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Im Grenzbereich des Machbaren

Mit Bildverarbeitung im Nanometerbereich messen
Im Grenzbereich des Machbaren

In der Halbleiterindustrie müssen in der Produktion von Wafern und Masken extreme Anforderungen in der Präzision erfüllt werden. Auch in der rasanten Entwicklung der Mikromechanik kann zukünftig nur noch die optische Kontrolle den Zugang zur extremen Genauigkeit in der Vermessung und Qualitätskontrolle erschließen. In diesem Umfeld werden auch an die Videokameras äußerst hohe Anforderungen gestellt.

Dipl.-Ing. Kamillo Weiss, freier Fachjournalist, Leinfelden-Echterdingen

Ein Beispiel modernster Technik ist die Meßanlage LMS IPRO von Leica, welche sich in absoluten Grenzbereichen gegenwärtiger Meßtechnik bewegt. Eine digitale Progressiv Scan Kamera liefert für das integrierte Visionsystem die hierbei notwendige absolut fehlerfreie Momentaufnahme.
In der Chipfertigung darf es keine Kompromisse in der Fertigungsgenauigkeit geben. Die Schaltung wird auf dem Silizium Wafer mit bis zu etwa 30 Lithographieschritten aufgebracht. Für jeden Schritt wird eine spezielle Maske benötigt. Alle diese Lithographieschritte müssen von der Lage her ohne jegliche Einschränkung zueinander passen, damit z. B. die einzelnen Schichten eines Transistors auch absolut korrekt zusammenarbeiten. Am Beispiel für die Positionieranforderungen von Masken und Wafern sieht man, daß die Visionsysteme ein äußerst hohes Maß an Präzision bieten müssen.
Die Bildverarbeitung ist aber immer unmittelbar abhängig vom Informationsumfang und der Qualität des Ursprungbildes. Das Videobild nach Fernsehnorm kann diesen industriellen Anforderungen nicht gerecht werden, weil es in seinen technologischen Möglichkeiten absolut eingeschränkt ist.
Das Progressive Scan Interline Transfer Prinzip ist die einzige Arbeitsweise von Videokameras, bei dem alle Pixel absolut zeitgleich belichtet und deren Ladungen zeitgleich in den lokalen Speicher transferiert werden. Diese Funktionalität hat weitreichende Konsequenzen in der industriellen Bildverarbeitung bezüglich Geschwindigkeit, extremer Qualität, Flexibilität und besonders auch der Investitionssicherheit. Dies zeigt die Anwendung beim angesehenen Unternehmen Leica in Wetzlar. Eine hochwertige progressive Videokamera ist ein Teil in der Kette von Fehlervermeidung und -minimierung in der Wafer- und Masken-Vermessungsanlage von Leica.
„Im Nanokosmos ist nichts starr, steht nichts still.“
Auf diese kurze griffige Formel bringt der Physiker Dr. Klaus Rinn von der Leica Mikrosysteme Wetzlar GmbH die Komplexität der Meßaufgabe im Nanometerbereich auf den Punkt. „Als wir vor ein paar Jahren unsere erste Meßmaschine diesen Typs gebaut haben, war dies die einzigste digitale Videokamera, die eine echte Momentaufnahme des Vollbildes mit hoher Ortsauflösung und vernünftiger Bildfrequenz von ca. 30 Bildern/ Sekunde lieferte. Eine Videokamera nach Fernsehnorm konnte die gestellte Aufgabe in keinerlei Weise erfüllen. Kleinste Vibrationen, ein ‘Nachlauf’ der Antriebsmechanik oder Temperaturauswirkungen dürfen innerhalb der Belichtungszeit keine Aufnahmefehler bewirken. Ein erstklassiges Kontrastverhalten der Kamera sichert die Erkennungsaufgaben. Dies waren Gründe für den Einsatz einer Progressive Scan Kamera“, erläutert Dr. Klaus Rinn.
