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Ganzheitliche Sicht gefordert

Gelungene Premiere des Quality Engineering Innovationsforums
Ganzheitliche Sicht gefordert

Die Messtechnik ist in der Fertigung angekommen, auf den Messraum kann aber nicht verzichtet werden – so der Tenor des ersten Innovationsforums von Quality Engineering. Renommierte Experten schilderten dabei ihre Sicht zur integrierten Qualitätssicherung. Eine weitere Botschaft: Gefordert ist nicht nur die Technik, sondern auch die Organisation.

Gehört der Messraum der Vergangenheit an? Die Frage war auf dem Innovationsforum bewusst provokant gestellt. Der Trend zur Inline-Kontrolle wird zur Zeit so häufig thematisiert, dass man sich fragen kann, ob produzierende Unternehmen überhaupt noch einen Messraum benötigen.

Auf dem Innovationsforum gaben zehn renommierte Experten aus den Reihen führender Messtechnik-Anbieter darauf ihre Antworten. Und sie stellten dar, wie sich die Qualitätssicherung näher an die Produktion heranführen lässt.
Das Interesse der insgesamt 83 Besucher an diesen Informationen war groß. Das zeigte sich durch die vielen Fragen und Anmerkungen, die nach jedem Vortrag zu spannenden Diskussionen führten.
Gleich zum Einstieg in das Thema diskutierten die Experten unter sich. Karl Dietrich Imkamp, Leiter Visual Systems bei Carl Zeiss, Jan Linnenbürger, Leiter Messtechnik und Qualitätssicherung bei Renishaw, sowie Pawel Drabarek, Senior Experte für Optische Systeme bei Bosch, sprachen in einer Eröffnungsrunde über die Qualitätssicherung im Produktionstakt.
Dabei stellte Imkamp fest, dass die Messtechnik zwar mittlerweile in der Fertigung angekommen sei. Dieser Weg sei aber trotzdem noch nicht zu Ende. „Es wird noch viele Weiterentwicklungen geben“, sagte Imkamp.
„Nach wie vor können wir aber nicht auf den Messraum verzichten“, so der Experte von Carl Zeiss weiter. Es gebe viele Einflussgrößen, die auf ein Bauteil wirken. „Und es kann effizienter sein, diese Einflussgrößen auf einen kleinen Bereich zu beschränken“, erklärt Imkamp, „und dann geht man eben in den Messraum.“
Darin war er sich mit seinen Mitdiskutanten einig. „Produktion ist nicht gleich Produktion“, meint Drabarek von Bosch. Die Bedingungen seien immer unterschiedlich. Und sie seien nie identisch mit denen, die im Messraum herrschen. „Und wenn man etwa mit kleinen Toleranzen arbeitet, dann muss man das in einem Messraum abgleichen“, so Drabarek. „Wir benötigen für bestimmte Teile nach wie vor diese Absicherung.“
Er berichtet aber, dass es auch in seinem Unternehmen die Tendenz gebe, die Qualitätssicherung immer näher an die Fertigung zu bringen.
Stückzahl kann entscheidend sein
Wann es ratsam ist, fertigungsnah zu messen, kann man nach Meinung von Imkamp unter anderem an den Stückzahlen festmachen. „Wenn ein Unternehmen in einem Prozess sehr große Stückzahlen produziert, dann ergibt eine integrierte Messtechnik Sinn“, so der Carl-Zeiss-Mann. Bei Stückzahl 1 lohne sich der Aufwand in der Regel dagegen nicht.
Dazu gab es jedoch den Einwand eines Besucher des Innovationsforums. Dieser räumte ein, dass zum Beispiel Unternehmen aus der Aerospace-Branche häufig mit Losgröße 1 arbeiteten. Außerdem würden dort Bauteile mit einer sehr langen Laufzeit auf einer Maschine bearbeitet. „Wenn das Bauteil in diesen Fällen in den Messraum kommt, ist es eigentlich schon zu spät“, so der Besucher. Dann könne man nicht mehr zurück auf die Maschine, weil diese schon wieder belegt sei. „Man kann also auch bei Losgröße 1 gezwungen sein, integriert zu prüfen.“ Und dafür bräuchten die Unternehmen entsprechende Lösungen.
Solche Lösungen kann zum Beispiel Renishaw bereit stellen, wie Linnenbürger hervorhebt. Er weist auch daraufhin, dass es im Grunde kaum einen Unterschied zwischen einer Koordinatenmessmaschine und einer Werkzeugmaschine gebe, außer dass letztere typischerweise nicht temperiert sei. Insofern könne man auch auf einer Werkzeugmaschine messen.
Imkamp gibt ihn in diesem Punkt zwar grundsätzlich Recht. Er schränkt jedoch ein: „Ob es aber auch effizient ist, auf einer Werkzeugmaschine zu messen, muss immer individuell betrachtet werden.“
Prozesse sind zu starr
Laut Linnenbürger sollte das Thema Qualitätssicherung im Produktionstakt aber nicht nur aus technischer, sondern auch aus organisatorischer Perspektive betrachtet werden. „Man sollte sich überlegen, welche Informationen man wo und zu welchem Zeitpunkt benötigt“, so Linnenbürger.
Es gehe darum, die Prozesse insgesamt zu überdenken. Denn die sind nach Meinung von Linnenbürger häufig sehr starr in den Unternehmen. Will heißen: Es gibt oft eine strikte Trennung von Messraum und Fertigung. „Man braucht aber eine gesamtheitliche Sicht“, weiß Linnenbürger.
Genauso sieht dies Imkamp. „Man darf die Messtechnik nicht separat, sondern als einen Teil der Produktion sehen.“ Die Messtechnik werde sehr häufig als Richter der Produktion wahrgenommen. „Es geht aber nicht darum, über die Fertigung zu richten“, so Imkamp, „sondern gemeinsam ein Produkt zu erzeugen, dass den gesetzten Anforderungen entspricht.“
„Bei vielen unserer Kunden sprechen wir nicht mehr mit dem Messraumleiter, sondern mit dem Fertigungsplaner“, erklärt Imkamp weiter. Denn dieser plane sowohl die Fertigung als auch die Messtechnik.
Drabarek kann das bestätigen. „Bei Bosch ist das ebenso. Unsere Fertigungsplaner überlegen sich schon sehr früh, welche Messtechnik zur Fertigung gehört.“ Und in einer sehr frühen Phase würden Messmittel gekauft, um sie in die Fertigungslinie zu integrieren.
Auch Linnenbürger sieht die Verantwortung beim Fertigungsleiter. Er definiere schließlich die Prozesse und die Methoden.
Ressourceneffizienz braucht Messtechnik
Seiner Meinung nach gibt es noch viel Potenzial, die Methoden für die Qualitätssicherung richtig einzusetzen. Er berichtet zum Beispiel von produzierenden Unternehmen in Asien, die mit Schrottraten von 30 bis 40 Prozent führen.
Laut Linnenbürger gibt es besonders bei den Unternehmen aus der Automobilindustrie eine zunehmend große Bereitschaft, die Messtechnik in die Fertigung zu integrieren. „Weil man einfach sofort ein Feedback braucht“, so der Renishaw-Experte „und nicht erst in zwei oder drei Stunden.“
Imkamp bringt noch einen weiteren Aspekt ins Spiel. Er sieht beim Thema Ressourceneffizienz eine große Chance für die Messtechnik. „Wenn man Ressourcen einsparen möchte, dann muss man seine Prozesse so gestalten, dass möglichst wenig Verschwendung entsteht“, erklärt Imkamp. Die Verschwendung könne man aber nur bestimmen, wenn man misst. ■
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