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Empfindliche Lichttransmissionsmessung

Maschinenintegrierte Dichtigkeitsprüfung von Hohlkörpern
Empfindliche Lichttransmissionsmessung

Die sich international durchsetzende Produkthaftpflicht zwingt Leerguthersteller zur vollständigen Qualitätsprüfung ihrer Erzeugnisse. Dosen, in denen Lebensmittel abgefüllt werden sollen, müssen unbedingt dicht sein. Besondere Sorgfalt wird dabei auf Dosen mit flüssigem oder unter Druck stehendem Inhalt gelegt. Testautomaten, die eine einhundertprozentige Prüfung des Leergutes auf Dichtigkeit in der Fertigungslinie ermöglichen, ergänzen zunehmend die Stich-probenkontrolle.

Dr. Albrecht Kienemund,Krupp Bilstein,Ennepetal

Diese ergänzende Funktion der Tester führt aber auch zu einem besonderen Kostendruck, der auf derartigen Systemen lastet. Das Ziel einer Testerentwicklung muß deshalb neben der sicheren Arbeitsweise in einer kostengünstigen Lösung in Relation zum Fertigungssystem liegen.
Allgemein soll unter Dichtigkeitsprüfung ein Meßverfahren verstanden werden, das zu quantitativen Aussagen über die Größe von Fehlstellen (z.B. Löcher, Risse am Hohlkörper und Hohlkörperrand, Randwelligkeiten) führt. In Abhängigkeit vom Füllgut im Hohlkörper können diese Fehlstellen Lecks hervorrufen, falls eine Mindestfehlstellengröße vorliegt. Die Bestimmung dieser Mindestgröße ist in der Praxis oft schwierig. Deshalb werden Erfahrungswerte in aller Regel noch mit einem Sicherheitsfaktor versehen. So werden bei der Blechdosenprüfung Lochdurchmesser von 50 µm bis 100 µm als Minimalgröße angenommen, die durch das Meßverfahren sicher detektiert werden sollen.
Klassische Verfahren der Dichtigkeitsmessung sind Vakuum- und Überdruckverfahren. Die zu prüfenden Körper werden mit einem bestimmten Druck beaufschlagt und die Druckänderung in einer definierten Zeit gemessen. Diese Verfahren sind weit verbreitet, bedürfen aber einer relativ hohen Meßzeit, so daß viele Prüfplätze in einer Testanlage notwendig sind, um einen hohen Durchsatz bei Großserienfertigungen zu erreichen. Klassisch sind weiterhin auch die Verfahren zu nennen, bei denen der Durchgang eines Spurengases durch den Hohlkörper (z.B. Helium) gemessen wird. Dabei ist ebenfalls die Meßzeit relativ groß, so daß ein wirtschaftlicher Einsatz nur unter besonderen Bedingungen (sehr kleine Lochdurchmesser, wenige Proben) vertretbar ist.
Neben diesen klassischen Methoden wurde vor etwa 20 Jahren erstmals für die Prüfung von Dosen das sogenannte Lichttestverfahren benutzt. Bei diesem Meßverfahren wird der Hohlkörper entweder von außen oder innen mit Licht bestrahlt und auf der jeweils entgegengesetzten Seite (innen oder außen) mit einem empfindlichen Lichtsensor abgetastet.
Fehlstellen führen dann bei ausreichender Sensorempfindlichkeit zu einem nachweisbaren Restlicht. Die Restlichtintensität wird auf das Gesamtlicht normiert und stellt ein Maß für die Fehlstellengröße dar.
In der Vergangenheit wurden ausschließlich Halbleiterempfänger (Fotodioden) in Lichttestern eingesetzt. Auf Basis dieser Empfänger konnten kompakte und robuste Sensoren gebaut werden, die im industriellen Alltag eine hohe Lebensdauer bei geringen Kosten aufweisen. Nachteilig ist die relativ geringe Empfindlichkeit, die bei Beleuchtung mit Licht konstanter Intensität hohe Lichtleistungen erfordert (einige Kilowatt Elektroleistung). Häufig wird deshalb Blitzlicht eingesetzt, das zu einem besseren Signal-Rausch-Verhältnis durch schmalbandige Filterung des Nutzsignales führt.