Extrem genaue Endkontrolle
Die Maschine LMS IPRO vermißt die Positionen von Strukturen auf Masken und Wafern vollautomatisch. Grundsätzlich mißt die Maschine zwei Komponenten. Ein Laserinterferometer bestimmt den großen Anteil der Längen im Meßbereich von bis zu 200 mm. Eine Meßkamera mit beugungsbegrenzter Mikroskopoptik von 200facher Vergrößerung erkennt die genaue Lage der Strukturen auf dem Substart. Die Addition der Positionen dieser beiden Systeme ergibt die echte Position. Die Hauptaufgabe des Meßsystems liegt in der Endkontrolle von Masken, dem Labortest sowie der Prozeßkontrolle der Genauigkeit der Maskenschreiber. Damit stellt die Maschine ein Schlüsselsystem für die Erzeugung von Halbleiterprodukten dar. Dementsprechend anspruchsvoll sind die Anforderungen an eine hohe Verfügbarkeit. Da die Strukturen in der Halbleiterindustrie alle zwei Jahre um den Faktor 2 kleiner und die Chips komplexer werden, muß auch die Meßmaschine mit diesen Entwicklungsgenerationen Schritt halten. Derzeit liegen die kleinsten Strukturen auf dem Chip bei einer Breite von nur noch 200 Nanometern. Für die Vermessung von Masken, welche in der Produktion dieser kleinen Strukturen verwendet werden, ist eine Wiederholgenauigkeit von 5 nm und eine Genauigkeit von 12 nm erforderlich.
Verdeutlicht heißt das: In einem Quadrat von 150 km Seitenlänge werden Markierungen mit 5 mm Wiederholgenauigkeit und 12 mm Genauigkeit gemessen. Die extreme Genauigkeit dieser Maschine erkennt man auch an der Tatsache, daß es weltweit keinen normierten Meßstandard gibt, welcher ausreichend präzise ist um das System zu prüfen. Die Genauigkeitsanforderungen übertreffen auch die Möglichkeit der mechanischen Präzisionsfertigung, so daß Softwarekorrekturen die Funktionsweise von hochpräzise gefertigten Systemkomponenten „gerade“ rechnen müssen. Daß alle diese Anforderungen dieser Maschine optimal erfüllt werden, zeigt ein Weltmarktanteil von ca. 60 Prozent.
Präzision im Subpixelbereich
Eine Gratwanderung des technologisch Machbaren in Optik und Mechanik ist diese Vision-Anwendung. Das Bildverarbeitungssystem ist für diese Aufgaben mit ganz spezifischen Algorithmen ausgestattet. Ansonsten handelt es sich um kommerzielle Framegrabber und Vision-Tools. Als Meßkamera wurde bislang die TM-9701 Progressiv Scan Kamera eingesetzt. Die Entscheidung hierfür war nicht nur von den elektronischen Eigenschaften, der guten Programmierbarkeit und dem einkanaligen Ausgang geprägt, sondern nach Auskunft von Herrn Dr. Rinn waren auch längerfristige Aspekte sehr wichtig. Es dauert lange, bis das komplexe Zusammenspiel aller Meßkomponenten optimal aufeinander abgestimmt ist. Im eventuellen Servicefall muß die Sicherheit bestehen, daß auch nach Jahren eine Kamera mit wirklich gleichen elektronischen Eigenschaften pinkompatibel ausgetauscht werden kann. Wenn man sich am physikalischen Limit entlang bewegt, dann geht es nicht nur um eine Kamera mit klar definierten und tatsächlich vorhandenen technologischen Eigenschaften, sondern mindestens genauso wichtig ist eine jederzeit schnelle bis ins elektronische oder steuerungstechnische Detail gehende fachliche Beratung. Hier hat sich nach Auskunft von Herrn Dr. Rinn die Zusammenarbeit mit der Deutschen Niederlassung des Herstellers über Jahre hinweg sehr gut bewährt.
Normalerweise hat ein Pixel die Größenordnung von 10 µm. Durch die 200fache Vergrößerung des Mikroskopobjektives wird eine Pixelgröße von 55 x 65 nm erzielt. Bei noch größerer Pixelvergrößerung käme keine neue Information hinzu, denn man ist bereits im Bereich der sogenannten „Überabtastung“.
