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Embedded Vision: Technik im Aufwind

Trend in der Bildverarbeitung
Embedded Vision: Technik im Aufwind

Embedded Vision ist eine der zukunftsträchtigsten Technologien für die industrielle Bildverarbeitung. Weiterentwicklungen bei Hard- und Software machen die Systeme zunehmend leistungsfähiger und ermöglichen neue Anwendungen. Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz vereinfacht den Einsatz der Technik für die Anwender. Das Fehlen von Standards steht der Entwicklung aber noch im Weg.

Auf den ersten Blick unterscheidet sich Embedded Vision nur unwesentlich von der traditionellen Bildverarbeitung: Eine Kamera nimmt Bilder auf, die anschließend ausgewertet werden und so für einen hohen Qualitätsstandard sorgen. Die beiden Architekturen müssen jedoch bei genauem Hinsehen sehr unterschiedliche Anforderungen erfüllen. PC-basierte Vision-Systeme können auf nahezu unlimitierte Rechenressourcen und Speicherkapazität zugreifen, indem sie beispielsweise Teile der Bildverarbeitung auf eine GPU, auf andere Rechner im Netzwerk oder Daten in die Cloud auslagern.

Embedded Vision-Systeme unterliegen hingegen diversen Einschränkungen wie einer in der Regel sehr geringen Baugröße oder einem möglichst geringen Stromverbrauch, um insbesondere bei batteriebetriebenen Geräten eine ausreichende Einsatzdauer sicherzustellen. In den vergangenen Jahren haben sich Embedded-Prozessoren aber auch stetig weiterentwickelt, sodass sie PC-basierten Systemen heute bezüglich Rechenleistung und Funktionalität kaum nachstehen.

In Zukunft sind noch
komplexere Aufnahmen möglich

Für Dr. Martin Klenke, Director Business Development der Teledyne Vision Solution Group, steht fest, dass Embedded-Vision-Technologien perspektivisch einen immer größeren Bereich in der Maschine-Vision-Applikationswelt und im Bereich der Qualitätssicherung einnehmen werden: „Embedded-Systeme, das heißt intelligente Bildverarbeitungssysteme mit eigener Prozessorkapazität, werden in Zukunft immer mehr komplexe Aufnahmen übernehmen können – insbesondere dann, wenn regelbasierte und KI-Softwareanalyseverfahren kombiniert werden müssen. Es wird immer wichtiger werden, anstelle von generalisierten Allround-Kamerasystemen spezialisierte, hochgenaue Lösungen anzubieten, die leicht auf den jeweiligen Anwendungszweck eingestellt und integriert werden können.“

Es werde sich ein allgemeiner Trend etablieren, der einerseits sehr preisgünstige Embedded-Vision-Systeme mit Technologien aus Smartphone-Komponenten und andererseits Hochleistungs-Subsysteme mit Onboard-Bildverarbeitungsmöglichkeiten hervorbringen wird. „In den aktuell stark nachgefragten Bereichen Elektromobilität sowie Verkehrslenkung, Überwachungs- und Sicherheitssysteme werden Embedded-Vision-Systeme das dominierende technische Lösungsverfahren.“

Ob ein Embedded-Vision- oder ein PC-basiertes Bildverarbeitungssystem die richtige Lösung darstellt, hängt immer von der jeweiligen Anwendung ab, in der das System eingesetzt werden soll. Unabhängig von der grundsätzlichen Architektur kann das Bildverarbeitungssystem nur dann seine optimale Leistung bringen, wenn alle integrierten Bildverarbeitungskomponenten von der Optik bis hin zur Software perfekt auf die Aufgabenstellung angepasst sind. PC-Lösungen ziehen dabei jedoch meist weniger Optimierungsaufwand nach sich als Embedded-Vision-Systeme. Denn sowohl die Hardware als auch die eingesetzte Software müssen in diesem Bereich in der Regel kompakter, günstiger und zudem skalierbar sein, um bei Bedarf auch mögliche Anforderungen kommender Jahre erfüllen sowie größere Stückzahlen realisieren zu können.

Noch starker Bedarf an Standardisierung – etwa bei Software

Als weiteren wichtigen Unterschied zwischen Embedded Vision und der traditionellen Bildverarbeitungswelt nennt Gion-Pitschen Gross aus dem Product Management und Marketing bei Allied Vision das Thema Standardisierung: „Für die PC-basierte Bildverarbeitung haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche Standards etabliert wie beispielsweise Genicam, Gige Vision und viele weitere Technologien. Bei Embedded Vision-Systemen findet man hingegen viel mehr kundenspezifische Entwicklungen, da Optimierungen auf den jeweiligen Anwendungsfall – unter anderem bezüglich Baugröße, Stromverbrauch oder auch Schnittstellen, nur individuell erzielt werden können.“

Zwar existieren bereits einige Standards für Embedded Vision wie beispielsweise die Schnittstelle MIPI CSI-2, die unter anderem in vielen Mobiltelefonen und im Automotive-Bereich sehr weit verbreitet ist und von vielen Sensoren, den meisten SoC-Systemen und auch zahlreichen Embedded-Vision-Kameras unterstützt wird. Optiken mit S-Mount- oder C-Mount-Anschluss sind auch in Embedded Vision-Systemen üblich. Unter anderem bei der Software für Embedded Vision besteht jedoch noch akuter Bedarf an weiterer Standardisierung.

