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Geometriefehlern auf der Spur

Profilvergleich digitalisierter Freiformflächen an Kaltverformungswerkzeugen
Geometriefehlern auf der Spur

In der Werkzeugindustrie bestehen vielfältige Aufgaben in der Fertigungsvorbereitung, die alle darauf abzielen, eine qualitätsgerechte Produktion der hergestellten Werkzeuge für die Kunden zu sichern. Oft treten dabei in der Erprobungs- oder Produktionsphase Fehler auf, die nicht in einfacher Weise in den Unternehmen geklärt werden können, weil dafür spezielle Meßtechnik, Software und in immer häufigeren Maße auch Know-how fehlen. In solchen Fällen bietet sich u.a. eine Zusammenarbeit mit Hochschuleinrichtungen an, die dabei auch für sich selbst an Aktualität der Lehre gewinnen können. Ein typisches Beispiel für ein Industrieproblem ist der Profilvergleich digitalisierter Freiformflächen an Kaltverformungswerkzeugen.

Prof. Dr. K. Meißner, Dipl.-Ing. (FH) A. Pachmann, Fachhochschule Jena

Charakteristisch für die Qualität des Kaltverformungswerkzeuges sind Rau-heit, Formabweichung und der Werkstoff des Werkzeuges. Der Werkstoff kann im Bedarfsfall hinsichtlich Homogenität, Härte, Spannung untersucht werden. Die Rauheit ist an Freiformflächen nur dann definiert zu messen, wenn die für die Auswertung der Rauheit notwendige rechnerische Entfernung der Flächenkrümmung über Filterung oder Ausgleichsrechnung erfolgen kann. Die Formprüfung von Freiformflächen kann dreidimensional, z.B. mit einer Koordinatenmeßmaschine mit messendem Tastkopf, oder zweidimensional durch Untersuchung von Profilschnitten erfolgen. Ergebnis einer Freiformflächen-prüfung ist die Formabweichung der Istkontur von der Sollkontur. Die für die Bestimmung der Abweichungen notwendige Ausrichtung kann durch Bestfitanpassung oder durch Ausrichtung an markanten Punkten, über Aufspannung oder Berechnung, vorgenommen werden.
Profilwölbungen
Gegenstand der Untersuchung waren paarweise eingesetzte Walzelemente, aufgebaut als Zylinderscheibensegmente, mit für die Formung verantwortlichen Profilwölbungen in radialer Richtung. Im konkreten Einsatzfall wurden die Walzelemente auf den zu walzenden Teilen abgerollt. Beim Einsatz der Walzelementenpaare traten im Fehlerfall Risse am Werkstück über die gesamte Strecke auf, so daß von systematischen Geometrie-Fehlern an den Walzelementen ausgegangen werden mußte. Es waren sowohl Abweichungen in der Oberflächenrauheit der Walzelemente, als auch Profilabweichungen des Kurvenprofils an örtlich und räumlich unterschiedlichen Punkten denkbar. Diese Fehler zu erkennen, um sie bei der Herstellung der Walzelemente auszuschließen, sollte Ergebnis der Untersuchung sein.
Auf die Messung von Werkstoffparametern konnte verzichtet werden, da Werkstoffunterschiede von seiten des Walzelemente-Herstellers ausgeschlossen werden konnten. Die Profilhöhe als Abstand zur Aufspannanlage, konnte verhältnismäßig leicht mit herkömmlicher Meßtechnik gemessen werden. In einer Vorabuntersuchung konnten diese Abweichungen jedoch als Fehlerursache ausgeschlossen werden.
Somit wurde die Untersuchung auf die Messung von Profilwölbungen hinsichtlich Profilformunterschied und Rauheitsunterschied eingegrenzt. Für die Messungen standen keine näheren Angaben zur Fixierung von relevanten Sollwerten in ausreichender Anzahl und Aussagekraft zur Verfügung. Die Messungen wurden daher auf den Vergleich zwischen den Parametern eines fehlerfrei arbeitenten Walzelementenpaares (Normal, Soll) und dem fehlerhaften Gegenpaar (Prüfling) reduziert. Somit mußten die Walzelemente nicht mit Zeichnungsangaben, sondern als Gegenüberstellung von Sollprofilen der fehlerfrei arbeitenden Elemente, zu Istprofilen der fehlerbehaftet arbeitenden Elemente bestimmt werden.
