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Generation Quality?!

ASQ 62nd World Congress on Quality and Improvement
Generation Quality?!

Business Excellence, Generationenvielfalt, Wissensübermittlung, Teamwettbewerb und Virtuelles Universum: Die American Society for Quality übt anlässlich ihres Jahreskongresses den Umgang mit einer mannigfaltigen Welt.

Birgit Otto BSc MA, BO Consult, Services for Excellence, Ostfildern

Der Anspruch war gewaltig: Der World Congress on Quality and Improvement der American Society for Quality (ASQ WCQI), der vom 5. bis 7. Mai 2008 in Houston, Texas (USA) stattfand, sollte laut Programm „Grenzen, Methoden und Berufe überschreitend“ sein, Man wollte sich hochtrabend mit der „Generation Quality“ auseinandersetzen. Grenzen zu überschreiten ist zwar ganz im Sinne der ASQ-Strategie, die seit 2000 konsequent zwei Ziele verfolgt: Internationalisierung dieser uramerikanischen Vereinigung und Erweiterung der traditionell industriell geprägten Mitgliederbasis um Service- Qualitätsfachleute. Doch zwischen ambitioniertem Anspruch und rauer Wirklichkeit klaffen auch nach acht Jahren immer noch Welten. Dabei wird ein Problem erkennbar, vor dem zurzeit vermutlich viele Organisationen stehen: Die ASQ ist zweigeteilt in diejenigen, die sich auf das Neue einlassen, auch wenn es teilweise noch unsichtbar ist, und diejenigen, die ihre alte ASQ vermissen, verteidigen oder verlassen. Sinkenden Mitgliederzahlen bei den traditionellen Angeboten wie Trainings oder Bücherverkauf stehen positive Entwicklungen bei neuen Angeboten, besonders Internet-basierten Fachgremien, und internationalen Mitgliedschaften gegenüber.
US Norm? Yes, but…
Bei den ASQ-Mitgliedern wächst die Erkenntnis, dass die USA bei Weitem nicht mehr das Maß aller Dinge in der Welt ist, zum Beispiel, wenn bei internationalen Ausschreibungen zur Stahlerzeugung die US Norm gegenüber einer europäischen als zu krude zurückgewiesen wird. Oder wenn die Vergabe von Rüstungsaufträgen an Ausländer oder eine internationale Übernahme US-amerikanischer Unternehmen nur unter Einsatz größter politischer Lobbyarbeit verhindert werden können. Sowohl diese Verunsicherung als auch die Zweigleisigkeit von neugierig zulassen oder misstrauisch beäugen, mit der die Menschen mit ihr umgehen, zog sich wie ein Roter Faden durch den diesjährigen Kongress mit etwa 2.000 Teilnehmern.
Breakthrough Management
Die Themenfelder des Programms machten deutlich, dass man sich bemüht, „Quality“ mit anderen Entwicklungen zu verzahnen: Business Excellence, der ganzheitliche Qualitätsmanagementansatz, ist wieder auf der Agenda aufgetaucht, nachdem es in den vergangenen Jahren erst zugunsten der ISO-Zertifizierungswelle und dann wegen des Six Sigma Hype in den Hintergrund trat. Sicherlich einer der interessantesten Vorträge zur Zukunft von Business Excellence war der von Dr. Shoji Shiba aus Japan und Dr. Sarita Nagpal aus Indien, die ein zur Zeit in Indien laufendes Programm vorstellten, bei dem indische Unternehmer aus der herstellenden Industrie in Lernclustern unter dem Motto Breakthrough Management systematisch in innovativen Führungsmethoden geschult werden, die klassisches TQM mit Innovation verbinden. Besonders einprägsam, die von ihnen in Form des buddhistischen „dritten Auges“ visualisierte Forderung nach Management im Dreiklang von Überwachung, Verbesserung und Umbruch.
