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Ein Fingerzeig genügt

Intelligente Gestensteuerung unterstützt Qualitätsprüfer
Ein Fingerzeig genügt

Fraunhofer-Forscher haben eine Technik entwickelt, um die Qualitätskontrolle schneller und effizienter zu machen. Durch eine Zeigegeste können Mitarbeiter in Karosserieteilen entdeckte Fehler ins Prüfsystem eingeben und dokumentieren. Das System wird zur Zeit beim Autobauer BMW auf seine Alltagstauglichkeit getestet.

Fraunhofer IOSB, www.iosb.fraunhofer.de Wie der Smart Control Room funktioniert, zeigt ein Video des Fraunhofer IOSB.

Akribisch nimmt der Qualitätsprüfer den Stoßfänger unter die Lupe und untersucht ihn auf Lackschäden. Schließlich dürfen nur einwandfreie Karosserieteile in die Endmontage gelangen. Findet er einen Fehler im Lack,genügt ein Fingerzeig, um den Mangel an das Prüfsystem weiterzuleiten, zu speichern und zu dokumentieren. Visuelles Feedback erhält der Mitarbeiter über einen Monitor, der eine 3D-Rekonstruktion des Stoßfängers anzeigt.
Was auf den ersten Blick futuristisch wirkt, könnte schon bald Alltag in der Qualitätssicherung werden: Forscher des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) in Karlsruhe haben die intelligente Gestensteuerung im Auftrag der BMW Group entwickelt. Künftig soll sie aktuelle, zeitaufwändige Prüfverfahren ablösen.
„Bislang muss sich der Prüfer alle aufgespürten Fehler merken, seinen Arbeitsplatz verlassen, zum PC-Terminal gehen, mehrere Eingabemasken bedienen und dann die Position der Fehler sowie die Fehlerart festhalten. Das ist umständlich, zeitintensiv und fehleranfällig“, sagt Alexander Schick, Wissenschaftler am IOSB. Die Gestensteuerung hingegen verbessert seiner Meinung nach die Arbeitsbedingungen des Prüfers entscheidend und bewirkt eine deutliche Zeitersparnis. Der Mitarbeiter kann am Arbeitsplatz stehen bleiben und direkt mit dem Untersuchungsobjekt interagieren. „Ist der Stoßfänger in Ordnung, wischt er von links nach rechts über ihn. Im Schadensfall zeigt er auf die Position des Fehlers“, so Schick.
3D-Tracking erfasst Personen und Objekte in Echtzeit
Basis für die berührungslose Gestenerkennung sind 3D-Daten. Der komplette Arbeitsplatz muss daher zuvor in 3D rekonstruiert werden. Das umfasst sowohl den Menschen, als auch das Objekt, mit dem er sich beschäftigt. „Wie sieht die Person aus, wo befindet sie sich, wie bewegt sie sich, was tut sie, wo ist das Objekt – all diese Informationen sind erforderlich, um die Zeigegesten korrekt mit dem Stoßfänger verknüpfen zu können«, erläutert der Forscher.
Um die Gestensteuerung zu ermöglichen, setzen die Experten ein 3D-Körpertracking ein, das die Körperhaltung der Person in Echtzeit erfasst. Auch das Karosseriebauteil wird getrackt. Die Hardware-Anforderungen sind dabei gering: Ein Standard-PC sowie zwei Microsoft Kinect-Systeme – bestehend aus Kamera und 3D-Sensoren – genügen, um die Rekonstruktion zu realisieren.
Die entsprechenden Algorithmen, die mehrere 2D- und 3D-Bilder fusionieren, haben Schick und sein Team speziell für diesen Anwendungsfall entwickelt und auf die Anforderungen der BMW Group angepasst. „Keimzelle für diese Technik ist unser Smart Control Room, in dem Personen ganz natürlich mit dem Raum interagieren“, berichtet Schick. „Sie können mit Zeigegesten entfernte Displays ohne Zusatzgeräte bedienen. Der Raum erkennt, welche Handlungen gerade stattfinden und bietet dazu die passenden Informationen und Werkzeuge an. Da die Gestenerkennung unabhängig von den Displays ist, sind wir in der Lage, Anwendungen umzusetzen, die keine Monitore verwenden, wie hier die Gesteninteraktion mit echten Gegenständen«, so Schick weiter. Dabei spiele es keine Rolle, um welche Art von Objekt es sich handelt. Statt des Stoßfängers ließe sich auch ein anderes Bauteil tracken.
Die Technologie lässt sich nachträglich mit geringem Aufwand in bestehende Produktivsysteme integrieren. Über ein spezielles Interface-Modul konnten die Wissenschaftler ihr effektives Verfahren in das System der BMW Group einbinden. Das Gestenerkennungs-System wird auf der Hannover Messe 2013 vom 8. bis 12. April am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand in Halle 2, Stand D18 vorgestellt.
Seit Januar 2013 ist ein Demonstrator im BWM Werk Landshut in Betrieb. In Kooperation mit den Qualitätsprüfern vor Ort soll das System verfeinert werden, bevor es in Zukunft in der Produktion eingesetzt wird. ■

Nachgefragt

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Was ist der konkrete Nutzen der Gestenerkennungs-Technologie?
Schick: Der Qualitätsprüfer muss zur Fehlereingabe nicht mehr seinen Arbeitsplatz verlassen. Das beschleunigt den Prozess. Zudem erhöht sich die Prüfgenauigkeit, weil er sich den Fehler nicht mehr merken muss, sondern dieser korrekt übermittelt wird.
Eignet sich die Technik auch für andere Branchen außer der Automobilindustrie?
Schick: Grundsätzlich eignet sich unser System für alle Bereiche, in denen Mitarbeiter mit Bauteilen hantieren. Es lässt sich auch für alle Arten von Bauteilen verwenden. Es muss nur vorab ein entsprechendes 3D-Modell im System hinterlegt sein
Wie erkennt das System die Gesten?
Schick: Die Gesten werden vorab definiert. Das System kann prinzipiell jede Geste verarbeiten.
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