Startseite » Allgemein »

FMEA – zu viel Routine im Standard?

Allgemein
FMEA – zu viel Routine im Standard?

Risikoanalysen rücken in der Autoindustrie derzeit wegen der Umstellung auf die IATF 16949 sowie der Angleichung der FMEA-Standards nach AIAG und VDA verstärkt in den Fokus. Auch in anderen Industrien sind dies alltägliche Instrumente. Der rechtliche Sinn dahinter wird aber oft nicht beachtet.

Die Verantwortung eines Herstellers für fehlerhafte Produkte ist in vier unterschiedlichen Rechtsbereichen von Belang – im Vertragsrecht, in der Produkthaftung, in der Produktsicherheit und im Strafrecht.

Dabei wird der rechtliche Hintergrund der Risikoanalysen oft verkannt. Jeder Hersteller ist im Rahmen seiner Sorgfaltspflichten nach § 823 Abs. 1 BGB dazu aufgerufen, sein Produkt konstruktiv so sicher zu gestalten, wie das nach Stand von Wissenschaft und Technik, also unter Verwendung aktuell serienreif einsetzbarer Mittel, mit zumutbaren Aufwänden möglich ist.

Um solche Sicherheit konstruktiv zu gewährleisten, müssen jedoch Risikoanalysen gemacht werden, die im Fokus der bestimmungsgemäßen und vorhersehbaren Verwendung das Produkt auf die damit einhergehenden Risikofälle abklopfen. Kann der Hersteller diesen Schritt nicht nachweisen, verliert er im Zweifel die Möglichkeit, sich der Haftung zu entledigen. Es können sogar weitere Haftungstatbestände entstehen.

Anders formuliert: Für den Hersteller sicherheitsrelevanter Produkte ist es elementar, den dokumentierten Nachweis erbringen zu können, dass er die im Verkehr geschuldete Sorgfalt bei Entwicklung, Herstellung und Inverkehrbringen seines Produkts eingehalten hat.

Dieses Verständnis muss auch Grundlage der Betrachtung werden, die seitens des Herstellers – das umfasst auch den Komponentenlieferanten – im Rahmen von Risikobewertungen gemäß technischer Standards angesetzt wird. Sich nur auf die technische, dem Standard Folge leistende Betrachtung mit möglichst scharfer Abgrenzung der verschiedenen Gefahrstufen zu konzentrieren, ist falsch und kann fatale Folgen haben.

Das Voranstehende spielt aber nicht nur im Rahmen der Produktentwicklung eine wichtige Rolle, sondern auch im Rahmen der gemäß § 823 Abs.1 BGB geforderten Produktbeobachtung nach Inverkehrgabe. Stellen sich Faktoren ein, die bis dato dem Hersteller nicht bekannt waren, so ist dieser verpflichtet, mögliche Risiken zu bewerten und angemessen zu reagieren. Auch hierzu kann und muss die Risikoanalyse genutzt werden. Ergibt sich hieraus, dass die berechtigterweise erwartete Sicherheit nicht gewährleistet werden kann und birgt dies das Risiko für Leib und Leben von Anwendern oder Dritten, sind Marktmaßnahmen zur Abwendung der Gefahr unumgänglich.

Dies kann bei Tier-Lieferanten kompliziert sein, die entweder eigene „Katalogteile“ oder aber Fremdkomponenten nutzen, die nicht für die vom Kunden geforderte Anwendung entwickelt wurden. Sowohl Gesetzgeber als auch OEM-Kunde des Tier-Lieferanten erwarten von diesem, dass seine Produktverantwortung auch diese Teile umfasst und in Regress genommen werden kann. Hinzu kommt, dass in solchen Fällen auch die Produkthaftpflichtversicherungen oftmals nicht deckungspflichtig sind, weil der Fall per se nicht versichert ist oder der Einsatz abseits der dem Teil zugedachten Anwendung erfolgte.

Daher ist es auch wichtig, umfassende Abstimmungen und Zusammenarbeit mit dem OEM-Kunden einerseits und den benötigten Vorlieferanten andererseits zu verfolgen, einschließlich der relevanten Schnittstellen, Mitwirkungspflichten und Erprobungen. Hinzu kommen präzise und abschließende Formulierungen in Spezifikationen und Datenblättern, um Verwendungsparameter und die Eigenschaften der Produkte zu skizzieren. ■


Alles was Recht ist

Regelmäßige Beiträge

zu rechtlichen Themen liefert Reusch Rechts-
anwälte,

www.reuschlaw.de

Der Autor:

Daniel Wuhrmann



Hier finden Sie mehr über:
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de