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Effizientes Prüflabor

Komplexe Laborsteuerung mit CAQ-Modullösung
Effizientes Prüflabor

Die Verknüpfung von Materialprüfmaschinen mit einer CAQ-Laborsoftware und der unternehmensweiten Standardsoftware SAP R/3 erhöht die unternehmerische Wirtschaftlichkeit der Kupfer- und Messing GmbH in Hettstett. Dadurch erzielten die Mansfelder eine bessere Transparenz im gesamten Qualitätsmanagementsystem, die es weiterhin auszubauen gilt.

Christian Borchers, ddw Computersysteme GmbH, Lübeck; Matthias Dieckmann und Sven Fischer, MKM Mansfelder Kupfer- und Messing GmbH, Hettstedt; Werner Doll und Uli Milde, Zwick Materialprüfung GmbH, Ulm.

Als einer der ältesten Hersteller von Halbzeugen Deutschlands besitzt die ostdeutsche Mansfelder Kupfer- und Messing GmbH in Hettstedt (MKM) eine annähernd hundertjährige Branchenerfahrung. Mit seinem sehr breiten Produktsortiment, einer eigenen Kupferhütte und rund 700 Mio. DM Umsatz, erwirtschaftet von 1 200 Mitarbeitern, zählt MKM zu den größten Unternehmen dieser Art in Europa. Nach der Wende wurde MKM erfolgreich umstrukturiert und mit einem Investitionsvolumen von einer halben Milliarde DM in wesentlichen Bereichen modernisiert. Die Qualitätssicherung hat diese Gelegenheit für den Aufbau eines an den neuesten Standard der Anlagentechnik angepassten Qualitätsmanagement-Systems genutzt. Die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001 durch Lloyd’s Register Quality Assurance sowie die Zulassung u. a. durch den TÜV-Nord sind Ausdruck des erreichten Stands.
Der Implementierung des CAQ-Systems ging eine zweijährige Vorbereitungsphase voraus. Dazu gehörte die systematische Sichtung sowie teilweise Teststellung auf dem Markt befindlicher Lösungsansätze.
MKM hat sich schließlich für ein Konzept entschieden, das in enger Zusammenarbeit mit einem Lübecker CAQ-Spezialisten und einem Ulmer Materialprüfgeräte-Hersteller entwickelt worden ist. Das Konzept sieht eine Verknüpfung der CAQ-Laborsoftware mit der unternehmensweiten Standardsoftware SAP R/3 und den bereits vorhandenen bzw. neu angeschafften Materialprüfmaschinen vor. Die erste Implementierungsphase wurde Ende Juli diesen Jahres nach nur sechs Monaten erfolgreich abgeschlossen.
Vom Schrott zum Halbzeug
Die sehr breit gefächerte Produktpalette reicht von Kupfer-Blechen und Bändern über Rohre, Stangen bis zu Drähten. Daneben werden auch Halbzeuge aus Messing, Bronze und Sonderwerkstoffen hergestellt. Aus der eigenen, der Halbzeugfertigung vorgeschalteten Kupferhütte wird aus Schrott über Anoden zu Kathoden das Rohmaterial gewonnen.
Die Anwendungsbereiche der Kupferhalbzeuge sind sehr vielfältig und heterogen – vom Bauwesen, der Automobil- und Elektrotechnik, dem Energiewesen bis hin zu den Vorprodukten für Komponenten in der Halbleiter- und Mikroprozessor-Fertigung. MKM versorgt diese Kundensegmente im gesamten europäischen Markt, der zudem von einem extrem starken Preis- und Qualitätswettbewerb geprägt ist. Entsprechend vielfältig und anspruchsvoll sind daher auch die Kundenerwartungen an Produktgüte und -verfügbarkeit.
In dieser Situation haben die Mansfelder auf eine umfassende und konsequente Modernisierung ihres Qualitätswesens gesetzt. Eine wesentliche Grundsatzentscheidung der Qualitätssicherung war es, für alle betroffenen Unternehmensbereiche ein einheitliches CAQ-Konzept zu realisieren.
