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Erfolg ist nicht ausgeschlossen

KVP im Umweltmanagement
Erfolg ist nicht ausgeschlossen

Erfolg ist nicht ausgeschlossen
Alle modernen Normen für Qualitäts- und Umweltmanagementsysteme (UMS) verlangen einen Kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Doch worum es dabei geht, und worin die Erwartungen liegen, darüber schweigen sie sich aus. Eine neue Studie zeigt erstmals, wie die Unternehmens- und Zertifizierungspraxis die KVP-Forderung der ISO 14001 in die Tat umsetzt. Sie rückt utopische Erwartungen zurecht und ortet – meist überwindbare – Hindernisse in der ökologischen Unternehmensentwicklung.

Dr. oec.HSG René Gastl, Unternehmensberater für integrierte Managementsysteme und Prozessgestaltung

„Ökonomisch profitabel, aber ökologisch enttäuschend“ lautete das Fazit diverser Untersuchungen, die kurz nach der Publikation der ISO 14001 vor rund zehn Jahren die Wirksamkeit der neuen Norm in Feldstudien überprüft hatten. Dennoch zeigte man sich damals in weiten Kreisen optimistisch, dass die ökologische Wirksamkeit mit der Zeit schon noch eintreten würde. Normierungsgremien, Zertifizierungsgesellschaften, Unternehmensvertreter und die Wissenschaft waren überzeugt, dass mit der KVP-Forderung ein wirksamer Mechanismus in die UMS-Norm eingebaut war, der auf Dauer eine verbesserte Umweltleistung zertifizierter Unternehmen herbeiführen würde.
Die Konzeption der Umweltmanagement-Norm ist denn auch bestechend einfach: Wer sich zertifizieren lassen will, der braucht anfänglich keine besonderen ökologischen Leistungen zu erbringen. Gefordert ist grundsätzlich einzig die Implementation eines normkonformen UMS, die Einhaltung der Gesetze im Umweltbereich und die Verpflichtung zur kontinuierlichen Verbesserung. Erst in den Jahren nach der Zertifizierung, wenn regelmäßig Überwachungs- und Wiederholaudits fällig werden, muss die Organisation beweisen, dass sie ihr UMS und auf diesem Weg ihre Umweltleistung von Periode zu Periode verbessert hat.
Beschränkte Mess- und Nachweisbarkeit
Die Studie, die an der Universität St. Gallen mittels Fallstudienuntersuchungen durchgeführt wurde, zeichnet ein differenziertes Bild über die Wirkung dieser Konzeption. Sie räumt dabei eine Reihe von „Mythen“ aus dem Weg und führt die bislang diffusen Erwartungen zur langfristigen Umsetzung der Norm auf realistische Pfade. So hält sie zunächst fest, dass der verlangte KVP mit dem entsprechenden Begriffsverständnis in der allgemeinen Managementlehre und insbesondere im Qualitätsmanagement kaum etwas gemeinsam hat. Hier geht es nicht um kleine Schritte als Ergänzung bahnbrechender Innovationen, wie sie aus dem Kaizen-Konzept bekannt sind. Hier geht es darum, dass eine Unternehmung alles daransetzt, ihre ökologischen Spielräume zu nutzen – sei dies mit spektakulären Neuerungen oder mit minimalsten Optimierungsschritten.
Allerdings sind solche Verbesserungen nicht immer messbar, und der langfristige Vergleich von ökologischen Leistungsdaten im Zeitablauf führt kaum je zu aussagekräftigen Resultaten. In der Praxis verändern sich die Datengrundlagen laufend (Welches Unternehmen sieht heute noch exakt so aus wie vor 5–10 Jahren?), und die Systemgrenzen verändern sich ebenso wie die angewendeten Mess- und Schätzmethoden. Veränderungen in der Produktpalette oder in der Prozesstechnologie im Betrieb erschweren vergleichende Aussagen über verschiedene Perioden zusätzlich. Letztlich ist der KVP innerhalb der Systemgrenzen einer zertifizierten Organisation aufgrund solch methodischer Schwächen nur in den seltensten Fällen quantitativ nachweisbar.
Kein garantierter Weg zum grünen Unternehmen
Es ist davon auszugehen, dass bei weitem nicht alle ISO-14001-zertifizierten Unternehmen per se eine umweltfreundliche Gesinnung aufweisen und die Schonung der Natur als explizites Unternehmensziel verfolgen. Der Entschluss zur Zertifizierung kann auch auf ganz anderen, insbesondere wettbewerbsstrategischen Überlegungen basieren. Greift hier die „Falle KVP“, um die Umweltleistung solcher Unternehmen auf Dauer zu optimieren? Die ersten Langzeitbetrachtungen in der Praxis bestätigen solche Erwartungen nicht. In ISO-14001-zertifizierten Organisationen ist in den Jahren nach der Erstzertifizierung generell zwar eine Beschleunigung des ökologischen Entwicklungsprozesses zu erkennen, und offensichtliche Umweltentlastungspotenziale werden systematisch erfasst und für Verbesserungen genutzt. Die KVP-Forderung erweist sich aber bislang als zu wenig effektiv, um aus „grauen“ Unternehmen „grüne“ Unternehmen zu machen.
