Im Juli 2009 fielen nach einem Spannungseinbruch im gesamten Hamburger Stadtgebiet 14 Wasserwerke aus. Der abrupte Ausfall der Pumpen in den Wasserwerken verursachte einen Druckstoß, der sich wie eine Schockwelle im Wassernetz ausbreitete und die Rohrleitungen bis an ihre Grenzen belastete. Als dann wieder Strom vorhanden war und die Wasserwerke langsam wieder anliefen, zerstörte der sich aufbauende Druck die zuvor geschädigten Leitungen. Gut 100.000 Einwohner aus Hamburg hatten für viele Stunden kein Wasser.
Die Anlagendimensionen in Firmen lassen sich kaum mit denen Hamburgs vergleichen, aber die Auswirkungen von Druckstößen sind hier gleichermaßen fatal: Rohrleitungen können platzen, Halterungen und weitere Anlagenteile beschädigt werden, auch Armaturen, Pumpen und Fundamente leiden darunter. Die unerfreulichen Folgen sind teure Reparaturen, Maschinenstillstände und damit Produktionsausfälle. Dabei gibt es noch „schlafende“ Gefahren, denn Schäden an Rohrleitungen sieht man mitunter nicht sofort. Deshalb werden solche Systeme mit Druckdämpfern und Sensoren ausgestattet. Aber leider reicht das nicht aus, denn diese Kombination eignet sich nicht dazu, extreme Druckspitzen zu erkennen und zu erfassen.
Die Ursache der Druckstöße ist, dass bei bewegten Flüssigkeiten in Rohrleitungen unter dem Einfluss der Massenträgheit der Druck stark ansteigt. Da Wasser praktisch nicht komprimierbar ist, ist der Druckanstieg hier besonders hoch. Die Wirkung ähnelt der eines festen Gegenstands, der mit voller Wucht an eine Wand kracht. Dabei gilt: Druckstöße, ob in fluid- oder gasgefüllten Rohrsystemen, sind generell unvermeidlich, da man Ventile nicht unendlich langsam schließen lassen kann. Also bleiben nur die fatalen Auswirkungen solcher Druckstöße einzudämmen, weshalb man Druckdämpfer in die Leitungssysteme einbaut.
Druckdämpfer reichen alleine nicht aus, um Schäden zu vermeiden. Die Überdruckventile in Druckdämpfern sprechen zwar an, wenn eine gewisse Druckgrenze überschritten wird, aber für Überdruckspitzen, die in Millisekunden auftreten können, sind sie zu langsam. Deshalb ist es sinnvoll, zum Beispiel ein spezielles Manometer wie das Leo 5 von Keller Druckmesstechnik zur Überprüfung des Systems zu integrieren. Dieses Manometer misst den Druckverlauf bis zu 5.000 Mal pro Sekunde und erkennt so sämtliche Druckextreme mit hoher zeitlicher Auflösung. Da die Auswertung den Druckverlauf auf Tage, Stunden, Minuten und Sekunden genau anzeigt, kann auf diese Weise bequem Ursachenforschung betrieben werden. So wurde in einem Fall festgestellt, dass aufgetretene Druckspitzen im Frischwassersystem die Folge eines Feuerwehreinsatzes waren.
Leo 5 kombiniert präzise Sensorik mit schneller, hochauflösender Signalverarbeitung, Spitzenwerterfassung und einem Speicher mit Zeitstempel. All das befindet sich in einem robusten Edelstahlgehäuse mit Sicherheitsglas. Das große LCD-Display ist durch die 16 mm Ziffernhöhe und Hintergrundbeleuchtung, unabhängig der Lichtverhältnisse, sehr gut ablesbar. Die kapazitiven Touch-Tasten ermöglichen die Navigation der Einstellungen und Messwerte.
Wirkungsvoller Schadensschutz
durch ständige Überwachung
In seinem speziellen Druckspitzen-Analysemodus bietet das Manometer eine Abtastfrequenz von 5 kHz und eine Auflösung des Analog/Digital-Wandlers von 16 Bit. Im normalen Messbetrieb mit der exakten Überwachung von Grenzwerten werden die Drücke zweimal pro Sekunde mit einem A/D-Wandler von 20 Bit gemessen und angezeigt. Das kleinste konfigurierbare Speicherintervall beträgt eine Sekunde. Insgesamt bietet der Manometerspeicher von Keller Platz für über 50.000 Druckspitzen-Werte samt Temperatur und Zeitstempel. Über die USB-Schnittstelle lässt sich das Gerät mit einem Computer verbinden und durch die kostenlos erhältliche Software „Logger 5“ konfigurieren und auslesen. Die aufgezeichneten Daten können grafisch dargestellt, ausgewertet sowie weiterverarbeitet werden.
Die Leo 5 Geräteserie umfasst sieben Standard-Messbereiche zwischen 3 und 1000 bar. Im Temperaturbereich von 0 bis 50 °C liegt das Gesamtfehlerband des Drucks innerhalb von 0,1 % FS. Bei stabilen Temperaturverhältnissen erreicht das Manometer bei spezifischen Ausführungen eine Präzision von ±0,01 % FS – hat also Referenzqualität.
Für schlecht erreichbare oder bewegliche Messorte besitzt Leo 5 optional eine Bluetooth-Funkschnittstelle. Die Parametrierung und Datenübertragung erfolgt über die USB- oder Bluetooth-Schnittstelle, über die bei Bedarf auch eine kundenspezifische Firmware-Variante eingespielt werden kann.
Das Manometer besitzt einen hohen Schutzgrad bis zu IP 66, wobei zu bemerken ist, dass in Industrieanlagen typischerweise nur IP 54 verbaut wird. Über die Schnittstelle lassen sich aktuelle Messwerte sowie aufgezeichnete Messdaten (Druck, Druckspitzen, Temperatur, Messzeit) aus dem Speicher auslesen. Mittels USB wird der integrierte Akkumulator aufgeladen, wodurch das Manometer autonom betrieben werden kann. Die Akkuladung hält bei konstantem Betrieb einer Normalmessung circa einen Monat, bei einer Peak-Messung rund zwei Wochen. ■
Die Autoren
Marcel Gautschi
Entwicklungsleiter
Digitale Geräte
Denys Schellenberg
Sales Manager
Keller
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