Do it yourself QS im Gesundheitswesen
Neben Dr. Shoji und Dr. Nagpal überraschte Dr. Marius J.S. Buiting, Präsident der European Society for Quality in Healthcare (ESQH) die Zuhörer einer „International Session“ mit neuen Gedanken zum Umgang mit Qualität im 21. Jahrhundert: „In den Niederlanden arbeiten wir gerade daran, unser Gesundheitswesen auf ein Self-Service System umzustellen, das allein vom Patienten und seinen Angehörigen getrieben wird“. Das sei einerseits die Flucht nach vorne, da der wachsenden Marktnachfrage ein immer stärker sichtbarer Mitarbeitermangel gegenüber stehe, räumt Buiting ein. Andererseits sei es auch die konsequente Weiterentwicklung der Qualitätskontrolle, denn wer von Qualität oder nicht vorhandener Qualität an Leib und Leben betroffen ist, achte wohl am besten darauf, dass Prozesses sauber ablaufen und vereinbarte Ziele auch erreicht werden. Wow! Was für eine unglaubliche Vorstellung! Was für eine verrückte Idee! Schade, dass gerade solche Veranstaltungen von der großen Masse der Tagungsteilnehmer links liegen gelassen werden. Sie hätten sonst auch erfahren, wie sich die Dubai Police Force, unterstützt vom eTQM College Dubai, in die Herzen der Emiratis katapultierte: mit Dienst am Kunden, z.B. durch Hilfe beim Reifenwechsel statt seiner Vergatterung wegen Verkehrsbehinderung, durch Servicestellen der Verkehrspolizei in Einkaufszentren, durch Knöllchenzahlautomaten an Orten mit hohem Kundenverkehr und durch Autoinspektionszentren an Tankstellen. Alle Maßnahmen werden durch Mystery Shopper überwacht. Wow! Was für tolle Ideen für andere öffentliche Einrichtungen.
Reichlich Zuhörer fand Konteradmiral und Ex-Astronaut T.K. „Ken“ Mattingly mit seiner Geschichte, wie die Apollo 13 Mission durch den Einsatz kreativer, ungewöhnlicher Mittel ein gutes Ende fand. Immer noch eine gute Geschichte, auch für die Q-Welt, aber eben schon vom milden Glanz der Vergangenheit übertüncht.
Vielfalt der Generationen
Unter dem spritzigen Titel „Mind the Gap!“ machte Stephanie Parker von BSH Home Appliances die Konferenzteilnehmer mit der unterschiedlichen Sichtweise verschiedener Generationen bekannt. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigten, so Parker, dass zwischen vier Generationen unterschieden werden könne: den Traditionalisten (geboren bis 1945), den Babyboomer (geboren 1945–1964), der Generation X (geboren 1965–1980) und den Millenials (1981–1999).
Besonders interessant sei die Erkenntnis, dass sich diese vier Gruppen in ihren Wertvorstellungen deutlich unterschieden. Was Eltern bisher nur als typischen Eltern-Kind-Konflikt durchlebten, findet nun also auch im Geschäftsleben Beachtung, wenn mehrere Generationen zusammenarbeiten sollen.
Bei Untersuchungen nach unterschiedlichen Wertvorstellungen der verschiedenen Generationen stand generationenübergreifend der Wert Familie an erster Stelle. Aber schon ab Platz zwei wird es spannend: Während Traditionalisten und Babyboomer Integrität auf Platz 2 setzen und er bei Generation X immerhin noch Platz 3 erreicht, fehlt der Begriff unter den Top Drei der nach 1981 Geborenen. Dafür erscheint bei dieser Generation als einziger Überzeugung (Spiritualität) auf Platz 3. Liebe, bei Traditionalisten und Babyboomern auf dem dritten Platz, erklimmt sowohl bei Generation X als auch Millenials den zweiten.
Was das mit Qualität zu tun hat? Eine ganze Menge, bewies Stephanie Parker in einem „World Café“, bei dem sich Teilnehmer verschiedener Generationen drei Fragen diskutierten: Was ist für sie Erfolg oder Misserfolg bei der Arbeit und im Privatleben? Welche stereotypischen Aussagen über Ihre Generation treffen aus Sie zu /nicht zu? Welche Probleme haben Sie mit anderen Generationen und wie könnten Sie diese lösen? Schnell wurde klar, wie oft Konflikte im Alltag durch die unterschiedlichen Wertesystem ausgelöst werden, auf die wir im Lebensalter zwischen 7 und 21 Jahren konditioniert werden.