Hohe Anforderungen an ein CAQ-System
Zu berücksichtigen waren dabei die anlagentechnisch bedingt unterschiedlichen Anforderungen der Bereiche „Bleche/Bänder“, „Rohre/Stangen“, „Drähte/Seile“ sowie des Zentrallabors mit der chemischen Analytik. Das neue CAQ-System soll bis Mitte nächsten Jahres sukzessive unternehmensweit realisiert werden. Als Pilotprojekt diente der Bereich „Bleche/Bänder“, in dem es neben einer großen Produktvielfalt auch eine Vielzahl von Produktvarianten durch rund 50 verschiedene mögliche Legierungen sowie sehr unterschiedliche Produktionsbedingungen gibt.
Die Qualitätssicherung betreibt neben der chemischen Analytik, der Metallphysik auch die mechanische Werkstoffprüfung sehr umfassend. Alle dabei anfallenden Datenmengen ergeben täglich rund 500 Proben mit bis zu 20 Prüfmerkmalen pro Prüfung. Insgesamt fallen damit rund 200 000 Prüfmerkmale pro Monat an.
Für die rechnergestützte mechanische Werkstoffprüfung kommen zehn Materialprüfmaschinen mit einer Prüfkraft zwischen 2,5 – 1 000 kN zum Einsatz. Dabei werden sowohl Geräte der neuesten Baureihe wie auch Altgeräte aus MKM-Bestand verwendet, die der Prüfmaschinenhersteller speziell für rechnergestützte Qualitätsprüfungen modernisiert hat.
Alle genannten Anwendungsbedingungen stellten erhebliche Anforderungen an die Flexibilität einer geeigneten CAQ-Software. Die Einbindung von SAP R/3 kam als weitere Anforderung noch hinzu. Nach eingehender Sichtung mehrerer Lösungsansätze fiel die Entscheidung auf das CAQ-System des Lübecker Systemhauses. Ausschlaggebend war dafür, dass die teilweise bereits vorhandenen Materialprüfmaschinen in das CAQ-System integriert und beide Teile individuell auf MKM-Bedürfnisse konfiguriert werden konnten.
Möglich wurde dies durch die gemeinsam entwickelte Standardschnittstelle zwischen der CAQ-Software und der testXpert-Software der Materialprüfmaschinen. Außerdem haben beide Anbieter ein überzeugendes, gemeinsam entwickeltes MKM-Konzept auf der Basis ihrer Erfahrungen aus ähnlichen Projekten in der Metall- und der Kunststoffbranche vorlegen können.
Effizientes Labormanagement
Das Laborkonzept sieht eine klare Aufgabentrennung der beteiligten Systemkomponenten vor. Jede Komponente wird auf das beschränkt, was sie jeweils am besten beherrscht.
• SAP R/3 verwaltet alle Kunden-Auftragsdaten, stellt relevante Parameter zur Verfügung und verarbeitet die zurückgemeldeten Verwendungsentscheide.
• Das CAQ-System dient der kompletten Prüfplanung, Verwaltung der Proben sowie zur Dokumentation der Prüfergebnisse und Erstellung der Prüfzertifikate.
• Die Prüfgeräte-Software testXpert übernimmt u. a. die Maschinensteuerung und dient der Aufbereitung sowie ersten Darstellung der Prüfergebnisse aus der Materialprüfmaschine heraus.
Herzstück des Labor-Managementsystems ist die CAQ-Software LabReport. Dieses autark funktionsfähige Modul wurde für die MKM-Anwendung mit individuellen Schnittstellen zum Unternehmenssystem SAP R/3 konfiguriert. Zur testXpert-Software besteht eine seit Jahren standardisierte Schnittstelle, mit der das komplette Leistungsspektrum beider Systeme miteinander kombiniert wird.
Die gesamte Prüfabwicklung ist chargenorientiert aufgebaut und erfolgt in vier Schritten:
  • 1. Buchung eines Kundenauftrags durch den Vertrieb in SAP R/3,
  • 2. Erstellen des Prüfauftrags in LabReport,
  • 3. Probenablauf mit Abarbeitung der Prüfauf- träge über LabReport und testXpert,
  • 4. Verwendungsentscheid mit Rückmeldung zu SAP R/3.
Der Datenaustausch zwischen LabReport und testXpert erfolgt automatisiert in beiden Richtungen.
