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Elektroniktester

Wirtschaftlichkeit von Flying Probe Testern
Elektroniktester

Das Testen von elektronischen Flachbaugruppen ist aufgrund der immer wiederkehrenden Fertigungsfehler ein Muss geworden und macht es notwendig 100 % aller Baugruppen zu testen. Da im Funktionstest – selbst bei großer Erfahrung – bestenfalls 90 % aller Fehler erkannt werden können, ist ein davor eingesetzter Incircuittest unverzichtbar.

Peter Reinhardt, Reinhardt System- und Messelektronik GmbH, Dießen

Die Gründe dafür sind, dass man nicht in der Lage ist, sich alle möglichen Funktionsfehler vorzustellen und nur dann, wenn man sich einen Fehler vorstellen kann, ist man auch in der Lage, einen Testschritt zur Überprüfung dieses Fehlers zu erstellen. Darüberhinaus können erfahrungsgemäß je nach Baugruppengröße sogar 10 bis 20 Bauteile fehlen oder falsch bestückt sein, obwohl die Funktion so, wie wir sie messen können, durchaus gegeben ist.
Nachdem aufgrund des Produkthaftungsgesetzes von 1990 jeder Produzent von Elektronik und Maschinen für alle Schäden, die an Personen oder Einrichtungen entstehen, haftbar gemacht werden kann, ist es heute unbedingt notwendig, einen Incircuittest so gründlich wie möglich durchzuführen und dabei sicherzustellen, dass keine Kurzschlüsse und keine Unterbrechungen auftreten und dass sich jedes Bauteil mit dem richtigen Wert in der richtigen Richtung am richtigen Platz befindet. Darüberhinaus strebt die Qualitätskontrolle auch noch danach, dass die Bauteile sauber gelötet, nicht zu stark aus der vorgegebenen Richtung gedreht sind und weitere mechanische Toleranzen eingehalten werden. Mit Hilfe des Incircuittests lässt sich das zum größten Teil überprüfen, setzt aber voraus, dass Prüfflächen für jeden Leiterbahnzug zur Verfügung stehen, die dann für den Test kontaktiert werden können. Auch hier können aufgrund der wohldurchdachten Plazierung der Prüfflächen die Adaptionskosten gesenkt und die Standzeiten der Adapter enorm verbessert werden.
Seit einigen Jahren gibt es jetzt ein neues Testverfahren, das einen programmgesteuerten Prüfplatz mit mehreren beweglichen Kontaktierungen, genannt Flying Probe Tester, einsetzt. Diese Flying Probe Tester haben je nach Ausstattung vier bis acht Flying Probes, die dazu dienen, die Baugruppe, entsprechend der heutigen Technologie, SMD-beidseitig, zu kontaktieren und dadurch den Adapter einzusparen. Das Einsparen des Prüfadapters ist grundsätzlich eine sehr gute Idee, da diese Kosten allgemein zwischen 3.000 und 25.000 DM liegen, außer man hält sich an ein Produkt wie das incircuit Testsystem mit Adapterkosten, die selten über 2.500 DM liegen. Dieses Konzept verlangt jedoch auf jeden Fall Prüfflächen, die die typischen Toleranzen in der Leiterplattentechnik von 350 g bei 10 cm berücksichtigen. Mindestprüfflächen von 0,7 mm bei 10 cm, 1,4 bei 20 cm und 2,1 mm bei 30 cm großen Baugruppen müssen also vorhanden sein.
In den über 34 Jahren in diesem Geschäft hat der Autor viele solche „geniale“ Neuheiten mitgemacht. Auch beim Flying Prober handelt es sich meines Wissens um einen solchen Modegag, der in der allgemeinen Elektronikfertigung heute hoch gelobt wird. Bei nüchterner Betrachtung der Kosten und der Möglichkeit schneidet er jedoch enttäuschend ab, da er weder vom Durchsatz noch von der Prüfschärfe eine wirkliche Verbesserung zu den existierenden Systemen bedeutet. Es ist natürlich richtig, dass das Flying Probe Testverfahren gegenüber dem Testverfahren, das wir Mitte der 70er Jahre hatten, einen relativ großen Vorteil darstellt und sich in diesem Bereich schon rechnen lässt. Jedoch ist er für die heutigen Tester mit der Kombination von Incircuit- und Funktionstest bei extrem kostengünstigen Adaptionen und vollautomatischen Adaptionserstellungssystemen mit Adaptionserstellung in typisch 4 Stunden keine ernsthafte Herausforderung.