Photomultiplier (PM) sind zwar wesentlich empfindlicher als Fotodioden und bedürfen daher einer viel geringeren Lichtleistung. Sie waren in den vergangenen Jahren aber aufgrund ihrer Bauform und der notwendigen Hochspannungsversorgung für den Einbau in schnell rotierenden Maschinen ungeeignet. Aufbauend auf Entwicklungen im Bereich der extraterrestrischen Forschung entstanden sehr robuste Photomultiplier, die bei vertretbaren Kosten nun auch für andere Anwendungen zur Verfügung stehen. Die Hochspannungsversorgung ist in einem kleinen Sockel als Kaskade integriert. Dadurch sind lediglich Versorgungsspannungen von 12 bis 15 Volt bei Leistungen von maximal 1 Watt bereitzustellen. Außerdem kann die Hochspannung über eine Steuerspannung eingestellt werden. In Verbindung mit besonderen Dynodenhalterungen und stoßabsorbierenden Ummantelungen liegen folglich robuste Lichtdetektoren vor, die für einen Einsatz in Fertigungsautomaten bei sehr hoher Meßempfindlichkeit geeignet sind.
Damit kann der große Vorteil eines Licht-testers, die hohe Meßgeschwindigkeit, zum Tragen kommen. Dieser Vorteil ergibt gegenüber Druckmeßverfahren eine deutliche Kostenreduktion, da in Fertigungslinien wesentlich weniger Leckdetektoren (20 %) eingesetzt werden müssen.
Obwohl Lichttester unter bestimmten Bedingungen keine brauchbaren Resultate liefern (z.B. gummierter Dosenfalz), ist bei einer Einsatzplanung eines solchen Testers stets abzuklären, ob in diesen Bereichen überhaupt Fehler aufgrund der vorliegenden Fertigungstechnologie auftreten können, die wiederum eine teurere Druckmeßtechnik erforderlich machen.
Prüfaufgabe,Meßanordnung
Die in der Praxis gebräuchliche Quantifizierung von Lecks in Blechdosen wird in folgender Form vorgenommen:
Eine Probedose mit Leck ohne Deckel wird in einer Vorrichtung verschlossen, mit einem Luftüberdruck beaufschlagt und in ein Wassergefäß versenkt. Austretende Luftblasen werden mittels eingetauchtem Meßzylinder in einem bestimmten Zeitraum aufgefangen und das Luftvolumen (bei Normaldruck) bestimmt. Das Luftvolumen dient als Maß für die Dosenleckage.
Um nun einen Zusammenhang zum Lichttester herstellen zu können, ist es sinnvoll, aus der so definierten Leckrate eine Lecklochgröße in der Probedose zu berechnen. Bei vorliegender Lichtleistung und bekannten PM-Parametern kann so die Meßempfindlichkeit des Lichtsystems ermittelt werden bzw. liegt als Referenz vor.
Bei Zimmertemperatur ist Luft nahezu ein ideales Gas. Das Ausströmen der Luft auseiner Probedose in das Wasserbad kann hinreichend gut durch die Bernoulli-Gleichung beschrieben werden, wobei im Wasser annähernd Normalluftdruck existiert. Mit Hilfe der Kontinuitätsgleichung ergibt sich folgender Ausdruck für die effektive Leckfläche A:
A = (ÏpDo/pL-1)-Ï(pDo/pL-1-Vx/VD))? Ï(2?mo/(Ro?T))?VD/ tx (1).
In Gleichung (1) ist pDo der Doseninnendruck zum Beginn der Messung. Nach einer Zeit tx wird das aufgefangene Luftvolumen zu Vx bestimmt.
Die Parameter in Gl. (1) sind:
u mo..molare Masse der Luft
u pL..Normalluftdruck
u Ro..Gaskonstante mit 8,3 Ws/(mol K)
u T…Temperatur (293K)
u VD..Dosenvolumen.
Lediglich bei großen Probedosen und kleinen Meßvolumina ist A unabhängig vom Dosenvolumen. Denn folgende erste Näherung aus Gl.(1) ergibt sich bei Vx/VD1:
A = ?Ï(mo/(2?Ro?T?(pDo/pL-1)))?Vx/tx (2).
In Gl. (2) ist VD nicht mehr enthalten.
In der Praxis wird bei Probemessungen die Druckrelation pDo/pL mit 2 eingestellt.
Dann vereinfacht sich Gl. (1) zu:
A = (1-Ï(1-Vx/VD))?Ï(2?mo/(Ro?T))?VD/tx (3).
Ein Vx von 2 cm3 in einer Zeit von 10s wird bei Lebensmitteldosen häufig als untere Lecknachweisgrenze angenommen.
