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Eine provokante These

Viel CAQ für wenig Geld – eine Gebrauchsanleitung
Eine provokante These

Gute Standardsoftware unterstützt komfortabel und rationell mehr als 80 Prozent aller Aufgaben und Abläufe aus dem Qualitätsmanagement in produzierenden Betrieben; out of the box, ohne Anpassung, ohne Modifikation.

An einem Tag installieren erfahrene Softwarelieferanten ihre CAQ-Software, verbinden die Software mit ERP/PPS und Messmaschinen und weisen die künftigen Nutzer in die Bedienung der Software ein.

Durchschnittlich qualifizierte Facharbeiter brauchen danach maximal eine Woche, bis sie die Software sicher beherrschen und für anstehende Aufgaben rationell und umfassend einsetzen; ohne umfangreiche Schulungen, ohne externe Spezialisten. Was über alle Betriebe gemittelt 80% abdeckt, das ist für sehr viele von diesen eine umfassende und vollständige Lösung für das Qualitätsmanagement.
Warum ist die Einführung einer neuen CAQ-Standardsoftware so teuer? Warum laufen die CAQ-Projekte über Monate, manchmal über Jahre? Warum ist das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen so schlecht, dass in den Betrieben die meisten Aufgaben aus dem Qualitätsmanagement ohne CAQ-Software erledigt werden? Warum steckt die Auswahl der richtigen Software voller Gefahren und Risiken? Warum wird das von Jahr zu Jahr immer schlimmer? Eine unbequeme Antwort auf all diese Fragen lautet: Weil Softwarelieferanten und Berater ihre Produkte und Dienstleistungen seit vielen Jahren mit ein und der selben Strategie an die Qualitäter und Entscheider in den Betrieben verkaufen und die vorhandenen Budgets gewinnbringend abschöpfen. Im Kern dieser Strategie befindet sich ein einfaches Paradigma: Desto besser eine betriebswirtschaftliche Standardsoftware die individuellen Abläufe und Strukturen eines Betriebes abbildet, umso höher der Nutzen aus dem Softwareeinsatz. Paradigmen werden in Büchern aufgestellt, an Universitäten gelehrt und von Spezialisten vertreten. Aber Paradigmen sind weder wahr noch richtig, Paradigmen sind nur eine Lehrmeinung, die so lange anerkannt wird, bis neue Einsichten eine neue Lehrmeinung erfordern. Bekannte historische Paradigmen sind zum Beispiel die Erde im Mittelpunkt des Universums oder die Informationsgesellschaft. Es ist ein großer Erfolg des Marketings der Softwarehersteller und Berater, wenn heute die Fachleute und Entscheider in den Betrieben das Paradigma für wahr, richtig und unüberwindbar erachten.
Norm, Standard und Routine
Im Wettbewerb um Aufträge und Marktanteile gehören die Produktions- und Qualitätsprozesse der Betriebe und Werke zu den unverzichtbaren Aktiva für die Sicherung der Produktions- und Qualitätsziele. Durch die Ausprägung und Gestaltung der Produktionsprozesse erarbeiten und sichern die Betriebe ihre Wettbewerbsvorteile, die Qualitätsprozesse begleiten und unterstützen die Produktionsprozesse. Genau an dieser Stelle setzt das Marketing der Softwarehersteller und Berater an und schließt von den Produktions- auf die Qualitätsprozesse und erklärt, dass auch bei den Qualitätsprozessen Wettbewerbsvorteile durch die individuelle Ausprägung und Gestaltung der Prozesse entstehen. Doch im Qualitätsmanagement bestimmen Auflagen und Normen viele Aufgaben und Abläufe, gelten Anforderungen und Vereinbarungen für Branchen, Lieferketten oder umfassende Produktionsnetzwerke. Viele Berechnungen, Auswertungen und Darstellungen sind hier exakt vorgeschrieben und die Kommunikation und Archivierung nutzt normierte Formulare. Auch jenseits der standardisierten und normierten Prozesse entstehen Wettbewerbsvorteile vor allem aus der Etablierung von Routineprozessen in den Betrieben und nicht aus ihrer individuellen Ausprägung oder Gestaltung.