Von einer relativ unübersichtlichen, schwer zu abstrahierenden Analyse im dreidimensionalen Raum konnte Abstand genommen werden, da die Erfahrungen aus dem Herstellungsprozeß der Walzelemente stochastische Fehlerquellen und sprungartige Veränderungen auf der Oberfläche auszuschließen gestattete. Die Messungen verminderten sich dadurch auf die Untersuchung von gleichliegender Profilschnitte an den Walzelementen. Abbildung 1 zeigt den prinzipiellen Schnitt durch ein Profil eines Walzelementes.
Meßaufbau
Als Meßgerät diente ein Form Talysurf Serie 2 Laser, welches in seiner vorhandenen Konfiguration neben den klassischen Aufgaben der Rauheitsmessungen zusätzlich für Rauheitsmessungen an Kreiselementen, Profilmessungen und topografische Analysen genutzt werden kann. Für die Vorbereitung der Messungen wurden die einzelnen Walzelemente entsprechend ihres Einsatzes drehbar gelagert aufgenommen und die Winkellagen durch Anschlag auf einem Kreisnormal fixiert. Die hierfür realisierte Haltevorrichtung wurde auf den Meßtisch aufgesetzt. Daraufhin wurde die Winkelverkörperung der Aufnahmescheibe so zum Meßtisch ausgerichtet, daß
u die Parallelitätsabweichung der x-Achse der Aufnahme zur Meßachse minimiert ist,
u die y-Position der Vorrichtung kalibriert werden kann und
u am Meßsystem die Kippung der Vorrich- tung um die y-Achse zum Meßsystem beseitigt wird.
Die Position der Haltevorrichtung wurde während der gesamten Messungen nicht verändert.
Die Vorrichtung positionierte somit alle Teile reproduzierbar.
Konzeption der Messung und Auswertung
Um den Einfluß von nichterfaßbaren Schwankungen der Meßbedingungen als Fehlereinfluß zu minimieren und eine Übersichtlichkeit bei der Auswertung zu wahren, war es erforderlich, erst nach der kompletten Datenaufnahme die Datenauswertung durchzuführen.
Zur Durchführung der Messung gehören nachstehend aufgeführte Schritte:
u Aufnahme der Profildateien für das Soll- profil und die Istprofile.
u Erfassung der Rauheitsdaten für die Soll- und Ist- Walzsegmente.
u Vektorisierung der Soll- und Istprofile.
u Bestfiteinpassung der Istprofile in das zugehörige vektorisierten Sollprofil.
u Konturvergleich zwischen Soll- und Ist- profilen.
u Graphische Darstellung der Profildiffe- renzen zwischen Soll- und Istprofilen.
u Gaussfilterung des Profils zur Ermittlung der Rauheitskenngrößen.
u Rauheitskenngrößen Ra und tp berechnen.
u Fehler im Profilanalyseprogramm und im FTS-Programm beachten.
Es entstanden im Zusammenhang der Messungen ca. 200 Dateien Dokumentation, Protokoll, Rohdaten Rauheits- und Profilformmessung, vektorisierte Profile, überlagerte Darstellungen nach Bestfiteinpassung für die einzelnen Profilschnitte.
Für die Nachvollziehbarkeit sind alle einzelnen Schritte beim Messen und Auswerten, die Dokumentation der Dateinamen sowie die Möglichkeiten und Beschränkungen der zur Verfügung stehenden Software in einer Datei erfaßt worden.
Für die Erstellung wurde die Software zum Form Talysurf, die Profilanalysesoftware des Anbieters, verschiedene Grafikprogramme und Word für Windows genutzt. Die Möglichkeit der Rauheitsanalyse wurde erst dadurch möglich, daß über zwei kleine Bereiche die Profilform nahezu kreisförmig war. Beispielhaft ist die Rauheitsmessung in Abb. 4 dargestellt.
