Viele Kunden machen es sich recht einfach und nehmen den Standpunkt ein, dass der Zulieferer für das von ihm (mit-)entwickelte und gelieferte Teil vollumfänglich verantwortlich ist und er demnach für alle Negativkonsequenzen geradestehen muss. Das mag im Prinzip einleuchten, passt aber oft nicht auf die konkrete Situation. Die Lösung kann und muss im Einzelfall erfolgen, manchmal mag sie auch nicht eindeutig ausfallen.
Beziehungen zwischen Kunde und Lieferant können – auch auf rechtlicher Ebene – sehr komplex sein. Das gilt dann auch für die Antworten auf die Frage, wer denn nun rechtlich wofür Verantwortung trägt. Dennoch sollten stets ein paar wichtige Grundprinzipien befolgt und bestimmte Fragen gestellt werden, da so die Näherung an eine Lösung gut möglich ist.
Verantwortlichkeiten herausarbeiten
Zwei wichtige Prinzipien, die bestenfalls systemisch im eigenen Unternehmen verankert und und unumgänglich gelebt werden sollten, sind erstens: Präzision in der Sprache. Und zweitens: Dokumentation relevanter Inhalte.
Auch wenn es stark juristisch getrieben scheint, so relevant ist es doch, in der Formulierung von Lastenheften, Spezifikationen, RASI-Charts und anderen technischen Basisdokumenten eines Entwicklungsauftrages klar und nachweisbar herauszuarbeiten, wer wofür bis zu welchem Grade verantwortlich ist. Dies betrifft auch die Informationsgabe des Kunden hinsichtlich der Einsatzparameter im späteren Produktleben.
Diese Informationen und Vereinbarungen haben unmittelbare Auswirkungen auf die rechtliche Basis, die für eine Haftungsverteilung bei späteren Problemen maßgebend ist. Man kann insoweit in der produzierenden Industrie, wie zum Beispiel in der Automobilzulieferindustrie oder im Maschinen- und Anlagenbau, eine Parallele zu Regelungen aus dem Werkvertragsbereich ziehen, die nicht stets unmittelbar auf das jeweilige Projekt anwendbar sind – aber womöglich in ihren Prinzipien.
Interessant ist zum Beispiel § 645 BGB, der auszugsweise wie folgt lautet: „Ist das Werk vor der Abnahme infolge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder infolge einer von dem Besteller für die Ausführung erteilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden, ohne dass ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unternehmer zu vertreten hat, so kann der Unternehmer einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung und Ersatz der in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen.“
Diese und andere Regelungen des Werk- und Kaufvertragsrechts zieht die Rechtsprechung regelmäßig heran, um zu einer Art „Faustformel“ zu gelangen. Diese lautet: Wenn der Kunde verbindliche Vorgaben macht, die nicht ganz offensichtlich fehlerhaft sind und er zudem noch weitergehendes Wissen als der Lieferant hat, kann er hierauf beruhende Mängel des daraufhin entwickelten Produktes (und die Folgen hiervon) später nicht beim Lieferanten regressieren. Mit diesem Prinzip vor Augen sollte man in die Gestaltung und Handhabe relevanter Vereinbarungen und Dokumentationen gehen. So individuell der Einzelfall und so unterschiedlich die Ergebnisse am Ende sein können: Derartige Strukturen helfen in jedem Fall. ■
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Der Autor:
Daniel Wuhrmann