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Farbe und Tempo

Farb-Zeilenkamera-System zur Qualitätssicherung
Farbe und Tempo

In der Qualitätssicherung kommen immer mehr Bildverarbeitungssysteme zum Einsatz, um die Prüfaufgaben zu automatisieren und damit zum einen schneller und zum anderen qualitativ hochwertiger prüfen zu können. Seit den Anfängen der Bildverarbeitung vor etwa 20 Jahren haben bis heute entscheidende Verbesserungen in den Bildverarbeitungssystemen Einzug gehalten. Von besonderer Bedeutung sind hierbei (1) die erhöhte Geschwindigkeit der Datenübertragung zwischen den einzelnen Hardwarekomponenten, wie Kamera, Framegrabber und PC, (2) die qualitative Verbesserung der Datenübertragung durch deren Digitalisierung und (3) die Verbesserung der eingesetzten Kameras.

Lioba Friese, visolution GmbH, Kandel Dipl.-Ing. Jürgen Oehlmann, Geschäftsführer visolution GmbH, Kandel

Ursprüngliche BV-Systeme sind vergleichsweise langsam, wobei der ISA-Bus den begrenzenden Faktor bei der Datenübertragung darstellt. Diese Schnittstelle zwischen Framegrabber und PC kann gerade einmal 2 MB/sec übertragen, was für kurze Prüfzeiten bei weitem nicht ausreicht. Um die Datenübertragung zu beschleunigen, wurden zunächst Prozessoren im Framegrabber selbst entwickelt, was jedoch langwierig und daher mit hohen Kosten verbunden war. Auch war diese Lösung immer noch nicht schnell genug. Heutige BV-Systeme sind um den PCI-Bus ergänzt, der bis zu 132 MB/sec übertragen kann. Die Daten werden also mit hoher Geschwindigkeit von der Kamera über den Framegrabber in den Arbeitsspeicher des PCs übertragen. Zusätzlich sorgen beachtliche Steigerungen der Prozessorleistung dafür, dass bei hohen Arbeitsgeschwindigkeiten kurze Prüfzeiten erreicht werden. Auch bietet der PC eine bessere Entwicklungsumgebung als der Framegrabber, was bedeutet, dass die Softwareentwicklung auf dem PC transparenter ist, d.h. jede Datenänderung kann genau verfolgt werden. Neue Programme können somit schneller entwickelt und daher kostengünstiger angeboten werden.
Zur qualitativen Verbesserung der Bildverarbeitung hat nicht zuletzt die Entwicklung der Kameras beigetragen. Die ursprünglich eingesetzten Röhrenkameras wurden zunehmend von CCD-Kameras verdrängt. Bei Röhrenkameras ist ein hohes Rauschen vorhanden, d.h. der Dateninhalt von konstanten Bildern verändert sich ständig, wodurch die Möglichkeiten der Auswertung begrenzt sind. Bei den CCD-Kameras konnte dieses Rauschen extrem reduziert werden. BV-Systeme, bei denen CCD-Kameras zum Einsatz kommen, zeichnen sich durch konstante Bilddaten und deren sichere Auswertung aus. Heute eingesetzte CMOS-Kameras bieten noch mehr Dynamik als die CCD-Kameras. So können Bilder mit sehr hohen Helligkeitsunterschieden mit hohem Kontrast abgebildet und sicher geprüft werden.
Komponenten der Bildverarbeitung
Eine zu lösende Prüfaufgabe beinhaltet zunächst die Auswahl der geeigneten Hardware- und Softwarekomponenten, die heutzutage allgemein sehr günstig sind. Standardprüfaufgaben können zu einem guten Preis/Leistungsverhältnis angeboten werden. Bei applikationsspezifischen Anlagen hängt der Preis von der erbrachten Ingenieursleistung ab. Die Auswahl der verschiedenen Komponenten, wie Kameras, Beleuchtung und BV-System erfolgt je nach Komplexität der Prüfaufgabe.