Teamwettbewerb
Seit ein paar Jahren ist „die Endausscheidung für den „International Team Excellence Award“ der ASQ in die WCQI integriert, für das sich 25 Teams aus USA, Costa Rica, Indien, Japan und Singapur qualifiziert hatten. Konferenzteilnehmer können die Präsentationen der Teams verfolgen. Es geht immer um ein Verbesserungsprojekt, das nach streng festgelegten Regeln vorgestellt werden muss: 1. Projektauswahl und –ziel, 2. Ursachenanalyse, 3. Lösungsentwicklung, 4. Umsetzung sowie 5. Teammanagement und Projektkommunikation. Die Goldmedaille ging an ein Boing Team, Silber errang das Healthway Team, Bronze ging an ein Bayer Material Science Team. Auch beim Teamwettbewerb wird die vorsichtige Verschiebung von der Industrie zu öffentlichen und privaten Dienstleistungen sichtbar, kam doch etwa ein Fünftel der Bewerber nicht aus den klassischen Branchen der amerikanischen Industrie. Der Teamwettbewerb findet auch bei den WCQI-Tagungsteilnehmern immer mehr Anklang, weil Qualitätsmanager viele Anregungen für die eigene Verbesserungsarbeit aus der Praxis erhalten.
Virtual Universe
Dem Programmtitel, sich den QM Anforderungen der virtuellen Welt zu stellen, konnte die ASQ dieses Jahr nicht gerecht werden. Wenn Vorträge über virtuell arbeitende Teams und Intranet/Internet Lösungen für deren Zusammenarbeit mangels Internetanbindung des Kongresszentrums in Houston nur offline mit toten Powerpointfolien präsentiert werden kommt bei den Zuhörern keine wirkliche Begeisterung auf.
Angesichts der nochmals verschärften US Einreisebestimmungen birgt auch die reale Welt noch jede Menge Herausforderungen für die ASQ, um ihrem Anspruch gerecht zu werden, Qualitätsinteressierte aus aller Welt in den Dialog zu bringen. Vielleicht sollte die ASQ die nächsten Kongresse außerhalb der Vereinigten Staaten planen? Dann würde der Austausch mit internationalen Qualitätsfachleuten nicht an Visaformalitäten scheitern.
Auch die riesigen Standard-Kongresszentren, die die ASQ angesichts zurückgehender Mitgliederzahlen einfach nicht mehr füllt, sollten durch neue, spannende Orte ersetzt werden, an denen ein wirklicher Austausch zwischen Menschen gefördert wird. Die Zeiten von standardisierten Massenveranstaltungen sind auch bei Berufsverbänden vorbei.
Das neue Format der Winner’s Conference, wie es die Deutsche Gesellschaft für Qualität (DGQ) ihm Rahmen ihrer Förderung des Ludwig-Erhard-Preises bereits zum dritten Mal am 17./18. April 2008 in Frankfurt verwirklichte, zeigt in die richtige Richtung: Kleiner Rahmen, viel Raum und Zeit für persönliche Gespräche und gemeinsame Erlebnisse, wie in Frankfurt der Besuch des EXPLORA 3D Museums im Glauburg Bunker fördern das Gefühl, gemeinsam etwas Neues zu erleben und gleichzeitig mit Gleichgesinnten gut vernetzt zu sein. Mögen die Veranstalter und ihre Budgetentscheider den Mut haben, dieses Klasse-statt-Masse Format voran zu treiben, bei dem sowohl die Neugier des Menschen und sein Wunsch nach Geborgenheit angesprochen werden.
Die diesjährige WCQI machte deutlich: Auch die Q-Welt ist ein Karussell geworden – bunt, vielfältig und sich immer schneller drehend. Wir müssen uns darauf einlassen, auch wenn es uns das manchmal schwindlig wird. Die ASQ lädt zur 2009 World Conference on Quality and Improvement vom 18. bis 20. Mai 2009 in Minneapolis zum Aufstieg auf das Qualitätskarussell ein. Es wird sich alles um die „Culture of Quality“ drehen – für Kunden, Organisationen und das Gemeinwesen. Einsteigen, bitte!
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