Eine neue Entscheidung sieht Montagekosten beim Ersatz mangelhafter Produkte als Kosten der Nacherfüllung. Das hat Folgen für die gesamte Lieferkette, auch im B2B!
Die Haftung des Verkäufers für Ein- und Ausbaukosten ist an dieser Stelle schon einmal besprochen worden. Seinerzeit hatte der Bundesgerichtshof (BGH) bei Bodenfliesen und Parkettstäben entschieden, dass der Ausbau der mangelhaften Produkte und der Einbau der mangelfreien jeweils Schadenersatzpositionen sind.
Diese sind aber unter Geltung deutschen Rechts nur vom Verkäufer gegenüber dem Käufer zu ersetzen, wenn der Verkäufer den Mangel verschuldet hat. Hierzu hat der BGH eindeutig Stellung genommen und Händler von der Haftung ausgenommen. Eine Haftung kam also hier nicht in Frage, ebenso wenig über eine in der Praxis eher vernachlässigbare Regelung in § 439 BGB, wonach der Verkäufer die Kosten der Nacherfüllung, also etwa Transport-und Verpackungskosten, schuldet. Der BGH konnte in den Urteilen 2008 und 2009 nämlich deutlich machen, dass Ein- und Ausbaukosten keine solchen Kosten der Nacherfüllung sind.
Der Europäische Gerichtshof hat trotz guter Gegenargumente für den Verbraucher entschieden: Ein- und Ausbaukosten sind demnach Kosten der Nacherfüllung nach § 439 Absatz 2 BGB.
Diese Regelung wiederum ist verschuldensunabhängig, gilt also sowohl für Händler als auch für Hersteller gleichermaßen. Die Situation ist hierdurch für die Gestaltung einer Distributionskette nicht einfacher geworden. Zum einen muss beachtet werden, dass bei Verbraucherprodukten der Letztverkäufer wegen der besonderen Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs fünf Jahre nach der Lieferung durch seinen Lieferanten die Kosten der Nacherfüllung –also auch die Ein- und Ausbaukosten noch geltend machen kann. Diese Regresskette geht vom Letztverkäufer bis zum eigentlichen Hersteller des Produkts, die Ein- und Ausbaukosten können also auch noch Jahre nach dem Verkauf der Produkte beim Hersteller auflaufen. Eine vertragliche Einschränkung hierzu ist nach derzeitigem Stand in der Praxis nicht möglich. Zum anderen trifft die Rechtsprechung des EuGH auch reine B2B – Geschäfte. Auch hier sind Nacherfüllungskosten Aufwendungen, die der Lieferant gegenüber seinem Kunden verschuldensunabhängig zu tragen hat. Diese wird er weiterreichen wollen gegenüber seinem Lieferanten. Ein solcher Regress wiederum ist aber nur verschuldensabhängig möglich, wenn der Lieferant selbst Händler ist, bleibt der (Zwischen-) Lieferant auf seinen Aufwendungen sitzen. Ebenso gravierend sind die Auswirkungen auf die Versicherbarkeit. Während Schadersatzpositionen im Modell der erweiterten Produkthaftpflichtversicherung ersatzfähig sind, fallen Kosten der Nacherfüllung gerade nicht in die Deckung. Im Moment kann der Lieferant bei ungünstiger Vertragslage daher weder gegen seinen Lieferanten vorgehen noch seine Versicherung in Anspruch nehmen. Für den Einkauf eines Industrieunternehmens besteht hier umfangreicher vertraglicher Handlungsbedarf, will man nicht auf den Kosten einer Austauschaktion sitzen bleiben.
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