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Kooperationen in der Zerreißprobe

Umgang mit Partnern in der Automobilindustrie während der Pandemie
Kooperationen in der Zerreißprobe

Im systematischen und strategischen Ausbau von Entwicklungskooperationen liegt ein Ansatz für Automobilhersteller, um den technologischen Wandel zu bestehen. Doch was tun, wenn die derzeitige Corona-Pandemie die globale Zusammenarbeit erschwert? Ansätze liefert eine Studie der Hochschule Esslingen.

Die deutsche Automobilindustrie steht vor vielen Weichenstellungen. Dabei wird immer wieder gefragt: Wie können wir die Mobilität von morgen maßgeblich mitgestalten? Wie gelingt es auch künftig, den Wettstreit um Qualität und Technik, um Digitalisierung und Kundenbegeisterung wieder anzuführen, anstatt hinter der Entwicklung herzulaufen? Oder sind wir gar meilenweit abgehängt?

Der technologische Wandel bietet aber auch eine Chance, denn Kooperationen mit innovativen Zulieferern und Unternehmen aus der Softwarebranche schaffen vielversprechende Gelegenheiten. Neben dem enormen Innovationsdruck in Sachen Fahrzeugantrieb setzen relativ junge Unternehmen aus Übersee und Asien auch in der digitalen Welt immer wieder neue Standards und bringen unsere traditionell eher mechanisch geprägten Fahrzeugbauer ordentlich zum Schwitzen.

Bei all den bereits angestoßenen organisatorischen, technologischen und strategischen Maßnahmen sollte eine zentrale Fragestellung immer im Mittelpunkt stehen: Wie können die vorhandenen Innovations- und Qualitätspotenziale bestmöglich genutzt werden und welche Rolle spielen dabei unternehmensübergreifende Kooperationen? Denn Innovation und Qualität sind, unbestritten und wissenschaftlich belegt, die wichtigsten Erfolgsfaktoren für Unternehmen.

Das Institut für Change Management und Innovation (CMI) der Hochschule Esslingen beschäftigt sich im Rahmen der Studie Innovation – Quality – Automotive (IQA) mit diesen Themen. In einer aktuellen Teilstudie wurde die Corona-Pandemie zum Anlass genommen, um zu untersuchen, wie sich die derzeitigen Umstände auf die Akteure auswirken und welche zusätzlichen Herausforderungen durch die Krise entstehen und gegebenenfalls noch längere Zeit fortbestehen werden.

Um die Fragestellungen bestmöglich beantworten zu können, wurde eine qualitative Erhebungsmethode in Form von strukturierten Experteninterviews gewählt. Die insgesamt 18 Interviewpartner kamen aus Standorten von Dubai über Deutschland bis in die USA. Dabei wurden sowohl hochrangige Manager der Automobilkonzerne wie auch Top-Manager der Erst- und Systemlieferanten sowie Brancheninsider befragt. Die Befragung ist nicht repräsentativ, liefert jedoch erste spannende Einblicke in das Brachengeschehen.

Corona erschwert Zusammenarbeit in bestehenden Partnerschaften

In der Befragung wurde festgestellt, dass Kooperationen derzeit einer harten Belastungsprobe ausgesetzt sind und einige Partnerschaften sehr viel empfindlicher und labiler sein dürften als bislang angenommen. So sind die prozessualen aber auch die sozialen Beziehungen innerhalb dieser oft so wichtigen Unternehmenskooperationen durch die Corona-Krise über stark strapaziert worden. Dies wurde insbesondere durch eine spürbar verschlechterte Kommunikation deutlich. So war in den Interviews von teilweise anhaltender Intransparenz, chaotischen Mitteilungen und häufigen Missverständnissen die Rede. Auch der sonst eher partnerschaftliche Umgang wurde durch rauhe Töne abgelöst, die die Arbeitsbeziehungen spürbar belasteten.