Hersteller wollen
Technikvorsprung behalten

Dies erschwert es Anwendern, Embedded-Vision-Technologie einzusetzen. Obwohl aus unterschiedlichsten Bereichen bekannt ist, dass Standardisierungen eine Technologie erheblich voranbringen können, scheint es für das Feld der Embedded Vision schwierig zu sein, Standards zu definieren. „Große Prozessorhersteller haben mit ihren Produkten und Entwicklungstools einen gewissen Technologievorsprung und wollen diesen auch behalten, daher sind sie nicht offen für Standards, mit denen sie einen Teil ihres Vorsprungs an ihren Wettbewerb abgeben müssten“, erklärt Jan-Erik Schmitt, Vice President Sales, Vision Components. „Hinzu kommt, dass Embedded Vision immer perfekt in andere Systeme integriert ist. Dazu müssen die Systeme optimal an die jeweiligen Anwendungen angepasst sein – eine Standardisierung ist deshalb oft weder gewünscht noch sinnvoll.“ Das mache die Systeme aber extrem leistungsfähig, bei gleichzeitig geringen Kosten für den Serieneinsatz.

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist derzeit in fast allen technischen Einsatzfeldern ein Mega-Trend und vereinfacht zunehmend auch die Realisierung von Embedded-Vision-Systemen. Methoden wie das so genannte Transfer Learning minimieren den Aufwand für Anwender enorm. Dabei werden bereits eingelernte Bilder aus anderen Anwendungen als Basis für das Training eines neuen Systems genutzt. Es muss daher nur eine relativ kleine Zahl an Gut- und Schlecht-Bildern eines spezifischen Anwendungsfalls hinzugefügt werden, um das Training des Systems zu komplettieren. Diese Vorgehensweise beschleunigt die Programmierung von Bildverarbeitungssystemen etwa für die Qualitätssicherung erheblich.

KI-Systeme brauchen
gutes Training

Es gebe jedoch auch einen negativen Aspekt von KI-Methoden, so Dr. Olaf Munkelt, Co-Founder, Co-Owner und Managing Director von MVTec. „Industrielle Anwender brauchen meistens eine Erklärung dafür, warum ein Teil als fehlerhaft eingestuft wird oder warum eine bestimmte Entscheidung so gefallen ist. KI-Systeme sind sehr leistungsfähig, aber sie sind nicht sehr gut darin zu erklären, warum sie eine Entscheidung getroffen haben.“ Diese Aussage gelte unabhängig vom Thema Embedded Vision und bedeute: „Vertrauen ist ein Kernproblem beim Einsatz von KI.“ KI-basierte Systeme können zudem nur dann gute Ergebnisse liefern, wenn das vorangegangene Training entsprechend gut war.

Einsatz von Embedded Vision
wird einfacher

Dennoch überwiegen laut Munkelt die positiven Möglichkeiten von KI, da unter anderem AI Accelerators zunehmend dazu beitragen, den Einsatz von Embedded Vision zu vereinfachen. MVTec hat dafür in seiner Software einen Abstraction Layer vorgesehen, der es Entwicklern vereinfacht, mit KI-Beschleunigern wie Tensorflow, Openvino oder anderen Produkte zu arbeiten. „Anwender schätzen das sehr, weil sie sich dadurch nicht mehr um das Codieren aller Bits und Bytes kümmern müssen“, so der MVTec-Geschäftsführer.

Der Einsatz von Embedded Vision-Systemen hat sich in den vergangenen Jahren durch Weiterentwicklungen bei Hard- und Software sowie die Nutzung von KI- und Open-Source-Algorithmen erheblich vereinfacht. Zudem gibt es immer mehr Menschen, die sich mit diesem Thema befassen und immer neue Ideen entwickeln, wo die Technologie eingesetzt werden kann. All diese Gründe belegen, dass sich Embedded Vision weiterhin stark im Aufwind befindet und künftig noch viele interessante Anwendungen – unter anderem in der Qualitätssicherung – möglich machen wird.


Bild: Messe Stuttgart

Messe Vision

Embedded Vision ist derzeit einer der Trends in der Bildverarbeitung und damit auch ein Schwerpunktthema auf der Messe Vision, die vom 4. bis 6. Oktober in Stuttgart stattfindet. Die Aussteller werden dort das gesamte Spektrum der Bildverarbeitung präsentieren: vom Sensor bis zum Prozessor, vom Kabel bis zur Kamera, von der Software bis zum Beleuchtungssystem. Auch Quality Engineering ist wieder mit dabei und wird mit der Messezeitung Vision Focus einen Überblick über die Highlights geben.

www.messe-stuttgart.de/vision


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