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Komplexe Anwendungen auf Standard PCs

Neue PC-Steckkarte zur Messautomatisierung
Komplexe Anwendungen auf Standard PCs

Die flexible Automatisierung von Mess- und Prüfvorgängen erfordert immer mehr den Einsatz von PCs. Auf Basis einer patentierten Technik arbeitet eine neue PC-Steckkarte, die ohne Trägerfrequenzverfahren und ohne Analog-Digital-Wandler herkömmliche induktive Messtaster und andere Sensoren an den PC anschliesst. Die in diesem Beitrag vorgestellte Tasterkarte ermöglicht es, auf Standardrechnern auch komplexe Anwendungen der Längenmesstechnik in kurzer Zeit zu realisieren.

Dr.-lng. M. Patzke, Geschäftsführer der MFP GmbH, Wunstorf

Die flexible Automatisierung von Mess- und Prüfvorgängen erfordert immer mehr den Einsatz von PCs. Dabei bietet nicht nur die enorme Leistungsfähigkeit des PCs für die Weiterverarbeitung der Messwerte Vorteile, sondern auch die einfache Wartung und Modifizierung, wenn es sich um Industrierechner mit Standardkomponenten handelt.
Herkömmliche SPC-Rechner sind meistens nicht flexibel genug, um den immer wieder veränderten Anforderungen gerecht zu werden, mit denen tausende von Ingenieuren täglich in der Fertigungsmesstechnik und im Sondermaschinenbau konfrontiert werden. Insbesondere für kleinere Ingenieurbetriebe und Abteilungen, wie sie als Spezialisten häufig anzutreffen sind, haben dabei folgende Punkte besondere Bedeutung:
  • 1. geringer Preis und eigene Assemblie- rungsmöglichkeit des Systems,
  • 2. einfache Wartung und schneller Austausch einzelner Systemkomponenten,
  • 3. hohe Flexibilität und Anpassungsfähig- keit an unterschiedliche Aufgabenstellungen
  • 4. geringer Programmieraufwand
  • 5. Integration in vorhandene Qualitätssiche- rungs- und Automatisierungssysteme.
In der Fertigungsmesstechnik stellt sich dabei in den überwiegenden Fällen die Aufgabe, induktive Messtaster an den PC anzuschliessen. Herkömmliche Technik erfordert dazu Trägerfrequenzelektronik, die analoge Signale liefert. Die Signale müssen zur Einspeisung in Daten- und Automatisierungssysteme digital gewandelt werden. Derartige Messketten sind aufwendig und fehleranfällig.
Auf Basis einer neuartigen, patentierten Technik arbeitet eine in Deutschland entwickelte PC-Steckkarte, die ohne Trägerfrequenzverfahren und ohne Analog-Digital-Wandler herkömmliche induktive Messtaster und andere Sensoren an den PC anschliesst. Die in diesem Beitrag vorgestellte Tasterkarte mit Softwaretool und Steuerdatei ermöglicht es dem Messtechniker, auf Standardrechnern auch komplexe Anwendungen in kurzer Zeit zu realisieren. Das der Messtechnik zugrunde liegende Verfahren zur Messwertaufnahme wird aufgrund höchster Auflösung und Stabilität nicht nur in der Messautomatisierung sondern auch in der Prüfmittelkontrolle und für andere hochgenaue Messungen eingesetzt.
Ziehwerkzeugvermessung
Nachfolgend werden einige Beispiele beschrieben, die einen Einblick in die Anwendungsmöglichkeiten derartiger Technik bieten.
Das erste Einsatzbeispiel stammt aus der Ziehwerkzeugvermessung. In der Dosenfertigung werden verschlissene Ziehdorne und Ziehringe für den weiteren Einsatz nachgeschliffen und dynamisch ausgemessen. Dabei interessieren neben verschiedenen Durchmessern die Ovalität und Exzentrizität bezogen auf eine Referenzachse. Bei der Vermessung müssen Genauigkeitsanforderungen von 1 µm trotz Aufspannung der Dorne zwischen drehenden Spitzen erfüllt werden. Die für derartige Messungen üblicherweise eingesetzten stehenden Spitzen konnten aufgrund der Prüflingsgeometrie nicht verwendet werden. Erschwerend kommt hinzu, dass das Nachschleifen der Werkzeuge nicht auf Mass erfolgt. Es muss das Nennmass bei der Messung neu ermittelt und nachgeführt werden.
Bei dieser Anwendung konnten im Softwaretool MFPSPC Kanalverknüpfungen mit fast beliebigen Formeln sehr vorteilhaft eingesetzt werden. Zum einen werden durch verschiedene Kanaladditionen und -subtraktionen die Bezüge zur Referenzachse und zum Referenzdurchmesser hergestellt. Darüber hinaus werden Abweichungen der drehenden Spitzen, die zu Taumelbewegungen des Prüflings führen, durch zusätzliche Messkanäle kompensiert. Da in den Formeln auch Nennmasse sowie Warn- und Eingriffsgrenzen eingesetzt werden können, ist die automatische Anpassung an das veränderte Nennmass in einfacher Weise möglich. Die Steuerdatei hat die Aufgabe, Mess- und Prüfabläufe zu automatisieren. Weiter unten wird auf die Steuerdatei näher eingegangen.
