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Kombi- statt Einzelzertifizierungen

Ein integriertes Managementsystem stärkt die unternehmerische Zukunftsfähigkeit
Kombi- statt Einzelzertifizierungen

Verlässliche Organisationsstrukturen etablieren, Prozesse effizient gestalten und gleichzeitig den Erwartungen von Stakeholdern gerecht werden: Wer sich diese Ziele gesetzt hat, kann auf Managementsysteme nicht verzichten. Werden parallel laufende Managementsysteme zu einem integrierten System zusammengefasst, kann das für Unternehmen große Vorteile beinhalten.

Ob Qualität, Umwelt, Energie oder Arbeitsschutz: Die konsequente Anwendung eines Managementsystems stärkt die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens. Zum Beispiel durch die Forderung, messbare und erreichbare Ziele für den jeweiligen Bereich festzulegen. Zu diesem Zweck findet bei der Einführung eines Managementsystems immer auch die Auseinandersetzung mit dem Ist-Zustand statt. Die Organisation ist gezwungen, sich mit den bestehenden Bedingungen inklusive ihrer Missstände und Verbesserungsmöglichkeiten zu beschäftigen. Mit einer Ist-Analyse ist es jedoch nicht getan – das wissen Unternehmen, deren Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001 zertifiziert ist. Nach dem PDCA-Prinzip (Plan – Do – Check – Act) prüft die Organisation immer wieder aufs Neue, wie sich die Maßnahmen ausgewirkt haben und wo Optimierungspotenzial besteht. So kommt der kontinuierliche Verbesserungsprozess in Gang.