Mit A=d2 zeigt Tabelle 1 eine Auswahl an praxisrelevanten Leckdaten aus einer Standarddosenproduktion (z.B. Durchmesser von 73 mm). Wird ein mittlerer Leckdurchmesser von 50 µm als Nachweisgrenze benutzt, dann wären 10 ml in 10s oder 1 ml in 1s als Grenzvolumen anzusetzen. Anhand der Tabelle 1 ist auch ersichtlich, daß die Volumenabhängigkeit von A in den betrachteten Fällen vernachlässigt werden kann, so daß Gl. (2) für Berechnungen ausreichend ist.
Meßmethode und Systembeschreibung
Die Meßmethode zum Auffinden von Lecks basiert auf der Lichttransmission durch Löcher und Risse im Hohlkörpermaterial und Welligkeiten des Körperrandes zur lichtdichten Abdeckung. Beim Passieren des Lichtes durch diese Fehlstellen bis hin zur lichtempfindlichen Fläche des PM geht sehr viel Licht durch Vielfachstreuung, Reflexion und Absorption verloren.
Aufgrund der hohen PM-Verstärkung und des guten Signal-Rausch-Verhältnisses auch bei Zimmertemperatur können relevante Fehlstellen noch sicher detektiert werden. Der PM wird nach Abb. 1 mit seiner lichtempfindlichen Fläche auf die Öffnung des Körpers aufgesetzt, wobei die Abdeckung zwischen Sensorkopf und Hohlkörperrand unbedingt lichtdicht bei einem planen Körperrand sein muß. Die Beleuchtung umschließt auch im Bodenbereich homogen den Hohlkörper innerhalb des Meßraumes.
Jeder Lecksensor (Meßkopf) besteht aus folgenden Komponenten:
u PM mit Hochspannungskaskade im Sockel
u Mikrocontroller zur Steuerung des PM, zur Digitalisierung und Bewertung (Leckmessung) des PM-Fotostromes, zur Ankopplung an einen Controllerbus und wahlweise an einen PC über RS232
u Analogelektronik zur Fotostrom- und PM-Steuerspannungsaufbereitung.
Erreicht im Maschinenzyklus ein Körper den Meßraum, dann startet ein Zentralcontroller (Zentral-CPU) über ein sternförmiges Controllernetz den Meßvorgang. Im Sensor wird der Meßvorgang ausgelöst, indem durch den Mikrocontroller die PM-Hochspannung auf ein festgelegtes Niveau gefahren wird.
Simultan dazu wird vom gleichen Controller der Fotostrom ständig digitalisiert und auf Fehlstelle bewertet. Das Ergebnis wird nach Anfrage an den Zentralrechner übermittelt, der wiederum von einer Maschinensteuerung z.B. über einen Profibus abgefragt werden kann. Der Zentralcontroller dient neben der Kommunikation zur Verwaltung der Systemparamer von allen Sensoren.
Dadurch ist es möglich, eine sehr flexible Sensorverwaltung mit automatischer Integration von neuen Sensoren vorzunehmen.
Maschinenintegration undTestergebnisse
Die Maschinenintegration erfolgte auf einem Can-O-Mat der Krupp Kunststofftechnik GmbH, Geschäftsbereich Packungstechnik, Essen. Auf einem Can-O-Mat werden Blechdosen hergestellt. Meßköpfe und Zentral-CPU wurden auf einer Bördelstation für Dreiteildosen montiert. Dazu ist jeder PM in eine Spannhülse eingebaut worden, die wiederum in einer Einheit der Bördelstation eingelassen worden ist.
In der Spannhülse wird der PM durch zwei O-Ringe weich gelagert. Ein Schutzglas sichert das Eintrittsfenster. Die Bauhöhe der ganzen Einheit liegt mit angeschlossenem Stecker bei ca. 240 mm.
Der Durchmesser ist an die Gegebenheiten der Bördelstation angepaßt. Der Lichtzugang zum gesamten Dosenkörper wird durch konstruktive Maßnahmen sichergestellt. Die Leistungsaufnahme der Beleuchtung lag bei 400W (Halogenlampen). In Abb. 2 ist ein Meßkopf eingebaut in einer Bördelstation (siehe schwarzer Punkt) und ausgebaut mit PM und Elektronikbox zu sehen.