Wie das oben genannte Beispiel beinhalten auch andere Prüfabläufe sehr häufig dynamische Messungen. In der Regel werden dabei nicht nur die Messwerte über einer Umdrehung sondern auch ihre Winkellage benötigt. Zu diesem Zweck kann die Messtasterkarte IT80PC mit einem Drehgeberanschluss ausgestattet werden, der ohne Umwege über Software eine winkelgenaue Triggerung der Messwerte ermöglicht (Bild 1).
Automatische Prüfung von Zahnrädern
Der Drehgeber wird auch in dem folgenden Beispiel PCgestützter Messwerterfassung eingesetzt. Es handelt sich um die automatische Prüfung von Zahnrädern (Bild 4). Je nach Zahnradtyp müssen unterschiedliche Merkmale aufgenommen werden, zu denen im vorliegenden Fall Maße und Formen wie Bohrungsdurchmesser, Höhe, Schlag und Wälzverhalten zählen. Der PC gehört in dieser Anlage zu einer verketteten Maschine mit Handlingssystem, die über eine speicherprogrammierbare Steuerung bedient wird.
Messrechner und SPS kommunizieren über die E/A-Schnittstellenkarte EA8PC, die vom Softwaretool MFPSPC direkt bedient werden kann. Bei den meisten Merkmalen handelt es sich um dynamische Messungen. Bild 2 zeigt die Messkurve über einer Umdrehung des Prüflings, ermittelt mit einem Lehrrad, das sich während der Messung im Eingriff befindet. Deutlich sind der Rundlauf, die Profilabweichung und eine Flankenschädigung zu erkennen. Da im Prüfablauf sowohl statische als auch dynamische Merkmale aufgenommen werden müssen, ist eine Abstimmung zwischen Messrechner und SPS notwendig. Über die E/A-Schnittstelle startet die SPS die entsprechenden Messvorgänge, wobei der gesamte Prüfablauf von den jeweiligen Messergebnissen beeinflusst wird. So kann beispielsweise die Messung abgebrochen werden, wenn das erste Merkmal bereits zu Ausschuss führt. An anderer Stelle müssen Messwiederholungen stattfinden, wenn bestimmte Grenzwerte überschritten werden. Diese Automatismen werden in der Steuerdatei definiert, die zur Laufzeit des Messprogrammes eigenständig kompiliert wird. Für die Auswertung der Messungen stehen spezielle Funktionen des Programmpaketes MFPSPC+ zur Verfügung:
  • 1. MIN/MAX-Auswertung bei kontinuierli- cher Messung und bei unterbrochener Messung an Nuten und Stegen,
  • 2. Mittelwertermittlung bei kontinuierlicher Messung und bei unterbrochener Messung an Nuten und Stegen.
Darüber hinaus erfolgt eine Wälzlauf-Auswertung mit verschiedenen Kenngrössen wie
  • 3. maximale Rundlaufabweichung,
  • 4. maximale Schartigkeit des Profiles.
Die Funktionen können je nach Bedarf und Zulässigkeit während laufender Messung oder nach erfolgter Messwertaufnahme zur Auswertung verwendet werden. Dies soll an der Mittelwertfunktion für unterbrochene Messung verdeutlicht werden:
Erfolgt die Auswertung während der Messung, wird der Mittelwert ständig nachgeführt. Der exakte Wert ergibt sich erst nach Ablauf einer Prüflingsumdrehung. Nuten oder Stege werden entsprechend den festgelegten Kriterien ausgeblendet. Bei der Auswertung der Funktion nach erfolgter Messung wird der gesamte erforderliche Wertebereich herangezogen und gleich der exakte Wert ausgegeben. Der Zeitpunkt, zu dem der Wert ermittelt wird, ist in der Steuerdatei festgelegt. Die Berechnung kann an Ereignisse geknüpft oder zeitgesteuert erfolgen.
Hierbei zeigt sich die hohe Leistungsfähigkeit des Softwaretools, das in der Art einer rechnerinternen SPS funktioniert. Der in der Steuerdatei festgelegte Ablauf wird bei heute üblichen Rechnern circa alle 5 ms durchlaufen und nimmt Ereignisse entgegen oder gibt Steuerbefehle aus. Ereignisse können beispielsweise die galvanisch getrennten Eingänge der E/A-Karte, Grenzüber- oder Grenzunterschreitungen bestimmter Mess- oder Ergebniskanäle, Zeitgrenzen oder andere Überwachungen sein. Die Ereignisse können Steuerbefehle für die Datenspeicherung, die sequentielle Messweiterschaltung, die Druckerausgabe oder die Schaltung der Ausgänge der E/A-Karte aktivieren. Anzumerken ist zur sequentiellen Messung, dass statische und dynamische Messungen gemischt abgearbeitet werden können. Bei der beschriebenen Zahnradprüfung erfolgt neben der sequentiellen Messung zusätzlich ein Werteausdruck, jedoch nur für die fehlerhaften Werkstücke. Anhand der Dokumentation kann der Fertigungsprozess beobachtet und können Sofortmassnahmen zur Verbesserung eingeleibt werden.
