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Ende des Engpasses

Methode für mehr Projekte im Qualitätsmanagement
Ende des Engpasses

Ende des Engpasses
Der Ampelstatus hilft dem Team, das Projekt auf Spur zu halten. Wenn das Projekt den roten Bereich touchiert, können frühzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden Bild: Vistem
Das Critical Chain Projektmanagement Framework bietet dem Qualitätsmanagement eine Möglichkeit, aus der Kostenecke herauszutreten und sich als Teil des Unternehmenserfolgs zu positionieren. Es ermöglicht, Projekte einfach, aber mit hoher Qualität und sehr zuverlässig zu steuern. Der Projektdurchsatz lässt sich damit massiv steigern.

Eine Ergänzung des klassischen Multiprojektmanagements um zwei Steuerungskonzepte ist Critical Chain: Zum einen geht es um die wirksame Begrenzung der offenen Arbeit/Work-in-Progress (WIP), um den optimalen Projektdurchsatz zu ermöglichen, und zum anderen um eine operative „objektive“ Priorität, sodass jeder im Unternehmen zu jeder Zeit weiß, welche Aufgabe gerade die wirklich dringlichste ist.

Das größte Problem in der Projektorganisation sind die wandernden Engpässe. Jedes Projekt hat zu einem Zeitpunkt einen anderen Engpass, sprich fehlende Ressourcen. Darüber hinaus gibt es große Unsicherheiten, die immer wieder dazu führen, dass ein Projekt deutlich mehr Ressourcen benötigt als geplant und damit wechselnde Engpässe entstehen. Diese treiben das Unternehmen in einen reaktiven Modus und zu „Feuerwehraktionen“. Strategische Prioritäten können nicht gefunden werden und ein geordnetes effektives Arbeiten wird nahezu unmöglich. Ein typisches Symptom ist das so genannte negative Multitasking.
Qualitätsmanager wissen, dass in stochastischen Prozessen eine weitere Detaillierung oder eine bessere Vorhersage von Ereignissen zu keiner Verbesserung führt. Detaillierte Projekt-, Ressourcen und Terminplanung sind daher zum Scheitern verurteilt.
Critical Chain geht zur Stabilisierung des Projektmanagements einen komplett anderen Weg. Das Rahmenwerk nutzt die Eigenschaft von produzierenden Systemen, sodass es auf Dauer nur einen stabilen Engpass geben kann. Dieser stabile Engpass in Projektorganisationen ist die Integrationsphase. In dieser Phase treten die Probleme auf, die erst sichtbar werden, wenn das Produkt als Ganzes integriert wird. Erst dann werden zuvor verdeckte Wechselwirkungen sichtbar. In dieser Phase werden die erfahrensten Qualitätsmanager mit langjährigem Systemwissen benötigt.
Critical Chain nutzt daher die Integrationsphase der Projekte, um diese zu terminieren (strategische Priorität) und zwar genau so, dass diese Integrationsphase nicht überlastet ist. Dabei ist es praktisch unmöglich, die Kapazität der Integrationsphase analytisch zu ermitteln. In der Praxis wird die Kapazität genau so eingestellt, dass nur wenige Projekte in der Integrationsphase sind und damit keine reale Ressource mehr überlastet ist.
In Folge nimmt das negative Multitasking gerade bei den kritischen Wissensträgern und Entscheidern unverzüglich deutlich ab. Die notleidenden Projekte können besser versorgt werden, fast fertige Projekte werden abgeschlossen und neue Projekte können sich auf eine möglichst gute Qualität vor der Integrationsphase konzentrieren. Die Verweildauer in der Integrationsphase wird kürzer und der Projektdurchsatz steigt massiv an.
Critical Chain erfordert ein Umdenken bei Themen wie Effizienzkennzahlen und Kostenverrechnung, die Durchsatzsteigerung macht dies aber um vielfaches wett. Jüngste positive Beispiele für den erfolgreichen Einsatz von Critical Chain sind unter anderem Mazda mit einer Durchsatzsteigerung von über 50% und Endress+Hauser mit einer Verdopplung. In beiden Fällen wurde das Ergebnis mit gleichem Ressourceneinsatz und massiver Verkürzung der Projektlaufzeiten erzielt.