Die Rückmeldung des Verwendungsentscheids zu SAP R/3 wird in der jetzt laufenden Erfahrungsphase aus Sicherheitsgründen noch manuell von dem verantwortlichen QS-Mitarbeiter vorgenommen. Später wird die direkte, automatische Rückmeldung durch LabReport aktiviert.
Einmal erstellen – mehrfach nutzen
Die Liefermenge an den Kunden steht in der Regel erst mit der Erstellung des Lieferscheins bei i. O.-Prüfergebnissen fest. Produktionstechnisch bedingt kommt es regelmäßig zu Restmengen aus einzelnen Fertigungsaufträgen. Für neue Fertigungsaufträge würde in der Regel ebenfalls eine neue Prüfung erstellt werden müssen. Das CAQ-Konzept erlaubt es jetzt jedoch, mit Hilfe von LabReport die Ergebnisse bereits erfolgter Prüfungen, auch bei Zuordnung der Restmengen zu neuen Fertigungsaufträgen wieder abzurufen und im Zertifikat zu verankern.
Bei Kundenaufträgen vor allem kleinerer Mengen kann MKM auf diese Weise sehr viel schneller reagieren und ausliefern. Aber auch bei größeren Mengen identischer neuer Produktionsaufträge entfällt das Anlegen neuer Prüfpläne. Durch dieses Verfahren, Prüfpläne einmal zu erstellen und mehrfach zu nutzen, ist es der QS möglich, viele Fehlerquellen von vorneherein auszuschließen. Gleichzeitig trägt die QS aber vor allem mit minimalem Aufwand zu einer höheren unternehmerischen Wirtschaftlichkeit bei.
Rückblick
Nach der ersten Realisierungsphase wurden die anfänglichen Erwartungen in vollem Umfang erfüllt. Hervorzuheben ist dabei insbesondere der kurze Realisierungszeitraum von einem halben Jahr sowie die Funktionsstabilität und hohe Flexibilität des CAQ-Systems. Neben den maschinell ermittelten Prüfergebnissen können auch weiterhin anfallende manuelle Prüfwerte aus nicht-rechnergestützten Verfahren in LabReport eingegeben werden.
In der konkreten Alltagsroutine des Labors bestätigen Labormitarbeiter, die bisher wenig Erfahrung im Umgang mit Rechnern hatten, die intuitive Benutzeroberfläche und leicht verständliche Bedienerführung der LabReport- und testXpert-Software. Bereits nach kurzer Einarbeitungszeit zeigen die beteiligten Mitarbeiter eine hohe Motivation und Bedienungssicherheit.
Insgesamt wurde mit diesem Projekt unter Beweis gestellt, dass eine individuelle, effizient funktionierende und kostengünstige Systemlösung aus vorhandenen Standardmodulen entwickelt werden kann – Materialprüfmaschinen wie CAQ-Software. Als Voraussetzung hat sich die enge Projektpartnerschaft der QS mit dem CAQ- Systemlieferanten, Prüfmaschinenanbieter und der hauseigenen IT erwiesen. Insofern kann der vorgestellte Lösungsansatz auch als Anregung für andere, ähnlich komplexe Branchen angesehen werden.
Wie es weitergeht
Die Ausarbeitung eines Feinkonzeptes für den nächsten Unternehmensbereich hat bereits auf der Basis der gewonneenn Erfahrungen im Bereich Bleche/Bänder begonnen. In zwei Etappen werden weitere Materialprüfmaschinen in das CAQ-System eingebunden. Danach folgt die Integration der chemischen Analytik unter anderem mit Spektrometern sowie Sauerstoff-Wasserstoff-Analysegeräten. Im letzten Schritt wird schließlich das CAQ-System um Module für statistische Auswerteverfahren sowie für die Prüfmittelverwaltung ergänzt. Mit dem CAQ-Konzept ist die QS zukünftig in der Lage, gleich mehrere Unternehmensziele mit zu unterstützen:
l schnellere Prüfzyklen, schnellere Auslie- ferung,
– zuverlässige Reproduzierbarkeit von Pro- dukten,
– schnellerer und zuverlässiger Qualitäts- nachweis bei Produktneuentwicklungen,
l rechnergestützte Datensicherung und -archivierung,
l höhere QS-Effizienz bei gleicher Personal- stärke.
