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„Die Navigation am Arbeitsplatz“

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„Die Navigation am Arbeitsplatz“

„Die Navigation am Arbeitsplatz“
Sarissa-Chef Volker Jauch zieht Erkenntnisse aus der Laufzeit des Schalls
Volker Jauch, Geschäftsführer der frisch gegründeten Sarissa GmbH aus Weingarten, setzt auf etwas, das man nicht hören kann: Ultraschall. Mit Frequenzen zwischen 16 kHz und 1,6 GHz lassen sich Informationen in den Bereichen Montage und Kommissionierung gewinnen, die bislang nicht zur Verfügung standen.

Herr Jauch, was ist die Kernkompetenz von Sarissa?

Wir überschreiben sie mit Technologie am Handarbeitsplatz. Wir entwickeln Hard- und Software für die Qualitätssicherung mit dem Ziel, Kosten zu senken und Mitarbeiter zu entlasten.
Sie waren zuvor Geschäftsführer eines Unternehmens, das sich mit der Bildverarbeitung beschäftigt hat. Lassen sich die Produkte, die bei Sarissa hergestellt werden, auch unter diesem technischen Überbegriff einordnen?
Sicher nicht. In den letzten Jahren als Geschäftsführer in der Bildverarbeitungsbranche ist unser Team immer wieder auf Problemstellungen gestoßen, die sich mit Bildverarbeitung nur sehr unelegant lösen ließen. Man hätte auch sagen können: Mit der Kneifzange. Die Herausforderung bei Sarissa lässt sich mit dem japanischen Ausdruck Poka Yoke umschreiben, sprich unglückliche Fehler in der Entstehung verhindern. Mit unserem ultraschallbasierten Produkt assyControl erfassen wir dynamische Vorgänge, sprich Bewegungen, Zeitbedarf oder erreichte Orte in festgelegter Reihenfolge. Mit der Bildverarbeitung überprüfen wir dann das Ergebnis. Hier greifen dann die typischen Vision-Techniken wie 2D-Messtechnik, Oberflächeninspektion oder die Vollständigkeitsprüfung. Der Gag ist die Kombination aus Sehen und Hören.
Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?
Ich habe das Unternehmen erst im Januar gegründet, im Moment sind wir zu fünft.
Wie funktioniert die Technik, die Sie entwickeln?
Der Schall, in unserem Fall Ultraschall, bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von 340 Metern pro Sekunde durch die Luft bei 20 Grad Celsius. Temperaturänderungen müssen bei unseren Systemen deswegen auch kompensiert werden. Wenn man verschiedene Empfänger hat, kann man die Laufzeit des Schalls ermitteln und damit den Ort des Senders bestimmen. Wir ermitteln diesen Ort und wissen dadurch, wo das Werkzeug ist. Das Prinzip ist vergleichbar mit dem GPS, unsere Technik ist quasi ein Navigationssystem am Arbeitsplatz.
Was war der Anlass für Sie, Sarissa zu gründen?
Nach dem Verkauf meines früheren Unternehmens im Jahr 2005 und der darauf folgenden beratenden Tätigkeit wollte ich es noch mal wissen. Der Ruhestand mit Anfang 50 kam für mich nicht in Frage.
Betreten Sie Neuland mit Ihrer Firma? Wie schätzen Sie den Wettbewerb ein?
Die Technik gibt es schon lange, Ultraschall ist nichts Neues. Aber wie immer steckt das Know-how in der Anwendung. Entscheidend ist, was man damit macht. So gesehen haben wir bislang keinen erkennbaren Wettbewerber. Von der Funktion her gibt es Vergleichbares, manche Anbieter arbeiten zum Beispiel mit Lichtschranken oder Klappen. Allerdings sind diese Systeme nicht so flexibel wie unseres, die kann man nicht einfach umprogrammieren. Bei den Lösungen des Wettbewerbs ist der Aufwand sehr groß, den Handarbeitsplatz umzugestalten. Zum Beispiel dann, wenn man etwas anderes produzieren will oder wenn sich die Losgröße ändert. Mit unserem System geht das einfach, etwa über einen Barcode.
Auf der Fachmesse Motek wurde die Technik, die Sie heute anbieten, auch von der Otto Kind AG vorgestellt. Gibt es da einen Zusammenhang?