Eine gute Partnerschaft basiert auf der Qualität der persönlichen Kontakte und auf einem vertrauensvollen Austausch. Die Art und Weise der Kommunikation ist und bleibt dabei ein entscheidender Erfolgsfaktor. Aber nicht nur in der aktuellen Krisensituation sondern auch in der technologischen Transformation sollten Unternehmen größten Wert auf Transparenz und einen optimalen Informationsfluss legen. Angst und Widerstand lassen sich nicht vollständig vermeiden, jedoch sollte dem mit offener Kommunikation bestmöglich entgegengewirkt werden. Denn nur gemeinsam können Entwicklungs- und Qualitätsprobleme behoben und innovative Konzepte entwickelt werden, um die Transformation des Automotive-Sektors zu meistern. Zur Stabilisierung der Partnerschaften und des eigenen Unternehmens wurden von den befragten Firmen zahlreiche Maßnahmen ergriffen. Dabei lag der Fokus meist auf dem Ziel der schnellen Kostenreduktion und der Effizienzsteigerung. Eine Krise kommt meist sehr unerwartet, wer dann auf einen bereits durchdachten Notfallplan bauen kann, ist im Vorteil. Doch was sollte ein guter Krisenplan in der gegenwärtigen Situation enthalten? Die Expertengespräche haben vier wesentliche Bestandteile aufgezeigt:

  • Die Situation des Unternehmens und des Umfelds bewerten
  • Aufdeckung von Stärken und Schwächen
  • Aufstellung eines kurz- und mittelfristigen Plans zum Umgang mit den Gegebenheiten
  • Bereits jetzt Maßnahmen für die Zeit nach der Krise planen

Die aktuelle Pandemie fordert sowohl von den Unternehmen als auch von deren Mitarbeitern eine schnelle Reaktion und Anpassung auf die sich ständig veränderten Rahmenbedingungen. Einige Werkzeuge eignen sich dabei besonders gut. Die Befragung ergab, dass vor allem die Einrichtung von Task Forces zur Sicherung der Unternehmensabläufe sehr sinnvoll ist. Daneben ist ein der Situation angemessenes Kommunikationskonzept ein wesentlicher Erfolgsfaktor, das einen bereichs- und unternehmensübergreifenden Austausch beinhaltet. Dabei sollte gewährleistet sein, dass neben den Mitarbeitern des eigenen Unternehmens auch Partner und Kunden integriert werden.

Darüber hinaus konnte im Rahmen der Interviewreihe des CMI festgestellt werden, dass immer mehr Unternehmen branchenübergreifende Kooperationen eingehen, um sich erfolgreicher im turbulenten Markt zu platzieren. Von „neuen Märkten und unschätzbaren Möglichkeiten“ berichtete zum Beispiel ein Business Unit Manager eines Tier-1-Lieferanten.

Institut für Change Management und Innovation (CMI)
Hochschule Esslingen
Fakultät Wirtschaft und Technik
Flandernstraße 101
73732 Esslingen
www.cmi.hs-esslingen.de


Bilder: Hochschule Esslingen
Bilder: Hochschule Esslingen
Bilder: Hochschule Esslingen

Michael Dunst Sarah Opferkuch

Doktorand

Technische Betriebswirtin

Prof. Dr. Dietmar Vahs

Institutsleiter

Institut für Change Management und Innovation (CMI), Hochschule Esslingen

www.cmi.hs-esslingen.de


Drei Tipps für Kooperationen

  • Sorgen Sie für einen vertrauensvollen Umgang mit Ihren externen Partnern. Wahre Freundschaft ist in schwierigen Zeiten unbezahlbar. Achten Sie also auf einen respektvollen, vertrauensvollen und ehrlichen Umgang mit allen Ihren Partnern. Verwenden Sie beispielsweise den Ansatz des „Single Point of Contact“ um eine persönliche Vertrauensbasis zu schaffen.
  • Kommunikation ist wichtiger denn je: Nutzen Sie alle Kanäle. In turbulenten Zeiten sollten Sie großen Wert darauf legen, Ihre Mitarbeiter über die neuesten Entwicklungen zu informieren. Dies kann mithilfe eines Broadcasting Days oder einer Push-Nachrichten-App umgesetzt werden. Nutzen Sie die vielfältigen Möglichkeiten für eine zielgruppenbezogene, transparente und angemessene Kommunikation.
  • Suchen Sie aktiv nach weiteren Kooperationspartnern: Gemeinsam erreichen Sie mehr. Die hohe Komplexität der Märkte und die auch zukünftig zu erwartenden schnellen Technologiesprünge erfordern zunehmend strategische Partnerschaften. Nutzen Sie gezielt deren langfristiges Potenzial. Besonders bei der Softwareentwicklung und der Realisierung von digitalen Geschäftsmodellen ist es ratsam, mit erfahrenen und verlässlichen Experten zu kooperieren.
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