Kameras
Kameras können in zwei große Gruppen eingeteilt werden: (1) Flächen- bzw. Matrixkameras und (2) Zeilenkameras. Die Flächenkameras teilen sich in CCD (=charge coupled device)-Kameras, die bewegte Objekte aufnehmen können, und CMOS (complementary metal-oxide semiconductor)-Kameras, die für die Aufnahme unbewegter Objekte geeignet sind. Sowohl CMOS-Kameras als auch CCD-Kameras sind als Flächenkameras und Zeilenkameras in Farb- und Schwarzweissausführung erhältlich. Bei den Farbkameras können noch 1-Chip- und 3-Chip-Kameras unterschieden werden.
Des Weiteren gibt es noch Intelligente Kameras, bei denen das Auswertesystem in das Kameragehäuse integriert ist. Von Vorteil ist die Verwendung solcher Kameras für einfache Prüfaufgaben, da sie relativ preisgünstig sind. Bei komplexeren Prüfaufgaben, wenn z.B. mehrere Kameras zur Aufnahme der zu prüfenden Teile notwendig sind, empfiehlt sich jedoch der Einsatz von herkömmlichen Kameras, deren Bildauswertung über einen unabhängigen Rechner erfolgt. Hierbei liegt der Vorteil darin, dass der PC die übergeordnete Einheit darstellt, über die die Messwerte aller eingesetzten Kameras verarbeitet werden. Darüber hinaus können bei PC-basierten Systemen BV-Funktionen aus allgemeinen Bibliotheken verwendet werden, die für Windows NT entwickelt wurden und aufgrund ihrer langjährigen Entwicklung sehr sicher in der Klassifikation der Bildauswertung sind.
Beleuchtung
Um ein möglichst kontrastreiches Bild erzeugen zu können, ist eine gute Beleuchtung notwendig. In der Bildverarbeitung ist es dabei wichtig, dass diese ausgewählte künstliche Beleuchtung konstant, also frei von Störungen von Fremdlichtquellen (wie z.B. Sonnenlicht, das durch Dachfenster von Produktionshallen fällt) bleibt. Die Abschirmung gegen solche Fremdlichtquellen wird z.B. durch Lichtkästen realisiert. Die am häufigsten eingesetzten Beleuchtungsquellen sind Warmtonlampen, Halogenlampen, LED-Lampen, Laserlicht und polarisiertes Licht.
Bedienelemente in der BV-Software
Die verschiedenen Kamerabilder die während des Fertigungsprozesses aufgenommen werden, werden über das BV-Rechnersystem digitalisiert und bewertet. Die Software des BV-Systems muss sich durch wichtige verschiedene Bedienelemente, wie Passwortschutz, Prüfaufgabentools, Einlernhilfen und Eingabekontrollhilfen auszeichnen. Über verschiedene BV-Tools, wie z.B. „Korrelation“, „Kantenvermessung“, „Grauwert-Statistik“, „Konturkontrolle“, OCR (=optical character reading), BLOB (= binary large object), Druckbildkontrolle, Farbklassifikation wird die Prüfaufgabe definiert und eingelernt.
Schnittstelle zur Kundenanlage
Die Verbindung zwischen dem BV-System und der Kundenanlage wird über verschiedene Schnittstellen (z.B. digitale 24V-Schnittstelle, serielle Schnittstelle, Netzwerkschnittstelle, File-Schnittstelle) realisiert. Darüber hinaus dient das BV-System als Betriebsdatenerfassungssystem und Prozess-monitor.
Modularer Aufbau von Hard- und Softwarekomponenten
Damit eine optimale Wartbarkeit der BV-Systeme gewährleistet ist, sollte die BV- Kernsoftware modular aufgebaut, d.h. unabhängig von der Hardware und dem Betriebssystem sein. Diese Unabhängigkeit wird erreicht, indem die BV-Software jeweils über verschiedene Schnittstellentreiber mit dem Framegrabber (Verbindung zur Kamera), der Kunden-Software und der Kundenanlage verknüpft wird. Ebenso bestehen verschiedene virtuelle Schnittstellen. Durch dieses Konzept ist die BV-Software von der Umgebung komplett entkoppelt und das gesamte System kann bei Hardwareänderungen jederzeit angepasst werden.