Der Vorteil bei Flying Probe Testern liegt darin, dass die Grundtoleranzen in der Leiterplatte, die vom Leiterplattenhersteller in den vorgenannten Größen maximal vorhanden sein können, durch das Lernen von Referenzpunkten erkannt werden können. Der Flying Probe Tester kann also mit Prüfflächen von typisch 0,7 bis 0,9 mm arbeiten. Es ist allerdings ein Irrglaube, den Flying Probe Tester ohne jegliche Prüfflächen einsetzen zu können, da auch hier Kontaktfehler auftreten können. Grund dafür sind die Bauteile, die je nach Viskosität während des Lötverfahrens besonders dann, wenn sie nicht geklebt sind, ihre eigene Position einnehmen. Es können Unterschiede von zehntel Millimetern, teilweise gar ganzen Millimetern auftreten und so eine Unsicherheit in der Kontaktierung darstellen. Es ist also nicht möglich, auf Bauteilen oder auf Leiterbahnen, die meist mit Lötstopmasken zugedruckt sind, zu kontaktieren. Ein weiteres Problem ist beim Flying Probe Tester, dass dabei die Testverfahren wie Polaritätstest, Verdrahtungstest jeder gegen jeden, SMD-Lötfehlertest oder die Verwendung von mehreren Guardkanälen nicht möglich sind. Der Flying Probe Tester erreicht so nur etwa 70 bis 80 % des Wirkungsgrades eines klassischen MDA.
Die Programmierzeiten liegen bei den meisten Flying Probe Testern bei typisch 1 bis 2 Tagen, jedoch ohne das Optimieren des Prüfprogrammes, nachdem gewisse Messpunkte neu justiert werden müssen, da sie nicht optimal liegen und keinen sicheren Kontakt zulassen. Nach ca. 3 bis 4 Tagen dürfte dann ein vollwertiger Einsatz möglich sein, wobei Testzeiten je nach Baugruppengröße und Komplexität zwischen 3 und 10 Minuten als üblich gelten. Wählt man einen Mittelwert von 8 Minuten pro Baugruppe, könnten in einer Schicht von 7 Stunden mit automatischer Zuführung ca. 50 Baugruppen getestet werden. Bei Erstehungspreisen dieser Anlagen von typisch 370.000 DM oder teurer sind die Kosten selbst nach 30 Jahren, wenn das Gerät in 3 Schichten laufen würde, kaum zu amortisieren.
Werden Nullserien getestet und nur der Zeitfaktor ohne jede Betrachtung der Kosten berücksichtigt, ist der Einsatz solcher Tester zwar sinnvoll, aber vollkommen unwirtschaftlich. Bei heute üblichen Testsystemen kann, vorausgesetzt es sind Prüfflächen vorhanden (die Sie jedoch auch beim Flying Probe Tester benötigen), jeder Adapter in typisch 4 Stunden und in weiteren 4 Stunden ein entsprechendes Testprogramm mit wesentlich höherer Prüfschärfe erstellt werden. Die Kosten liegen selbst mit Adaptererstellung durchaus im geringen Rahmen wie die Programmierung und Optimierung eines Flying Probe Testers, denn die Programmerstellung, ob man nun eine oder viele tausend Baugruppen prüft, wird immer gleich sein, so dass man die entstandenen Kosten auf die Anzahl der Platinen umrechnen kann. Der Durchsatz bei Flying Probe Testern ist nun einmal geringer. Ein Vorteil beim Flying Probe Tester entsteht, wenn die Maße einer Baugruppe 50 bis 80 cm in x- oder y-Richtung übersteigen, da in diesem Fall die Adapterkosten auf jeden Fall teurer werden. Bei Baugruppengrößen bis zu vierfachem Europaformat und 800 Testpunkten ist der Incircuittester mit Adaptererstellung nach dem Reinhardt-Konzept jedoch immer noch preiswerter.