Das Staffeln am Engpass erzeugt zudem eine Situation, in der die Projekte optimal fließen können. Es sieht von außen so aus, als ob jedes Projekt über alle Ressourcen verfügt und damit auch zuverlässig zum Termin geliefert werden kann. In einer Multiprojektumgebung kann es aber jederzeit passieren, dass zwei oder mehrere Projekte die gleichen Ressourcen benötigen. Daher ist eine objektive Information notwendig, welches Projekt gerade jetzt die höhere Dringlichkeit aufweist.
Auch hier bedient sich Critical Chain eines einfachen Mechanismus: einer Projektampel, die aus einem Puffermanagement abgeleitet ist. Ein Projektplan besteht aus Arbeitspaketen, deren Dauer auf Schätzungen basieren. Egal, wie diese Schätzungen zustande kommen, sie basieren immer auf der aktuellen Erwartung, dass nicht alles perfekt läuft und immer Störungen auftreten. Alles zwischen der optimal kürzest möglichen Dauer und der Schätzung im Projektplan bezeichnet man als Puffer. Der große Druck in den Organisationen und weitere psychologische Mechanismen führen dazu, dass diese Puffer immer vollständig ausgeschöpft werden – und wenn dann noch Störungen hinzu kommen, gerät das Projekt in Schieflage.
Critical Chain nutzt diesen Effekt und verändert die Projektpläne nur zum Zweck der Steuerung. Alle Ar-beitspakete werden um einen Faktor rein mathematisch verkürzt; es entsteht gegenüber dem ursprünglichen Zeitplan ein Puffer. In vielen Fällen ist es sogar möglich, aufgrund des Versicherungseffekts, diesen Puffer weiter zu reduzieren ohne die Terminsicherheit zu gefährden. Im Folgenden werden Rückmeldungen der Arbeitspaketverantwortlichen genutzt, um möglichst täglich den zeitlichen Fortschritt des Projekts gegenüber dem Pufferverbrauch zu messen. Das Ergebnis ist eine zweidimensionale Darstellung in Form einer Fieberkurve. So lange der Pufferverbrauch kleiner ist als der Fortschritt, ist die zugehörige Ampelfarbe grün, andernfalls rot und dazwischen gibt es einen gelben Übergangsbereich. Dieser Ampelstatus hilft dem Team, das Projekt auf Spur zu halten. Sobald das Projekt den roten Bereich touchiert, können frühzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.
Diese Ampel dient aber einem noch höheren Steuermechanismus: Er bestimmt die operative Priorität des Projektes. Wenn zwei oder mehr Projekte Ressourcen benötigen, hat immer das „roteste“ Projekt Vorrang. Hierzu wird einfach der Quotient aus Pufferverbrauch zu Fortschritt genutzt. Das Projekt mit dem schlechtesten Fortschritt und dem größten Pufferverbrauch hat Vorrang.
Beide Mechanismen zusammen ergeben eine sehr leistungsfähige und robuste Steuerung. Die WIP-Begrenzung anhand der Integrationsphase ermöglicht es sehr schnell, gute strategische Entscheidungen zu treffen und gewährleistet, dass nur Termine genannt werden, die auch wirklich eingehalten werden können. Das negative Multitasking verschwindet, der Projektdurchsatz steigt.
Ergänzt wird dies durch die Fieberkurve, die aus dem objektiven Fortschritt und Pufferverbrauch ermittelt wird. Wenn sich die Beteiligten an die einfache Regel halten, dass das Projekt mit der größten Schieflage bevorzugt wird, ist es möglich, fast alle Termine sicher bei guter Qualität einzuhalten. ■

Der Autor

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Wolfram MüllerDirector of Customer Success (Sales)
Vistem
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