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Genauer geht’s nicht

Erläuterung der mechanischen Toleranzen in Angebotszeichnungen
Genauer geht’s nicht

Sehr häufig kommen Fragen von Anwendern oder Besitzern von HBM-Drehmomentaufnehmern, warum bei manchen Maßen in Datenblättern keine Toleranz angegeben ist. Hintergrund ist häufig, dass beim Designen von Prüfständen besonders viel Sorgfalt an den Tag gelegt wird.

Allgemeine Hinweise für den richtigen Einbau von Drehmomentaufnehmern werden in einschlägigen Veröffentlichungen gegeben [1]. Allerdings wird hier nicht auf die einzelne mechanische Toleranzbetrachtung eingegangen. Dies würde auch den Umfang sprengen. Eine früher verwendete Angabe „Alle nicht tolerierten Maße nach Freimaßtoleranz DIN 2768“ ist heute nicht mehr aufrecht zu halten und für High End Produkte in der Regel falsch. Um heute wirtschaftlich zu fertigen und damit Kunden niedrige Preise zu ermöglichen, werden häufig mehrere Herstellungsverfahren verwendet, denen unterschiedliche Normen zugrunde liegen. Eine Angabe aller Toleranzen ist nur mit teilweise erheblichem Aufwand zu realisieren und hängt von der Art der Fertigung, zum Beispiel Sandguss, Druckguss, Kokillenguss, oder der Bearbeitung, wie beispielsweise Drehen, Fräsen, Schleifen der Teile ab. Für den Bereich Drehmoment von HBM gilt grundsätzlich für:

Einzelteile

Maße ohne Toleranzangabe sind nach ISO 2768-mK [2] (m=Längen- und Winkelmaße Teil 1; K= Form-und Lagetoleranzen Teil 2) toleriert. Bild 1 zeigt einen Ausschnitt der entsprechenden Norm und gibt einen ersten Einblick. Dies gilt für alle mechanisch bearbeiteten Maße, auch wenn die Einzelteile zuerst mit Gussverfahren hergestellt wurden.

Gussteile

Hier gilt bei Kokillenguss [4], verwendet beispielsweise bei den Gehäusen der Messflansche T10F / T10FS, der Genauigkeitsgrad nach DIN 1688 GTA 14/5 [4]. GTA14/5 bezeichnet den Genauigkeitsgrad. Die sich daraus ergebende Toleranz ist abhängig von dem Nennmaßbereich und der Formabhängigkeit. Er verkörpert die genaueste Fertigung von Kokillenguss. Bild 2 veranschaulicht dies.
Bei Gussteilen spielt generell noch eine Rolle ob es sich hierbei um Sandguss [3], Druckguss [5] oder Kokillenguss [4] handelt. Die Auswahl der Gussverfahren ist in der Regel anhängig von den Stückzahlkosten. Bei sehr geringen Stückzahlen startet man zunächst mit Sandguss, wechselt dann zu Kokillenguss und endet schließlich aufgrund der geringen Herstellkosten, insbesondere in China, bei voll mechanisch bearbeiteten Teilen, die dann die geringsten Toleranzen besitzen. Ein Umstellen während der laufenden Fertigung geschieht laufend und ist für den Kunden unrelevant, solange die Spezifikationen eingehalten werden. Werden Gussteile nach dem Guss mechanisch bearbeitet gilt für die bearbeiteten Flächen dann DIN ISO 2768 [2]. Bild 3 gibt hiervon eine Vorstellung.
Alle oben genannten Toleranzen, ob für Einzelteile oder Gussteile, sind nicht anzuwenden bei Baugruppen und Montagegruppen die sich aufbauen, so besteht beispielsweise der T10F-Rotor aus Messkörper, Adapterflansch und gegebenenfalls noch Kupplungen. Weiterhin sind auch noch Maße wie die Mitte des Steckers 1 angegeben. Diese Toleranz setzt sich dann aus der Bohrungstoleranz, der Steckertoleranz und der Lagetoleranz der Steckerbohrung zusammen. Im Datenblatt B0778–11.0 de [6] findet man nicht nur die Abbildung des Flansches T10FS (Bild 4), viel wichtiger ist die darin enthaltene Angebotszeichnung (Bild 5). Deutlich zu sehen sind die von den Normen abweichenden, für den Einbau relevantenToleranzen.

Baugruppen

Bei Baugruppen ergeben sich die Toleranzen aus den Einzeltoleranzen der einzelnen Elemente. Dies kann bedeuten, dass sich die einzelnen Toleranzen entweder addieren oder sich gegenseitig teilweise oder ganz aufheben.
Setzt sich eine Baugruppe aus mehreren Elementen zusammen entstehen Kettenmaße mit ihrer individuellen Toleranz. Die Toleranz der Basisgruppe entsteht aus vielen Kombinationsmöglichkeiten je nachdem welche Einzelkomponenten vorhanden sind. Hier den worst case anzugeben ist nicht praxistauglich.

Zusammenfassung

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Toleranzangaben in Abmessungszeichnungen beziehen sich auf Fertigungstoleranzen und sind so in der Regel nur für Einzelteile angegeben. Bei zusammenbebauten Elementen und bei einbauunrelevanten Maßen sind sie nicht in den Abmessungszeichnungen vorhanden. Aufgrund der Fülle der anzuwendenten Normen würde eine Angabe aller Toleranzen zu einer Unübersichtlichkeit und Verwirrung führen und deshalb wird darauf verzichtet. Die relevanten Toleranzen sind vorhanden, werden darüber hinaus weitere Toleranzen benötigt, sind sie beim Hersteller erhältlich. Man sollte aber darauf verzichten, wenn Toleranzen für das Design unerheblich sind.

Literatur:

[1] Rainer Schicker, Georg Wegener: Drehmoment richtig messen, ISBN 3–00–009015–0
[2] DIN ISO 2768 Teil 1, Allgemeintoleranzen, Toleranzen für Längen- und Winkelmaße ohne einzelne Toleranzeintragung. Beuth Verlag
[3] DIN 1688–1, Gußrohteile aus Leichtmetallegierungen, Sandguß, Allgemeintoleranzen, Bearbeitungszugaben, Nicht für Neukonstruktionen, Beuth Verlag
[4] DIN 1688 Teil 3, Gußrohteile aus Leichtmetallegierungen, Kokillenguß, Allgemeintoleranzen, Bearbeitungszugaben, Beuth Verlag
[5] DIN 1688 Teil 4, Gußrohteile aus Leichtmetallegierungen, Drukguß, Allgemeintoleranzen, Bearbeitungszugaben, Beuth Verlag
[6] HBM- Datenblatt T10FS B0778-11.0 de
[7] HBM- Motageanleitung T10FS A0784-14.0
Hottinger Baldwin Messtechnik, Darmstadt www.hbm.com

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