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Im Geschwindigkeitsrausch

Datenlogger nutzt vorhandene Profibus-Verkabelung
Im Geschwindigkeitsrausch

In einer verteilten Automatisierungsumgebung kann ein Software-Tool für die Erfassung von Messdaten im Profibus-Netzwerk sowie für ihre durchgehende Bereitstellung über alle Systemgrenzen hinweg verantwortlich sein. Von dieser Systemoffenheit profitierte KST Motorenversuch, Bad Dürkheim, ein Dienstleister für Antriebsstrang- und Abgasanlagenentwicklung. Für die Umrüstung der Prüfstände auf ein neues effizientes Automatisierungssystem war es notwendig, den Profibus-Datenstrom mit einer extrem schnellen Abtastrate zu erfassen, ohne dabei einen zusätzlichen Overhead zu erzeugen.

Dipl.-Ing. Thorsten Szczepanski, Geschäftsführer und Angelika Heiden M. A., technische Redakteurin, ifak system GmbH, Magdeburg

Registrierpflichtige Messstellen sind heute für verfahrenstechnische Anlagen wie in der chemischen und pharmazeutischen Industrie, die einen kontinuierlichen Datenstrom erzeugen, beinahe obligatorisch. In der Gebäudeautomatisierung trifft man auf verstreut gelegene Gebäudekomplexe, die zeitaufwendige Wege zur Messwerterfassung bei der Kontrolle mit sich bringen. In der Fertigungstechnik muss das Verhalten von Produkten unter bestimmten Betriebszuständen ermittelt werden. Hohe Anforderungen an die Messtechnik, um beispielsweise eine Qualitätsüberwachung im laufenden Produktionsprozess zu realisieren, sind gepaart mit dem Einsatz von klassischen Visualisierungssystemen wie SCADA. Die Art des Messsignals darf keine Rolle spielen. Es gilt Stromsignale, Geschwindigkeiten, Temperaturen sowie Durchflusswerte als auch akustische Signale zu verarbeiten und strukturiert zur Verfügung zu stellen.
Um so verschiedene Funktionen wie Messwerterfassung, Speicherung und Auswertung anwenderfreundlich in einer Hand zusammenzuführen, hat sich der modulare Aufbau des Datenlogging-Tools _isSpiderLog der ifak system GmbH bewährt. Der Anwender wählt je nach Bedarf die für ihn relevanten Funktionen aus. Die Software wurde zur lastfreien Überwachung, Visualisierung und Archivierung von Messwerten in Profibus-basierten Netzwerken (Protokolle DP, DP/V1 und PA) entwickelt. Bis zu 16 physikalische Kanäle lassen sich gleichzeitig betreiben, ohne die angeschlossenen Profibus-Stränge in ihrer Leistungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Ein wesentlicher Vorteil des Datenloggens über den Feldbus ist die Nutzung einer ohnehin vorhandenen Verkabelung. Anschlussleitungen der Sensoren und Aktoren zu zentralen Schaltschränken entfallen. Messsignale lassen sich selbst über große Entfernungen hinweg kostengünstig übertragen. Hohe Abtastraten und Echtzeitverhalten zeichnen einen Feldbus gegenüber einem herkömmlichen Datenlogger aus.
Kern der Software bildet der Server, der die Systemkonfiguration verwaltet und die Zusammenarbeit der verschiedenen Tools für Visualisierung und Auswertung steuert. Er ist verantwortlich für die Beobachtung der maximal 1000 möglichen Messstellen und sorgt für den Zugriff auf den zyklischen Datenverkehr. Der Server liest die Werte ein, holt die Nutzinformationen aus den Datentelegrammen und setzt sie in analoge Anwendungsdaten um. Darüber hinaus bedient der Server die Datenbank, die dem gesamten System zur Verfügung steht. Alle Zugriffe während des Loggens erfolgen stets über ihn, gleich ob es sich um die systemeigene Visualisierung oder eine beliebige SCADA-Anwendung handelt. Damit wird sichergestellt, dass nur definierte Schnittstellen (DCOM, OPC) zum Einsatz kommen und der Anwender nicht in den Datenbestand eingreifen, ihn gar verändern kann. Auch muss er über keinerlei Kenntnisse über die interne Struktur der Datenbank verfügen.