Wartung und Verschleiß
Solch ein mechanisches Wunderwerk der Technik ist wesentlich wartungsintensiver und erzeugt damit wesentlich höhere Unterhaltskosten, als sie ein Incircuittester mit Prüfadapter jemals erzeugen wird. Die aufwendige Präzisionsmechanik leidet unter Verschleißerscheinungen. Eine Temperaturkontrolle ist bis auf wenige Grad notwendig, damit die benötigte Genauigkeit eingehalten werden kann. Alle diese Probleme sind bei den allgemeinen Incircuittestern und deren Standardadaptern nicht vorhanden.
Prüffähigkeit von elektronischen Flachbaugruppen
Wie wir festgestellt haben, müssen auch bei der Verwendung des Flying Probe Testers entsprechende Prüfflächen erstellt werden, die auch dort die Fertigungstoleranz der Leiterplatte, die Fertigungstoleranz der Bauteile und die Toleranz des Bestückungssystems und nicht zuletzt das Eigenleben dieser Bauteile während des Lötprozesses berücksichtigen und eine sichere Kontaktierung ermöglichen. Tun Sie das nicht, werden Sie sehr schnell feststellen, dass Sie auch mit dem Flying Probe Tester eine enorme Anzahl an Kontaktierungsfehlern haben, die zu Falschaussagen führen, nachdem beim Flying Probe Tester ein Pinkontakttest (wie bei Incircuittestern) nicht möglich ist, der es ermöglicht, die sichere Kontaktierung der Prüfflächen zu prüfen, um dann auch eine aussagekräftige Fehlerinformation zu erhalten. Sobald ein Flying Probe Tester einen Kontaktfehler hat, wird er ihn als Leiterbahnunterbrechung oder als fehlendes Bauteil anzeigen. Infolgedessen werden die Fehlerinformationen, die Sie erhalten, für die Instandsetzungsaufgabe wesentlich höhere Zeiten bei der exakten Fehlerortung verursachen.
Prüffähigkeit und das Erstellen von Prüfflächen
Tatsächlich besitzen die meisten Baugruppen keine Prüfflächen und sind dadurch auch nur sehr eingeschränkt prüfbar. Es ist eine sehr typische Reaktion von kreativen und besonders profitinteressierten Ingenieuren, Lösungen zu schaffen, die zwar den Anschein erwecken, das Problem zu lösen – jedoch unter Kosten, die beim Fünffachen dessen liegen, was durch etwas mehr Nachdenken wesentlich besser und sicherer zu einem Bruchteil der Kosten möglich wäre. Wenn eine Baugruppe nicht kontaktierbar ist, kann sie auch nicht mit der nötigen hohen Prüfschärfe geprüft werden. Wenn Kunden, gerade bei Dienstleistern, nicht die Einsicht haben, prüffähige Baugruppen zu liefern, kann man auch mit dem Flying Probe Tester keine höchstmögliche Prüfschärfe erreichen. Es sollte daher immer auch vom Produktionsdienstleister darauf hingearbeitet werden, dass die Baugruppe noch einmal überarbeitet und auf Prüffähigkeit verbessert wird. Erfahrungsgemäß muß bei diskreter Konstruktion der Baugruppe kaum eine Stunde mehr und bei späterer Nacharbeit selten mehr als 2 Stunden investiert werden, um die Baugruppe für Flying Prober, aber auch für den Prüfadapter kontaktierbar zu machen. Zu diesen 2 Stunden kommt lediglich der entsprechende Satz Filme, der in den meisten Fällen für etwa 1000 DM. inkl. der Zeit für die Änderung realisierbar ist. Es ist also wesentlich günstiger, die Baugruppe für eine Nadelbettadaption zu designen und mit einen Incircuittester zu testen als zu versuchen eine extrem teure Prüfung über den Flying Probe Tester auszuführen.
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