Umsetzung in der Praxis
Der Ausgangspunkt der Einführung von Bildverarbeitung in der Praxis ist eine Prüfaufgabe des Kunden. Der Kunde bespricht diese mit dem Bildverarbeitungsanbieter und schickt zu prüfende Musterteile zur Untersuchung zu. Der Bildverarbeiter kann diese im Labor untersuchen und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Nach der Untersuchung aller Musterteile werden Werte über die Prüfsicherheit und Schätzwerte über die Rejectrate (Rate der unberechtigten Zurückweisungen) ermittelt. Ein Besuch beim Kunden ist notwendig, um die Randbedingungen, wie z.B. Fremdlichteinfluss, Schnittstelle zwischen System und Kundenanlage u.a., abzuklären. Des Weiteren wird über ein Pflichtenheft der Leistungsumfang genau abgesteckt und die Bedingungen zur Abnahme festgelegt. Nach der Installation des BV-Systems in der Kundenanlage wird dieses vom Systemanbieter parametrisiert. Alle Messungen werden in einer Excel-Datei gespeichert, um die Prüfsicherheit und die Rejectrate zu verifizieren. Eine Nullserienbegleitung stellt sicher, dass die gewählten Parameter praxistauglich sind.
Anhand eines ausgewählten Anwendungsbeispiels wird der Weg von der Aufgabenstellung über die Integration des BV-Systems in die Kundenanlage bis zur fertigen Anwendung aufgezeigt. Von Bedeutung ist dabei insbesondere die Wahl der einzusetzenden Kamera und der Beleuchtung. Bei dem folgenden Applikationsbeispiel wird die Beschichtung von gestanzten Kupfer- oder Messingbändern, die aus zusammenhängenden Steckerpins bestehen, durch ein BV-System der visolution GmbH kontrolliert.
Prüfen von Endlosprozessen
Für die Qualitätssicherung in Endlosprozessen ist eine sicher funktionierende Bildverarbeitung von unerlässlicher Bedeutung. Diese hat mit dem von visolution entwickelten LICOS-Farbzeilenkamerasystem eine neue Dimension erhalten.
Das System wurde für die Überprüfung von Farbgrenzen in schnell laufenden Endlosprozessen entwickelt. Unter anderem findet es seine Anwendung in einem Galvanisierungsprozess, in dem gestanzte Kupferbänder, die aus aneinanderhängenden Steckerpins bestehen, zunächst im Tauchverfahren mit Nickel beschichtet werden. Nachfolgend wird die Lötseite, die die Verbindung zur Platine darstellt, in Zinn eingetaucht. Auf die Kontaktseite wird Gold aufgebracht, um eine Oxidation des Metalls zu verhindern und damit den Übergangswiderstand der Stecker so gering wie möglich zu halten. Die Aufbringung des Goldes erfolgt nicht im Tauch- sondern im Brushverfahren. Der Vorteil des Brushverfahrens besteht darin, dass das Gold nur an den benötigten Stellen, also an den Kontaktseiten aufgebracht wird, was Material und damit immense Kosten spart.
Da vom Endkunden nur zu 100% fehlerfreie Steckerbänder anerkannt werden, ist hier der Einsatz von Bildverarbeitung zur Kontrolle der Goldbeschichtung auf Vollständigkeit unumgänglich. Die Prüfaufgabe wird dergestalt gelöst, indem die Grenzübergänge zwischen den verschiedenen Metallen aufgrund verschiedener Farbklassen erkannt und vermessen werden.