Gleichzeitig erfüllt die Organisation mit einem Managementsystem die Erwartungen ihrer Stakeholder. In vielen Branchen gehört der Nachweis einer bestimmten Zertifizierung zu den Voraussetzungen für eine Geschäftsbeziehung und kommt einer Eintrittskarte für relevante Märkte gleich. Der Beleg, dass gesetzliche Vorgaben hinsichtlich Umwelt- oder Arbeitsschutz eingehalten werden, schafft Rechtssicherheit für das Unternehmen und für seine Geschäftspartner. Gleichzeitig nutzt es dem Image und ist hilfreich in der Kommunikation gegenüber dem Endkunden.
Prozessorientierung ermöglicht die Kombination verschiedener Systeme
Da die zugrunde liegenden Standards prozessorientiert sind, lassen sich mehrere Managementsysteme effektiv miteinander kombinieren. Das bedeutet: Jeder Prozess wird zunächst unabhängig von den Managementsystemen definiert. Dann erst findet die Betrachtung des Prozesses durch das jeweilige Managementsystem statt.
Die Methoden und Instrumente, mit deren Hilfe das Unternehmen die qualitäts-, umwelt- oder sicherheitsbezogenen Anforderungen einhält, werden in einer einheitlichen Struktur zusammenfasst: einem integrierten Managementsystem (IMS). Ein IMS stärkt auch die Corporate Governance, also die Leitung und Überwachung der Organisation.
Ein IMS kann neben den typischen Managementsystemen in den Bereichen Qualität, Umwelt, Energie oder Arbeitsschutz auch weitere Konzepte integrieren, etwa das Risiko- oder das Facilitymanagement, den Gebäudeschutz, den Datenschutz oder auch das Wissens- und Ideenmanagement. Wenn das Controlling darüber hinaus Bewertungssystematiken zum Einsatz bringt, kann das Unternehmen wertvolle Kennzahlen generieren und für internes oder externes Benchmarking nutzen.
Gleichzeitig ergeben sich wichtige nicht-monetäre Vorteile. Wird durch effiziente Produktionsschritte auf Basis eines Managementsystems Energie eingespart, profitiert der Endkunde aufgrund des geringeren Endpreises ebenso wie die Umwelt durch die Schonung der Ressourcen. Und wenn verbindliche Arbeitsschutzvorgaben Unfälle und Krankheiten zu vermeiden helfen, reduziert das die Kosten durch Personalausfall – vor allem aber dient es der Gesundheit der Mitarbeiter, erhöht die Motivation und verbessert das Ansehen des Unternehmens. Professionalisierte Prozesse wirken also in alle Bereiche der Organisation hinein. Hinzu kommen unternehmensübergreifende Synergieeffekte, Verbesserungsprozesse zeitgleich in mehreren Bereichen und Kostensenkung durch Vermeidung von Redundanzen.
Um die Vorteile nutzen zu können, muss das Unternehmen allerdings in Vorleistung treten. Denn ein IMS entsteht nicht von allein, sondern will gewissenhaft geplant sein. Basis für die erfolgreiche Umsetzung ist die Unterstützung und das Vorantreiben durch die Unternehmensführung – unter anderem, indem sie die nötigen Kapazitäten und Ressourcen für die Einführung und Etablierung schafft. In der Initialphase gilt es konkrete Rollen zu definieren.
Die Verantwortung für das IMS schlicht einem bisherigen Qualitäts- oder Umweltmanagement-Beauftragten zu übertragen, funktioniert in der Regel nicht. Denn dessen Know-how ist oftmals zu fachspezifisch, als dass er die Position des Gesamtbeauftragten übernehmen könnte. Der Gesamtverantwortliche müsste über juristisches, technisches und Management-Wissen genauso verfügen wie über Kenntnisse des betrieblichen Umwelt- und Gesundheitsschutzes, der Arbeitssicherheit, des Qualitätswesens und des Energiemanagements. Es kann sinnvoll sein, einen IMS-Gesamtbeauftragten zu bestimmen, der dann für die integrierten Aspekte – wie die Dokumentenlenkung – zuständig ist, und daneben einzelne Beauftragte für spezielle fachliche Belange der einzelnen Bereiche.
Ist ein IMS eingeführt, empfiehlt sich statt einzelner Zertifizierungen eine Kombizertifizierung. Bei einer Kombizertifizierung werden mindestens zwei Managementsystem-Prüfungen parallel durchgeführt. Grundsätzlich lassen sich alle ISO-Normen frei untereinander kombinieren. Insbesondere die revidierten Normen 9001 und 14 001 werden in der Praxis gern etwa mit dem Arbeitssicherheitsmanagementsystem nach OSHAS 18 001 gekoppelt.
Die Kombizertifizierung benötigt im Vergleich zu Einzelzertifizierungen weniger Zeit und Aufwand. Die Auditoren müssen Abteilungen meist nur einmal besuchen und eigentlich identische Prozesse nicht mehrmals prüfen. Natürlich versucht jeder Auditor, die Belastung für die besuchte Organisation, die einzelnen Abteilungen und das Personal ohnehin so gering wie möglich zu halten. Aber dass sein Besuch das Unternehmen in Teilen dennoch ausbremst, ist kaum zu vermeiden. Und für die Führungskräfte und Mitarbeiter stellt ein Besuch trotz bester Vorbereitung immer auch eine Prüfungssituation dar. Durch die Kombizertifizierung halten sich diese Belastungen in Grenzen. Allerdings: Gegebenenfalls gestaltet sich die Planung des Prüfverfahrens zeitaufwendiger und komplexer als bei Einzelzertifizierungen – schließlich müssen alle Beteiligten an den entsprechenden Tagen verfügbar und vorbereitet sein.
Die Laufzeiten im Blick behalten
Die Kombizertifizierung bietet zudem den Vorteil, dass das auditierte Unternehmen während des gesamten Zertifizierungsprozesses wenige, feste Ansprechpartner hat – und nicht viele verschiedene Auditoren, vielleicht sogar von verschiedenen Prüfungsgesellschaften. Das macht die Koordination und Organisation deutlich leichter.
Wichtig ist auch, die Laufzeiten der einzelnen Zertifikate im Blick zu behalten. Läuft beispielsweise die Zertifizierung für das Qualitätsmanagementsystem ein halbes Jahr vor der Zertifizierung des Arbeitsschutzmanagements aus, müssen die Zertifikatslaufzeiten durch Verkürzung des länger gültigen Zertifikats synchronisiert werden. Das geschieht etwa durch eine Re-Zertifizierung oder den Verzicht auf die Laufzeit vorhandener Zertifikate. Hier gilt es die Planung und die Termine mit dem Auditor rechtzeitig vorher abzusprechen, um die Zertifikatsgültigkeit passgenau zu gestalten.
Und schließlich muss das Unternehmen auch darauf achten, dass der Prüfdienstleister seines Vertrauens auch tatsächlich befähigt ist, alle gewünschten Managementsysteme zu auditieren. ■

Die Autoren

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Anja Oels
Produktverantwortliche ISO 14001
Detlef Michael Schenzer
Leitender Auditor
beide TÜV Rheinland, www.tuv.com


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