Die Gründe dafür sind vielfältig. In den Unternehmen wird das Ausbleiben von Verbesserungserfolgen vielfach mit Sachzwängen, mangelnder Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen oder zu knappen zeitlichen oder finanziellen Ressourcen erklärt. In der Studie kommen aber auch ganz andere Gründe zur Sprache: Zum einen eine zu starke operative Ausrichtung des UMS (bzw. eine fehlende oder zu geringe strategische Verankerung des Umweltengagements), zum anderen Faktoren wie zu geringes spezifisches Know-how, ein stark eingeschränkter Bezugsrahmen (z.B. werden vielfach nur betriebliche Aspekte in das UMS einbezogen, nicht aber Produkte, Kunden oder die Beschaffung) oder interne Widerstände. Interessanterweise kann sich ein UMS aber mitunter auch selbst in der Weiterentwicklung hemmen: So können einst eingeführte Kennzahlensysteme den Denkrahmen des ökologischen Handelns so stark auf die Steuerung eben dieser Zahlen fokussieren, dass alle anderen möglichen Ansatzpunkte außen vor bleiben. Oder es wachsen mit den Jahren bürokratische Strukturen, deren Effizienz weder ökologisch noch ökonomisch befriedigende Resultate erlauben.
Solche Entwicklungsbarrieren sind jedoch – wie sich in der Praxis zeigt – überwindbar. Notwendig sind hierzu klare Zielvorgaben auf normativer und strategischer Ebene, die gerade auch in den Führungsetagen vorgelebt werden. Entwicklungsfähigkeit auf Dauer erfordert darüber hinaus eine inhaltsoffene Gestaltung des UMS, und die Gefahr interner Vorbehalte lässt sich reduzieren, wenn der Nutzen des UMS für die Unternehmung ersichtlich und erlebbar ist und wenn das ökologische Engagement mit den ökonomischen Zielen harmoniert. Zudem muss nicht alles, was ein UMS im Laufe seiner Entwicklungsgeschichte hervorgebracht hat, für immer in dessen Verwaltungs- und Dokumentationsbereich verbleiben. Dem Managementsystem sollte regelmäßig eine „Diät“ verordnet werden, etwa mit der Ausgangsfrage: „Was können wir aus dem UMS eliminieren?“ Verschiedene Abläufe, die ursprünglich durch das UMS angeregt worden waren, können nach einer gewissen Anwendungsdauer derart in die allgemeinen Prozesse diffundieren, dass sie auch ohne Zutun des UMS erhalten bleiben und / oder in die Linienverantwortung übergeben werden können.
Nachbesserungen in der Zertifizierungspraxis
Als eher überraschendes Resultat werden Mängel in der Umsetzung der externen Auditierungspflichten zertifizierter Organisationen aufgedeckt. Die Daten zeigen, dass sich Zertifizierungsgesellschaften und Auditoren tendenziell stark zurückhalten, wenn die UMS-Auditierung eine fehlende oder schwache Wirksamkeit des KVP ergeben sollte. Auch wenn keinerlei ökologischen Verbesserungen nachgewiesen werden können und offensichtlich ist, dass eine Organisation die ihr gebotenen Spielräume nicht nutzt, taucht dies kaum je als „Schwachstelle“ oder „Hinweis“ in den Auditberichten auf, und der Erhalt des Zertifikats ist nicht gefährdet. Wenn die Glaubwürdigkeit der UMS-Zertifizierung aufrechterhalten werden soll, dann müssen sich die Verantwortlichen in Zertifizierungsorganisationen und bei den Akkreditierungsbehörden die Frage nach geeigneten Kriterien für die Überprüfung des „Normpunkts KVP-Forderung“ stellen. Sie müssen transparente Kriterien definieren, die aufzeigen, ob eine Organisation diese Forderung erfüllt oder nicht. Letztlich ist nur ein ISO 14001-Zertifikat, das auf der Basis soliden ökologischen Engagements verliehen worden ist, glaubwürdig genug, um für die zertifizierte Organisation dauerhaft Werte generieren zu können.
Wirkungsvolle Forderung mit Einschränkungen
Die ISO-14001-Zertifizierung kann Organisationen in der Erreichung ökologischer Entlastungsziele wirkungsvoll unterstützen. Damit diese Entwicklung aber nicht nach wenigen Führungszyklen „einschläft“, reicht die KVP-Forderung allein nicht aus. Sie ruft zwar das Management zur regelmäßigen Beschäftigung mit ökologischen Fragen auf und hilft damit indirekt auf der Suche nach individuellen Entwicklungsperspektiven. Deren Realisierung erfordert aber zusätzlich eindeutige, intern gut abgestützte Ziele sowie Mut für Veränderungen. Angesichts enger Spielräume, knapper Margen, Produktivitätserfordernissen und immer rascheren Innovationszyklen ist gerade letzteres nicht selbstverständlich, wenn damit über die kurzfristigen Marktvorgaben hinaus auch Werte im Sinne umfassender Nachhaltigkeit geschaffen werden sollen. Wenn die KVP-Forderung aber strategisch fundiert umgesetzt wird und pragmatisches Vorgehen dominiert, dann führt sie die Unternehmung auf den Königsweg der nicht nur von den Normierungsgremien erhofften, sondern auch im Sinne nachhaltigkeitsbewusster Unternehmensführung erforderlichen immer währenden Umweltentlastungsspirale.
Clean Management, Zürich, Schweiz
QE 504
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