Hierbei werden hohe Anforderungen an die Beleuchtung und die Messgenauigkeit gestellt. Um trotz der starken Reflexionen des Materials eine gleichmäßige Beleuchtung der zu prüfenden Objekte zu erzielen, ist eine besonders starke Beleuchtung erforderlich. Diese wird durch mehrere unterschiedlich angeordnete, hochfrequent getaktete Warmtonlampen und zusätzliche Reflektoren erreicht. Um der Messgenauigkeit gerecht zu werden, wird eine 3-Chip-Farbzeilenkamera der EM Gerätebau GmbH mit einer geringen Belichtungszeit verwendet, die die erforderliche hohe Auflösung besitzt und für jeden einzelnen Bildpunkt die volle Farbinformation liefert. Mit dieser Kamera werden 3 u 2700 Bildpunkte in der Breite aufgenommen, und die Farbauflösung beträgt ca. 16 Mio. verschiedene Farben.
Farbkameras werden in Bereichen eingesetzt, bei denen hohe Kontraste erforderlich sind, die mit Schwarz-Weißkameras nicht mehr erreicht werden könnten. Ein hoher Kontrast gewährleistet eine gute Erkennungssicherheit des Bildverarbeitungssystems und damit eine niedrige Rejectrate (Rate der unberechtigten Zurückweisungen).
Bei Farbkameras wird zwischen 1-Chip und 3-Chip-Kameras unterschieden. Die 1-Chip-Kameras sind kostengünstiger, da sie nur einen Matrix-Aufnahmesensor haben, so dass von jeweils einem Bildpunkt entweder nur der Rot-, Grün- oder Blauanteil ermittelt werden kann. Die volle Farbinformation wird bei 1-Chip-Kameras nur durch Interpolation der Nachbarpixel erreicht, während bei 3-Chip-Kameras die Farbinformation in allen drei Grundfarben für jeden einzelnen Bildpunkt vorliegt. Durch ein Prisma wird die eingehende Farbinformation in die drei Farben rot, grün und blau aufgeteilt. Bei großen, farblich gleichmäßigen Flächen sind 1-Chip-Kameras zur Berechnung der Farbinformation ausreichend. Bei farblichen Grenzübergängen wird jedoch die volle Farbinformation pro Pixel benötigt, was den Einsatz von 3-Chip-Kameras erfordert.
Für die Prüfung der Steckerbänder werden vier verschiedene Farbklassen definiert: (1) Nickel, (2) Zinn, (3) Gold, (4) alle anderen Farben. Beim Anlernen der Farbklassen werden verschiedene Farbnuancen aufgenommen, so dass diese innerhalb der Farbklassen als „gut“ akzeptiert werden. Während des Anlernens werden die aufgenommenen Bilder in den Farbklassenraum transformiert. Dieser wird als Erleichterung für den Benutzer in Falschfarben dargestellt. Diese Darstellung liefert eine Rückmeldung über den Trainingszustand, d. h. darüber, ob alle Farbklassen mit ihren jeweiligen Farbnuancen richtig eingelernt wurden. Eine Besonderheit des Bildverarbeitungssystems ist der sog. Makrorecorder. Dieser ist eine unentbehrliche Hilfe für das Anlernen der Farbnuancen. Alle aus dem praktischen Prozess aufgenommenen Bilder, die aus mehreren Zeilen bestehen, werden im Makrorecorder gespeichert und verwaltet. Dadurch erhält der Anwender einen repräsentativen Querschnitt der vorkommenden Farbnuancen, die zur Farbklassendefinition verwendet werden. Die Definition der Farbklassen erfolgt anhand einzelner ausgewählter Bilder. Anschließend werden die Grenzübergänge parametrisiert. Der Makrorecorder berechnet dann auf der Grundlage der eingegebenen Parameter aus den Farbinformationen aller aufgenommenen Bilder welche Grenzübergänge als „gut“ erkannt werden. Nach Durchführung der Anlernphase ist das System für die Qualitätskontrolle der Steckerpins voll einsatzfähig und erfüllt die hohen Anforderungen der Prüfaufgabe in vollem Umfang. Bis über 100 Steckerpins/sec bei einer Bandgeschwindigkeit bis zu 0,5m/sec können überprüft werden. Alle nicht korrekt beschichteten Steckerpins werden vom System erkannt und ausgeschleust.
CONTROL, Halle 2, Stand 2301
Weitere Informationen A QE 524
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