kameras entweder einen Bildspeicher, der das aktuelle Bild bis zum Ende der Integration des nächsten Bildes hält oder einen Trigger-Ausgang, der nachfolgenden Frame Grabbern die Ausgabe eines neuen Bildes anzeigt. Auch hierzu bedarf es natürlich wieder spezieller Frame Grabber.
Typische Beispiele sind die Kameras Kappa FMC 8/1 und Sony DXC-9100.
Total digital:Digitale Kameras
Messtechnisch orientierte Digital-Kameras vermeiden von vornherein die „Altlasten“ der analogen Standard-Kameras. Sie bieten natürlicherweise eine pixel-synchrone Übertragung von Vollbildern und einige (wie die Vistek CA084/85) können sogar die Belichtung zu beliebigen Zeitpunkten starten und beenden.
Die Bildübertragung erfolgt entweder seriell z. B. via Fire Wire (wie die Sony DFW-V 300) oder parallel z. B. via RS-422 (wie die Hitachi KP-F 100). Für die parallele Übertragung gibt es abgesehen von den Pegeln (TTL, RS-422, LVDS) keine Standards. Dies erschwert die Anpassung an den Rechner und führt zu hohen Preisen.
Große Hoffnungen liegen daher auf dem FireWire-Standard (IEEE 1394). Es gibt Hinweise darauf, daß derLieferumfang der PCs bereits in wenigen Jahren über eine FireWire-Schnittstelle verfügt.
Wahlfreier Zugriff:CMOS-Kameras
Die Pixel von CCD-Chips sind Kondensatoren, in denen ein Fotonenstom über eine bestimmte Zeit hinweg Ladung erzeugt. Ein elektronischer Shutter legt diese Belichtungszeit fest. Im Gegensatz dazu basieren CMOS-Sensoren auf fotoempfindlichen, mit einem Widerstand in Serie geschalteten Dioden. Es liegt also eine kontinuierliche Wandlung des Fotonenstroms in eine Ausgangsspannung vor.
Die Eigenschaften von CMOS-Sensoren/Kameras unterscheiden sich deutlich von denen der bekannten CCD-Sensoren/Kameras:
Wahlfreier Zugriff: Da sich die „Umwandlung“ von Fotonen in Elektronen kontinuierlich vollzieht, sind die Pixel eines CMOS-Sensors in beliebiger Reihenfolge und zu beliebiger Zeit zugreifbar.
Entsprechend aufgebaute Kameras verhalten sich also wie ein RAM. Speist man sie mit einer Adresse (in Form eines Spalten- und Zeilen-Indexes), erhält man augenblicklich das korrespondierende Datum (also den Grauwert).
Die Verbindung zwischen einer Anwendungs-Software und einem CMOS-Sensor ist also außerordentlich eng.
Hohe Datenrate: Der wahlfreie Zugriff auf Pixel bedeutet, daß wir nicht länger in Bildern pro Sekunde denken müssen. Entscheidend ist vielmehr die Pixel-Frequenz und die Anzahl der ausgewählten Pixel. Mit einem typischen Pixel-Takt von 5 MHz und einem Bildausschnitt von 100 x 100 Pixeln erhalten wir 500 Bilder pro Sekunde. Sehr hohe Dynamik: Auf Grund spezieller Eigenschaften der CMOS-Struktur ist der Umwandlungsprozeß von Fotonen in Elektronen nicht-linear über sechs Dekaden Lichtintensität. CMOS-Sensoren können daher die glühende Wendel einer 300 W Halogenbirne und die Aufschrift dieser Birne gleichzeitig und ohne geblendet zu sei, aufnehmen (Abb. 3).
Niedriger Preis: Der Herstellungs-Prozeß von CMOS-Bausteinen ist erheblich einfacher, als der von CCD-Bausteinen. Daher ist der Preis messtechnisch orientierter CMOS-Kameras (wie z. B. die Fuga-Serie) bereits heute mit dem von CCD-Kameras vergleichbar.
Literatur
– Bässmann, H; Kreyss J.: Bildverarbeitung Ad Oculos, 3. Auflage. Springer-Verlag: Berlin, Heidelberg 1998
– Berry, R.: Choosing and using a CCD camera – a practical guide to getting maximum performance from your CCD camera. Richmond VA: Willmann-Bell 1992
– Holst, G. C.: CCD array, cameras and displays, Bellingham WA: SPIE Press 1996
Mäusl, R.: Fernsehtechnik – Übertragungsverfahren für Bild, Ton und Daten. Heidelberg: Hüthig 1995
– Nier, M.: Courtot, M. E. (Eds.): Standards for electronic imaging systems. Bellingham WA: SPIE Press 1991
Weitere Informationen A QE 414
Faustregeln zu Kameras
• Messtechnisch orientierte Kameras unterscheiden sich deutlich von Kameras aus dem Unterhaltungs- und Überwachungsbereich.
• Digitale vermeiden die Nachteile von Standard-Kameras von vornher- ein. Der FireWire-Standard zur Übertragung digitaler Daten verspricht in den nächsten Jahren interessante Entwicklungen.
• CMOS-Kameras bieten einen wahlfreien Zugriff auf den Bildsensor, eine hohe Helligkeits-Dynamik und niedrige Preise.
• Der Kammeffekt bei der Aufnahme bewegter Bilder ist auf das Halb- bildverfahren zurückzuführen. Zur Vermeidung nutzt man entweder nur ein Halbbild oder, wenn die volle Auflösung gefordert ist, eine Progres- sive Scan-Kamera.
• Subpixel-Arithmetik setzt eine pixelsynchrone Bildübertragung voraus.
• Eine unsaubere Übertragung von Pixel Clock-Signalen richtet mehr Schaden als Nutzen an.
• Das Prinzip triggerbarer Kameras ist einfach. In der Praxis unterschei- den sich die Kameras von Hersteller zu Hersteller in entscheidenden De- tails. Standards gibt es hier nicht.
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de