Ja. Vor zwei Jahren hat die Otto Kind AG mit mir als externem Projektleiter das System assyControl entwickelt. Die Entwickler haben es geschafft, innerhalb von neun Monaten vom ersten Entwurf bis zur Markteinführung zu kommen. Es hat alles gepasst: Das Know-how von Otto Kind hinsichtlich der Anforderungen bei Handmontageplätzen, das Wissen der Softwareentwickler in Bezug auf moderne Werkzeuge und Architekturen und schließlich meine Erfahrungen aus dem Bereich der Bildverarbeitung. Heute sind die damals maßgeblichen Entwicklungsingenieure ein Teil des Teams von Sarissa. Zwischen uns und der Otto Kind AG besteht ein Partnervertrag.
Und wie sieht der aus?
Sarissa ist exklusiver Partner der Otto Kind AG für die weitere Entwicklung und Fertigung des Produkts assyControl. Dazu gehören auch Produktpflege, Kundensupport, Service und Applikationen. Den weltweiten Vertrieb teilen wir uns.
Welche Branchen wollen Sie mit Ihrer Technik bedienen?
Im Moment zielen wir primär auf die Automobilbranche, sprich Montage und Kommissionierung. Wir wollen aber langfristig auch in der Pharmazie und im Lebensmittelbereich Fuß fassen. Wem ist es noch nicht passiert, dass er im Flieger den falschen Salat auf dem Tablett hatte? Wenn das Tablett nicht richtig bestückt ist, gibt es Ärger. Dahinter steckt nichts anderes als eine Kommissionieraufgabe. Unsere Technik hilft dabei, solche Fehler zu vermeiden. Ich bin bereits mit einer Fluggesellschaft im Gespräch.
Gibt es noch weitere konkrete Anwendungen?
In den Bereichen Montage und Kommissionierung gibt es bereits Applikationen. Auf der letzten Control zeigten wir ein Beispiel mit einem Drehmomentschlüssel, das auch aus einer konkreten Anwendung stammt.
Beschreiben Sie ein Beispiel, wo die Technik anschaulich zum Einsatz kommt.
Das ist gerade die Geschichte mit dem Drehmomentschlüssel. Der Schlüssel liefert das Drehmoment und den Winkel als elektrisches Signal. Nur eine Information stand bislang nicht zur Verfügung: Wo wurde das Drehmoment erreicht? An welcher Schraube? War es an der Lenkung? Unser System kann auch dokumentieren, in welcher Reihenfolge Schrauben angezogen wurden. Nach meinem Wissensstand ist das einmalig.
Und wie funktioniert das?
Ganz einfach: Am Drehmomentschlüssel sind drei Ultraschallsender in einem bekannten Abstand montiert. Mit unserer Software können wir daraus ableiten, wo sich die Werkzeugspitze befindet. Und damit haben wir auch den Ort der Schraube, die angezogen wurde.
In Zusammenhang mit dem neuen Produkt verwenden Sie gerne die Wortschöpfung „Track’n-Train“. Was meinen Sie damit?
Das ist eine kurze Zusammenfassung der zweiten Funktion von assyControl. Außer als Qualitätsüberwachungssystem kann das Produkt auch als Ablaufrecorder und Trainingssystem eingesetzt werden. Die einzelnen Schritte in der Montage – also Orte, Zeiten, Reihenfolge, Geschwindigkeiten und Wege – lassen sich aufzeichnen, von der Arbeitsvorbereitung mit Bildern ergänzen und als Arbeitsanweisung wiedergeben.
Und was bringt das?
Der Nutzen ist groß: Unternehmen, die mit einer großen Personalfluktuation zu kämpfen haben, sparen sich einen Großteil der Einarbeitungskosten. Aber auch dann, wenn das Personal selten wechselt, gibt es immer wieder Momente der Unsicherheit. Dann freut sich der Mitarbeiter, wenn er detaillierte Unterstützung am Bildschirm, der sich direkt vor ihm befindet, einfach abrufen kann.
Wie ist die Akzeptanz bei den Anwendern? Bekommen Sie nicht Probleme mit dem Datenschutz?
Nein. Die mitgeschriebenen Daten werden keiner Person zugeordnet und lassen sich nicht auslesen. In diesem Punkt konnten wir schon so manchem Betriebsrat seine Sorgen nehmen.
„Der Clou bei unserer Technik ist die Kombination aus Sehen und Hören.“
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