Eine zweite Software-Komponente ist für die Visualisierung der aktuellen Anlagendaten verantwortlich. Damit kann der Anwender vor Ort und auch aus der Ferne auf die Serverfunktionalität zugreifen, um die Präsentation beispielsweise eigens für seine momentanen Zwecke einzustellen. Zwölf Schreiber mit je 32 Messstellen dienen der übersichtlichen Visualisierung. Mehrere Optionen stehen hierbei zur Verfügung, denn jeder Schreiber kann separat konfiguriert werden. Die Darstellungsrate ist einstellbar, es kann jeweils ein eigener Zeithorizont festgelegt werden. In einem Netzwerk lassen sich mehrere Visualisierungen mit dem Server verbinden, um z. B. sowohl in der Leitwarte als auch am Arbeitsplatz des Ingenieurs spezielle Erfassungsaufgaben erfüllen zu können.
Die Systemoffenheit des Datenloggings über Profibus nutzt auch der Dienstleister KST Motorenversuch in Bad Dürckheim. Auto-hersteller weltweit setzen auf das Know-how und die Erfahrung des 1967 gegründete Unternehmens. Ausgehend von Kraft- und Schmierstoffuntersuchungen stehen heute Fragen der Lebensdauer, Kraftstoffverbrauch und Emissionen von Motoren im Blickpunkt. Die Philosophie des Prüffeldes setzt auf eine vielfältige und flexible Ausstattung durch zahlreiche Systemlieferanten. Die Prüfaufgaben umfassen alle Bestandteile des Motors und nutzen alle Facetten der modernen Messtechnik. Dazu gehört natürlich auch die Automatisierungstechnologie mit dem Feldbus Profibus. Der Einsatz intelligenter Elektronik hilft die Leistung, Sicherheit und die Kraftstoffausnutzung der Motoren zu verbessern. Für neue Prüfstande am Profibus bestand die Aufgabe, eine Datenlogging-Lösung zu installieren, die Messdaten von zwei Kanälen unterschiedlicher Baudrate abhören sollte. Entscheidende Grundvoraussetzung war dabei, dass die eigentliche Kommunikation über den Feldbus nicht mit einem zusätzlichen Overhead belastet wird – gefragt war ein reines Datenmonitoring. In dieser Situation wandte sich das Unternehmen an die ifak system GmbH. KST war auf der Suche nach einer leitsystem-offenen Logginglösung, die ohne Programmieraufwand in ihre bereits vorhandene Visualisierung mit Diadem einzubinden war.
Eine besondere Herausforderung stellte die extrem hohe Performance dar, die KST auf dem Prüfstand realisieren wollte: Die Prüfstände basieren auf Messmodulen der ISM-Reihe der Firma Gantner Electronic. Die Messsysteme verfügen über je ca. 110 universelle analoge Eingänge (ISM111, ISM112), die zyklisch mit 25Hz gelesen werden, und 24 schnelle Kanäle (ISM103, ISM108) mit Update-Raten von je 200Hz. Diese Module erfassen jedes x-beliebige Signal mit einer Auslösung von bis zu 16 bit, linearisieren und skalieren den Messwert und stellen ihn an der Profibus-Schnittstelle zur Verfügung. Zusätzlich überwachen die Module die Sensorik auf Kurzschluss, Sensorbruch und Einhaltung definierter Messbereichsgrenzen. Bei Auftreten von Störungen kann so unmittelbar vor Ort in den Prozess eingegriffen und die Sicherheit des Prüfstandes wesentlich erhöht werden.