Dazu bemerkt Herr Dr. Rinn: „Wir brauchten eine Kamera mit gutem Pixelclock, weil der Zeitpunkt zu dem man das Kamerasignal ausliest unsere Position in X-Richtung bestimmt. Das heißt, wenn man z. B. etwas früher oder später ausliest, dann werden kleine Signale vom Nachbarpixel beigemischt und dadurch hat man nicht mehr die genaue Position. Im Detail betrachtet heißt das, wenn unser Meßergebnis etwa 1/50 Pixel genau ist, dann muß auch die Elektronik dazu stimmen. Das funktioniert nicht mit einer Kamera nach Fernsehnorm. Das geht nur mit einer Progressiv Scan Kamera. Wir müssen jeden einzelnen Faktor nuten, der die Meßgenauigkeit erhöht und stabilisiert.“
Die gesamte Mechanik der vollautomatischen Meßanlage ist technologisch vom allerfeinsten, dennoch geht nichts auf Nanometer genau. Der luftgelagerte Granittisch mit einer Masse von 70 kg bewegt sich reibungsfrei. Dennoch lassen sich die Massen nicht auf nm genau verschieben. Selbst wenn es so wäre, dann bleibt der Tisch nicht exakt stehen, denn jeder Antrieb hat ein Spiel, eine Hysterese usw. Es muß entsprechend der Aufgabe nicht nur einmal gemessen werden, sondern mehrmals mit anschließender Mittelwertbildung und Berechnung der Standardabweichung. Deshalb ist die absolute Momentanbelichtung der Kamera zum exakt definierbaren Zeitpunkt außerordentlich wichtig.
Die Kamera wird explizit in Belichtungszeit und Bildfrequenz gesteuert. Diese gute Steuerbarkeit ist im Hinblick auf die laufende Anpassung an die Substrathelligkeit wichtig. Hier gilt es nicht nur die Lichtempfindlichkeit und den Dynamikbereich des Imagers optimal auszunützen, sondern auch um den Genauigkeitsgewinn durch präzises Einhalten eines schmalen Zielfensters für die maximale Helligkeit im Bild.
Steigerung mit Megapixel-Imager
Nicht nur im Nanometerbereich steht nichts still. Die Meßtechnik in dieser komplexen Disziplin ist geprägt von permanenter Weiterentwickung. Jeder einzelne Faktor in welchem sich z. B. durch neue Produkte eine Präzisionssteigerung abzeichnet ,wird umgehend auf seine Möglichkeiten geprüft. So ist es kein Zufall, daß sich die neue TM-1040 Kamera bereits bei Leica in der Erprobung für die neue Maschinengeneration befindet. Die besondere mechanische Bauweise des quadratischen CCD-Chips mit integriertem Speicher und 1024 x 1024 Pixeln von je 9 x 9 µm ermöglicht es, daß das Objektiv mechanisch extrem genau zum Chip justiert werden kann. Der Chip wird durch Paßstifte und frontseitige Auflagefläche mit einer Genauigkeit im µm-Bereich zum C-Mount per Verschraubung dauerhaft justiert. Der Imager zeichnet sich durch minimalen Schmiereffekt aus, eine wichtige Eigenschaft für hohe Konturschärfe. Herausragend ist die hohe Dynamik des Imager von 55 000 Elektron. Bezogen auf ein gleiches Bildfeld bietet diese Kamera eine weitere Steigerung in der Positionsbestimmung. Bei der hohen Bildauflösung liefert sie dank ihrer hohen Clockfrequenz 30 Vollbilder/Sekunde.
Die Anforderungen dieser Visionapplikation bei Leica bewegt sich auf extrem hohem Niveau der Meßtechnik. An diesem Beispiel wird aber auch deutlich, welche zunehmende Bedeutung die Progressive Scan Kamera im ganzen Umfeld des Quality Engineering zukommen wird. Das gilt für die hochautomatisierte Elektronikproduktion, Mechanik höchster Präzision bis hin zur rasanten Entwicklung extrem kleiner Bauteile der Mikromechanik. Neueste CCD-Kameras präsentiert Pulnix auf der Messe VISION 98 in Stuttgart.
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