Testmessungen
Testmessungen wurden auf einer rotierenden Bördelstation bei einer Drehzahl von 100/ min durchgeführt. Pro Umdrehung wurde über einen Zeitraum von 150 ms gemessen, wobei für eine Einzelmessung lediglich etwa 150 µs benötigt wurden.
In dieser Zeit waren die Meßköpfe hinreichend lange nach dem Erreichen ihres Hochspannungsniveaus im Lampenbereich. Die maximale Intensität in dieser Zeitspanne wurde als Meßwert registriert. Zum Vergleich liegen Leckmessungen der eingesetzten Dosen im Wasserbad vor.
In Tabelle 2 sind 5 Dosen mit Fehlstellen aufgelistet. Anhand des Volumenflusses ist in Verbindung mit Tabelle 1 ersichtlich, daß die kleinsten Lecks Durchmesser von etwa 50 µm besitzen und somit an der geforderten Nachweisgrenze für Lebensmitteldosen liegen. Es wurde ein Prüfüberdruck von 1 bar verwendet.
Aufgrund des Wasserbades konnte ein Rostansatz an den Dosen nach einer Standzeit von mehreren Tagen auch im Bereich der Lecks beobachtet werden. Rostbildung kann entweder zur Leckvergrößerung oder zum Zuwachsen des Loches führen. Untersuchungen an Dose A und C haben gezeigt, daß letztere Möglichkeit bei sehr kleinen Lecks zum Tragen kommen kann. Andere Verschmutzungen im Bereich der Dosenlecks wurden nicht festgestellt. Besonders vorteilhaft war die Leckmessung an lackierten und pulverbeschichteten Dosen. Hier versagen häufig Druckmeßverfahren.
Jedoch kann Licht diese Fehlstellen noch nachweisbar passieren, so daß gerade bei Pulverbeschichtungen im Nahtbereich ein wirkungsvolles Meßverfahren zur Verfügung steht.
Nach den vorliegenden Messungen besitzen entsprechend Abb. 3 die Dosen A, B und D Lecks von annähernd gleicher Größe. Dieses Ergebnis wird für B und D nach Tab. 2 bestätigt. Das Leck von Dose A und besonders von C wurde durch die Rostbildung scheinbar vergrößert, so daß A im Niveau von B liegt. Dose C ist etwa 5fach größer geworden. Die Leckage von Dose E ist nach Tab. 2 etwa doppelt so groß wie bei Dose D. Entsprechend Gl. 2 wurde auch die Lichtintensität mit doppelter Stärke gemessen.
Bei den Messungen wurde eine Hochspannung von 1,3kV verwendet. Bei voller Ausschöpfung aller Reserven in Hochspannung und Verstärkung ist im System noch ein Faktor 80 an Empfindlichkeit verfügbar, so daß dann der Wert von Dose A etwa im Mittel bei 1760 liegen würde. Im vorliegenden System könnte folglich noch ein Loch von 1 µm Durchmesser detektiert werden.
Die sichere Meßwertgewinnung im Zusammenhang mit einer hohen Empfindlichkeitsreserve garantiert folglich in den praxisrelevanten Anwendungsfällen einen sicheren Nachweis von Lecks in Dosen und anderen – dieser Anwendung ähnlichen – Hohlkörpern.
Zusammenfassung
Lichttester auf der Basis von Photomul-tipliern bieten eine gute Alternative für die Leckmessung an Hohlkörpern. Unter fertigungsnahen Bedingungen (Verschmutzung) konnten Lecks im Mikrometerbereich an Dosen sicher nachgewiesen werden. Außerdem ist diese Meßmethode geeignet, bisher verborgene Fehlstellen (pulverbeschichtete Naht) noch zu erkennen.
Das vorgestellte System ist im Vergleich zum hohen mechanischen Aufwand der Druck-tester wesentlich schneller und kostengünstiger. Es läßt sich in bewährte Fertigungssy-steme integrieren und direkt an die Maschinensteuerungen anbinden.
Die hohe Detektorempfindlichkeit erfordert eine geringe Lichtleistung bei hoher Nachweissicherheit. Insgesamt liegt die Leistungsaufnahme der Meßeinrichtung deutlich unter 1kW. Eine Anpassung an ähnliche Aufgabenstellungen kann schnell realisiert werden.
Der Meßkopf kann als separate Sensoreinheit für photometrische Zwecke neben der I2C-Schnittstelle außerdem auch direkt über RS232 an einen PC angeschlossen, gesteuert und ausgelesen werden.
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