Ohne Tastatur bedienter Handmessplatz
Zur Verdeutlichung der Arbeitsweise der Steuerdatei sei hier das Beispiel eines Handmessplatzes angeführt, der ohne Tastatur bedient wird:
Ein zylindrischer Prüfling wird per Hand auf einem Messtisch zwischen Messzangen positioniert. Nachdem ein Messtaster in seinen Fangbereich gelangt ist, hat der Bediener etwas Zeit, die ordnungsgemässe Werkstückposition zu finden. Schlägt die Zeitanzeige auf gelb um, wird der MIN/MAX-Speicher zurückgesetzt und der Bediener dreht den Prüfling, um das Maximum des Durchmessers zu ermitteln. Schlägt die Zeitanzeige auf rot um, ist der Messvorgang abgeschlossen. Der Prüfling kann entnommen werden. Die ermittelten Messwerte werden auf dem Bildschirm gehalten. Wird ein neuer Prüfling zugeführt, werden die Messwerte automatisch abgespeichert und ein neuer Messvorgang kann durchgeführt werden. Solange der Messvorgang noch nicht abgeschlossen ist, wird durch Entnehmen des Prüflings die Messung abgebrochen. Danach ist der Abbruch durch einen angeschlossenen Fußschalter möglich.
Automatische Mess- und Richtanlage
Das dritte Anwendungsbeispiel für die neuartige Hard- und Software ist eine automatische Mess- und Richtanlage, bei der gehärtete Wellen vor dem Schleifprozess im Verzug korrigiert werden. Diese Anlagen laufen wie auch die Zahnradvermessung im Dreischichtbetrieb und stellen an die Anpassungsfähigkeit hohe Anforderungen. Die Richtpresse wird von einer SPS gesteuert, die wiederum über die E/A-Ebene mit dem Messrechner verbunden ist, der aus einem im Schaltschrank untergebrachten Standardrechner mit den entsprechenden Steckkarten besteht. Die Bedienung der Anlage erfolgt bis auf die Parametereingabe für Toleranzen etc. von der SPS aus. Die SPS schaltet den Messrechner in sechs verschiedene Zustände beginnend bei Grundstellung über Parametereinstellung bis hin zum automatischen Richten. Der Rechner führt die Messungen aus und berechnet in seinem Richtalgorithmus die jeweils notwendigen Richtwege und Winkel. Seine Daten übergibt er der SPS, die entsprechende Bewegungen veranlasst. Bild 3 zeigt die Anordnung des Prüflings im Arbeitsraum der Maschine. Der Prüfling wird zwischen Spitzen gespannt und an zwei Stellen dynamisch vermessen. Je nach Wellenverzug werden zwei verschiedene Stempel zum Richten abgesenkt. Der Richtalgorithmus ist so ausgelegt, dass die Maschine sich selbsttätig im Betriebspunkt verstellt und an veränderte Temperatur- und Steifigkeitsverhältnisse sowohl der Maschine als auch des Werkstückes anpasst. Chargenstreuungen der Einhärtetiefe und der Geometrie der Welle werden ebenso wie veränderte Hydrauliktemperatur oder temperaturbedingtes Wachsen der Maschine aufgefangen. Der gesamte Funktionsablauf der Anlage ist in der Steuerdatei des Messrechners untergebracht. Nach Einsatz der neuen Technik konnte ein wesentlich verbessertes Richtergebnis verzeichnet werden. Wellenrisse, verursacht durch Überbiegung, wurden fast völlig vermieden.
Dem hier beschriebenen neuen Konzept von Messwerterfassung und Weiterverarbeitung liegen umfangreiche Erfahrungen aus der Datenübertragung zugrunde. Datenübertragungen arbeiten mit den entkoppelten, rückwirkungsfreien Grössen Datenstrom, Datenquelle und Datensenke. Dabei ist es der Datenquelle grundsätzlich gleich, auf welchem Wege in welche Senke ihre Daten gelangen. Sie stellt die Daten lediglich zur Verfügung. Umgekehrt interessiert es die Datensenke nicht, welche Quellen sie beliefern, solange ein Datenstandard eingehalten wird. Daraus können für eine flexible Programmstruktur und den Datenfluss innerhalb des PCs sehr sinnvolle Schlüsse gezogen werden. Das Anwendungsprogramm wird zu einem Manager von Datenströmen reduziert. Auf diese Weise ist es mit dem beschriebenen Softwaretool bereits jetzt schon möglich, die erfassten Messdaten als Strom aufzuteilen, zu dublizieren, umzuleiten und direkt, gefiltert oder formatiert auf den Bildschirm, in Dateien innerhalb und außerhalb des PCs an serielle Schnittstellen oder auf den Drucker zu leiten. Beispielsweise können parallel Dateien im Excel- und QS-STAT-Format gefüllt und gleichzeitig bestimmte Daten als Protokoll gedruckt und an die E/A-Schnittstelle übermittelt werden. Dazu sind vom Ingenieur und Messtechniker nur wenige Programmzeilen zu erstellen.
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