Profilformmessung
Die Profilformmessung erfolgte mit einem Kugeltaster mit Radius 500 µm, Meßbereich 12 mm und einer Auflösung von 20 nm. Das Walzsegment wurde auf der Haltevorrichtung aufgenommen und die Profillage (vonX, vonZ), die Profilhöhe (hochZ) sowie die Abtaststrecke (überX) definiert, welche bei Sollprofilen und Istprofilen zugehöriger Walzelemente gleich lag.
Danach erfolgte die Datenaufnahme, die Markierung des aufgenommenen Schnittes und die Speicherung der Daten.
Anschließend wurde das Segment in den nächsten Schnitt gedreht und dieser Schnitt aufgenommen, markiert und gespeichert. Nach Aufnahme aller Profilschnitte eines Walzelementes wurde das nächste Walzelement untersucht.
Auswertung der Profilmessungen
Bei der Auswertung der Profilmessungen wurden 2 Grafiken pro Schnitt erstellt.
Zum einen wurde das Sollprofil mit einer Formtoleranz von 1 µm vektorisiert und das importierte Istprofil (fehlerhaft arbeitendes Profil) mittels Bestfiteinpassung darüber projiziert.
Anschließend wurden die vorhandenen Abweichungen des Istprofils zum Sollprofil als maßstäbliche Grafik exportiert und im Protokoll maßstäblich abgelegt. Zum anderen erfolgte eine maßstäbliche Ablage der vektorisierten Sollprofile auf Folien, welche als Fertigungsvorlage nutzbar sind.
Rauheitsmessung
Für die Rauheitsmessung kam ein Taster mit Spitzenradius 2 µm, Meßbereich 6 mm und einer Auflösung von 10 nm zum Einsatz. Die Vorgehensweise bei der Datenaufnahme der Rauheit ist in den gleichen Schritten wie bei der Profilformmessung erfolgt. Lediglich der Meßkopf des Gerätes wurde um 9° um die y-Achse gedreht, um die Antastung senkrechter zur später zu analysierten Rauheit zu halten.
Auswertung der Rauheitsmessungen
Die Rauheitsmessung erfolgte an Bereichen eines Schnitts.
Rauheitsbezugsstrecke und Grenzfrequenz der Rauheitsmessung entsprachen nur zum Teil der DIN, was jedoch keine Einschränkung der Aussagequalität bedeutetet, da lediglich die Vergleichbarkeit untereinander gewährleistet werden mußte und alle Auswertungen mit den gleichen Parametern erfolgten.
Versuchsergebnisse
Die Analyse der Rauheitsdaten ließ weder visuell noch in den Werten für arithmetischen Mittenrauhwert und Traganteil einen reproduzierbaren Zusammenhang zwischen fehlerhaft und fehlerfrei arbeitenden Walzsegmenten erkennen.
Die grafischen Darstellungen der Abweichungen von fehlerhaft zu fehlerfrei arbeitenden Elementen für alle 10 gemessenen Profilschnitte pro Element zeigten jedoch in allen Fällen charakteristische Abweichungen der fehlerhaft arbeitenden Elemente.
Die Abweichungen waren bei einer Vergrößerung von 25 : 1 und einer grafischen Überlagerung zugehöriger Schnitte so hervorragend zu erkennen, daß aus den vekto-risierten Profilen der fehlerfrei arbeitenden Elemente im Maßstab 25 : 1 Folien für die Elementefertigung erstellt wurden. Die Fo-lien ermöglichen die visuelle Kontrolle des Profils auf dem Projektionsschirm der Fer-tigungseinheit der Elemente, welcher im Maßstab 25 : 1 arbeitet.
Die Walzelemente werden gemäß der Folien gefertigt bzw. nachgearbeitet.
Mit Rücksicht auf firmenspezifische Interessen des Auftraggebers der Untersuchung kann diese Dokumentation grafisch nicht stärker untersetzt werden.
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