Darüber hinaus ist damit ebenfalls eine Basis geschaffen, um eine bessere Transparenz im gesamten Qualitätsmanagementsystem zu erreichen.
Buchung eines Kundenauftrags
Der Vertrieb gibt die individuellen Auftragsdaten in SAP R/3 ein. Im wesentlichen dreht es sich dabei um Kundenangaben, Produktbezeichnung, Produktzustand, Produktabmessung, Bestellmenge, Qualitätsnorm und Liefertermin. Diese Angaben fließen sowohl in die Produktionsplanung, -steuerung, Einsatzplanung und Terminierung wie auch direkt in die Prüfplanung mit LabReport ein.
Prüfplandefinition
Bereits im Vorfeld der Auftragsbearbeitung wird der Prüfplan anhand von drei eindeutigen Produktmerkmalen definiert, die in jedem Kundenauftrag enthalten sind: Legierung, Zugfestigkeit und Materialdicke. Dazu erhält der QS-Mitarbeiter nach jedem Download der SAP R/3-Daten auf der LabReport-Bildschirmmaske sofort einen Überblick der neu hinzugekommenen Aufträge sowie die Angabe, ob dazu bereits Prüfpläne existieren oder ein neuer angelegt werden muss.
Ist ein neuer Prüfplan anzulegen, so erlaubt LabReport einen komfortablen und flexiblen Umgang mit den Prüfparametern. Es können Vorgaben nach der deutschen DIN-Norm, europäischer oder außereuropäischer Normen verwendet werden – entweder in vollem Umfang oder nach kundenspezifischer selektiver Einschränkung der jeweiligen Norm. Selbst normunabhängige Sonderwünsche der Kundenliefervorschriften werden berücksichtigt. Als letztes erfolgt die Vorgabe, ob und mit welchen Angaben ein Prüfzertifikat ausgedruckt werden soll (mechanische, chemische Prüfwerte, TÜV-Abnahme). Nach Inbetriebnahme dieser ersten Ausbaustufe des CAQ-Systems sind bereits rund 500 Prüfpläne in der CAQ-Datenbank abrufbereit verfügbar.
Probenlauf mit Abarbeitung der Prüfaufträge
Ist ein Prüfplan abschließend in LabReport definiert worden, erstellt das Programm automatisch den kompletten Prüfauftrag und sogenannte Teilprüfaufträge mit der jeweils erforderlichen Anzahl der vorzunehmenden Detailprüfungen. Diese werden nun noch um die Probenangaben aus der Produktion ergänzt: Charge, Ring-Nummer und der Proben-Nummer. Danach lädt LabReport diese Teilprüfaufträge in das testXpert-Programm des jeweils betreffenden Labor-Arbeitsplatzes mit der entsprechenden Prüfmaschine. Auf diese Weise wird eine schnelle und gezielte Abarbeitung des Prüfplans gewährleistet.
Zur Bearbeitung der Teilprüfaufträge erhalten die Labor-Mitarbeiter jeden einzelnen Prüfauftrag in ausgedruckter Form. Der Probenlauf beginnt mit dem Aufrufen des zur vorliegenden Probe zugehörigen Teilprüfauftrags im Rechner der Prüfmaschine mittels eines Barcode-Lesers. Danach erfolgt die Steuerung der Materialprüfmaschine automatisch. Die Prüfergebnisse aus den rechnergestützten Prüfmaschinen werden zunächst in der testXpert-Software grafisch dargestellt und danach über die Standardschnittstelle automatisch zu LabReport exportiert. Prüfergebnisse aus anderen, nicht rechnergestützten Prüfvorrichtungen werden bei Bedarf manuell direkt in LabReport eingegeben.
Verwendungsentscheid
Nach Abschluss des einzelnen Probenlaufs meldet testXpert die Ergebniswerte automatisch zu LabReport zurück und legt eine Sicherungskopie auf dem Zentralserver an. Sind alle Prüfungen i. O. lässt sich das Zertifikat bei Bedarf auf Knopfdruck aus LabReport heraus erstellen. Ansonsten erfolgt eine Sperrung der Lieferung mit Hinweis auf die n. i. O.-Merkmale.
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