Qualität und Software
Aus Norm, Standard und Routine folgen exakte Anforderungen an standardisierte Funktionen, Prozesse und Datenstrukturen einer CAQ-Software. Die Betriebe beschäftigen ausgebildete Spezialisten für die Planung, Leitung und Lenkung ihres Qualitätsmanagements. Daraus folgen klare Erwartungen an die Umsetzung der standardisierten Anforderungen in den Softwareaufbau, in Abläufe, Interaktionen, Darstellungen und Ausdrucke. Die Software wird aber erst zur Standardsoftware, wenn sie als vorgefertigtes Produkt in vielen Betrieben eingesetzt werden kann und sich dort bewährt. Dass für diesen Erfolg eine CAQ-Standardsoftware immer umfassender angepasst werden muss, ist in sich bereits ein Widerspruch.
Als gesellschaftliches Phänomen haben Paradigmen großen Einfluss auf unsere Wertschätzung von Personen und Sachen, auf unsere Entscheidungsprozesse und auf unsere Vorgehensweisen. Nach jahrelangem, erfolgreichem Marketing dominiert heute das Paradigma der Softwarehersteller die CAQ-Projekte, und die Betriebe machen sich auf, die Standard- und Routineprozesse für sich immer wieder aufs Neue zu erfinden.
Individuelle Anforderungen erzeugen komplexe Zusammenhänge und verlangen komplexe Lösungen, deren Auswahlprozesse und Einführungsprojekte die Betriebe schnell überfordern. Oft verhindert dann eine kleine interne oder externe Fehleinschätzung dauerhaft den Nutzen aus ganzen Bereichen, oder verhindert gar den Projektabschluss.
Kosten und Nutzen
Gegen das traditionelle Marketing der Softwarehersteller und Berater hilft nur eine konsequente und durchgängige Bewertung von Aufwand, Kosten, Risiko und Nutzen für das Einführungsprojekt und für den Betrieb der neuen CAQ-Software. Diese vordergründig „triviale“ Aussage hat erheblichen Einfluss auf die Auswahl des richtigen Lieferanten. Der Betrieb bewertet dabei, wie die Hersteller die Anforderungen und Erfahrungen aus den vielen Projekten für eine andauernde Verbesserung ihres vorgefertigten Produktes nutzen.
Ein guter Hersteller strebt danach, mit seiner Standardsoftware ohne individuelle Anpassungen, möglichst umfassend und weitgehend die Anforderungen aus den Betrieben zu erfüllen. Die optimale CAQ-Software ist eine vorgefertigte, komfortable, praxisbewährte und rationelle Lösung für alle Qualitätsprozesse des Betriebes.
Der Betrieb nutzt die Software vor allem dazu, die Betriebskosten der Qualitätsprozesse spürbar zu senken, und nicht dazu, neue oder veränderte Qualitätsprozesse zu ermöglichen.
Neue Vorgehensmodelle
Die zuvor propagierte betriebswirtschaftliche Dominanz verändert über die Lieferantenauswahl hinaus das gesamte Projekt. Fast immer ist eine gewollte oder notwendige Veränderung der Qualitätsprozesse in den Betrieben die Motivation für ein CAQ-Projekt. Das Marketing der Softwarehersteller will möglichst sofort die neue CAQ-Software einführen, die Berater wollen zeitgleich die Standard- und Routineprozesse für den Betrieb neu erschließen. Der Betrieb kann erhebliche Kosten sparen, wenn er beide Vorhaben zeitlich trennt und in drei Teilprojekte gliedert:
  • 1. Zuerst die veränderten Qualitätsprozesse entwickeln und mit vorhandenen Betriebsmitteln etablieren.
  • 2. Dann durch den Einsatz einer neuen CAQ-Software im Auslieferungszustand die Betriebskosten der Qualitätsprozesse senken.