In der ersten Stufe sollten die 24 Kanäle mit 200 Hz und die 100 Kanäle mit 25 Hz aufgezeichnet werden. Beabsichtigt ist, die Abtastrate der 24 schnellen Kanäle auf ein kHz anzuheben. Eine Rate von 200 Hz bedeutet, dass alle 5 ms die Datensignale, die über den Bus gehen, vom Logger erfasst werden. In der Regel sind nur Abtastraten von über einer Sekunde erforderlich. Die Konfiguration des Datenstroms stellte KST anhand eines Descriptionfiles vom Messtechnikhersteller Gantner bereit. Die von ifak system entwickelte integrierte Hard- und Softwarelösung läuft auf einem Standard-PC unter Windows NT, in den die Profibus-Netzwerkkarte _isProMultiboard installiert wurde. Diese ISA-Karte erfasst die Prozesswerte der angeschlossenen Messmodule und gibt die Daten über einen proprietären I/O-Treiber an den Server weiter. So kann dieser lastenfrei die vom Anwender ausgewählten Messstellen beobachten. Um die geforderte Abtastgeschwindigkeit zu gewährleisten, werden die Daten zunächst intern zwischengespeichert in Puffern wählbarer Größe. Der Server stellt sie beliebigen OPC-Clients zur Verfügung, die diese Daten über die standardisierte Schnittstelle OPC abrufen können. Ausgangspunkt des Datenloggens am Profibus ist die physikalische Konstruktion der tatsächlichen Anlage, wie hier der Motorenprüfstand. Hintergrund bildet ein streng hierarchisches Modell, das die reale Anlagenstruktur als Baum abbildet. Bei seiner Konfiguration sind nur diejenigen Objekte zu berücksichtigen, deren Messwerte tatsächlich erfasst werden sollen. Dabei werden auch die Eigenschaften dieser Elemente festgelegt, wie zum Beispiel die Baudrate auf den Profibus-Segmenten. Aus einem Listenfeld mit Baud-Raten von 9,6 kBd bis 1,5MBd kann der Anwender den erforderlichen Wert aussuchen. Für KST waren die Baudraten 187,5 und 500 kBd von Relevanz. Präzise lassen sich die maximale Datengröße eines Gerätes oder der Datentyp eines Wertes entsprechend der Profibus-Spezifikation bestimmen.
Auch beim Logging wurde auf die speziellen Messanforderungen von KST Rücksicht genommen. Die abzuhörenden Profibus-Segmente lassen sich in der Regel mit einer für alle Segmente gleichen Puffergröße abhören. Da das Unternehmen KST aber für den Prüfstand unterschiedliche Scanraten benötigte, wurde zusätzlich eine Option implementiert, mit der sich segmentweise Puffergröße, Pufferzeit und Scanrate definieren lassen. Bei dem Puffer handelt es sich um einen Ringpuffer: sobald er voll ist, werden die Daten wieder an den Anfang des Puffers geschrieben. Vorher gespeicherte Daten werden dabei ersetzt. Die Scanrate legt die Abtastrate fest, mit der das entsprechende Segment nach Daten abgetastet wird. Auf fehlerhafte oder unzulässige Eingaben macht eine Markierung den Anwender gleich aufmerksam. Die erfassten Messdaten stehen ohne Einschränkungen den von KST auf seinen Prüfständen benutzten Auswerteprogrammen zur Verfügung. Eine Offline-Komponente kümmert sich schließlich um die Datenauswertung. Damit lassen sich die Messwerte auf Grenzwertüberschreitungen untersuchen und die Anlagenhistorie dokumentieren. Die eingesetzten leistungsfähigen Datenbanken erlauben schnelle Zugriffszeiten und ein hohes archivierbares Datenvolumen. Zudem ist eine Weiterverarbeitung der Datenbanken zur Offline-Auswertung mit Standardprogrammen wie Excel möglich.
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