  • 3. Abschließend durch Anpassungsprojekte (Customizing) die Betriebskosten ausgesuchter Teilprozesse weiter senken.
Die Etablierung der neuen und veränderten Qualitätsprozesse mit den vorhandenen Betriebsmitteln ist ein in der Praxis erprobtes Mittel, um die Wirtschaftlichkeit der Veränderungen und Optimierungen zu erzwingen.
Denn durch die fehlenden idealen Betriebsmittel entstehen hohe Betriebskosten für die neuen und veränderten Qualitätsprozesse, die hohen Betriebskosten wiederum beschränken die Veränderungsprozesse auf das wirtschaftlich sinnvolle Minimum.
Interne Arbeitszeit, Gemeinkosten und Materialkosten sowie externe Aufwände bestimmen die Betriebskosten der benötigten Qualitätsprozesse; die CAQ-Software wird eingesetzt, um diese Kosten zu verringern. Der Einsatz der optimalen CAQ-Software für einen Betrieb führt zu einer maximalen Kosteneinsparung bei minimalem Investitionsvolumen und Risiko. Für jedes Anpassungsprojekt gilt die selbe betriebswirtschaftliche Metrik. Die durchgängige Etablierung und Nutzung der Software im Auslieferungszustand im gesamten Betrieb schafft im ersten Schritt eine operative und wirtschaftliche Basis für die geplanten nachfolgenden Anpassungsprojekte.
Dabei ermöglicht der operative Einsatz der CAQ-Software mit der Zeit eine immer bessere Einschätzung und Bewertung der Wirtschaftlichkeit der geplanten Anpassungsprojekte. Das pragmatische, zeitlich entkoppelte Vorgehen ermöglicht es den Mitarbeitern, ihre vorhandenen Kompetenzen optimal in das Gesamtprojekt einzubringen, von der Definition der neuen Qualitätsprozesse, über die Einführung der CAQ-Software bis hin zum letzten Anpassungsprojekt. Die klare Verteilung von Aufgaben und Verantwortungen zwischen internen und externen Spezialisten und die fachliche Unabhängigkeit der Mitarbeiter fördern die Akzeptanz sowohl der neuen Qualitätsprozesse als auch der neuen CAQ-Software im Betrieb. Das wiederum senkt die Betriebskosten und steigert den Nutzen.
Wenn die Ausgangslage passt, dann können Betriebe durch ein anderes Vorgehensmodell im CAQ-Projekt noch mehr Kosten einsparen:
  • 1. Zuerst durch den Einsatz einer neuen CAQ-Software im Auslieferungszustand die Betriebskosten der laufenden Qualitätsprozesse senken.
  • 2. Dann schrittweise die vorhandene Funktionalität der neuen CAQ-Software für neue und weitergehende Qualitätsprozesse nutzen.
  • 3. Abschließend durch Anpassungsprojekte die Betriebskosten ausgesuchter Teilprozesse weiter senken.
Die vorgeschaltete durchgängige Nutzung der Software für die laufenden Qualitätsprozesse schafft eine operative und wirtschaftliche Basis für die Erkundung und Erschließung der bisher ungenutzten Funktionalität der CAQ-Software. Erst wenn der Betrieb dabei an die Grenzen des Auslieferungszustandes stößt, dann definiert und bewertet er mit Hilfe des Softwareherstellers oder mit Hilfe eines externen Beraters ein Anpassungsprojekt.
Die Aufwendungen für die Anpassung betriebswirtschaftlicher Standardsoftware in den Betrieben stieg von etwa 21% der Projektkosten im Jahr 2007 auf über 29% im Jahr 2008 und überstieg damit erstmals die Aufwendungen für Software und Lizenzen. Die Empfehlungen externer Berater waren im Jahr 2008 bei etwa 55% der entscheidende Einfluss bei der Systemauswahl (Konradin ERP-Studie 2009). Es wird Zeit, dass Betriebe und Softwarehersteller ihr Verhältnis überdenken und ihre Geschäftsbeziehungen grundlegend neu gestalten.
Pickert & Partner, Pfinztal www.pickert.de
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