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Lieferantenauswahl vor Nominierung

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Lieferantenauswahl vor Nominierung

Lieferantenauswahl vor Nominierung
Philipp Reusch Reusch Rechtsanwälte, Saarbrücken www.reuschlaw.de
Vor der Lieferantenauswahl sehen sich die möglichen Lieferanten des OEM nicht selten dazu veranlasst, bereits mit Ihren Zulieferern die notwendigen Grundlagen für eine etwaige spätere Serienlieferung zu schaffen. Doch Vorsicht:

Ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2010 (Az.: 6 U 145/08) zeigt aber, dass man gut daran tut, keine vorschnellen vertraglichen Vereinbarungen einzugehen, so lange die eigene Beauftragung nicht gesichert ist.

Sachverhalt:
Die verkaufende Firma wandte sich an seinen Lieferanten für die Anfertigung von zwei Zukaufteilen, welche sie für die Lieferung ihres Produkts an einen Tier1 benötigte. Für die Belieferung wurden in der Folge Bestellungen in Höhe von insgesamt circa 350.000 Teilen getätigt.
Nachdem der Verkäufer von seinem Kunden darüber informiert wurde, dass der OEM dem angebotenen Produkt nicht den Zuschlag erteilt hatte, bat sie umgehend seinen Lieferanten, jegliche weitere Produktion einzustellen. Den von seinem Lieferanten geltend gemachten Preis für die bereits gelieferten Teile als auch für das nicht anderweitig verwendbare Material zahlte der Verkäufer.
Daneben machte aber der Lieferant unter Anrechnung seiner ersparten Aufwendungen auch die Vergütung für die bestellten aber nicht mehr benötigten Teile geltend. Der Verkäufer verweigerte eine Zahlung mit dem Argument, dass der Auftrag von der Erteilung des Serienauftrags seitens seines eigenen Kunden abhängig und dieser branchenübliche Umstand dem Lieferanten auch bekannt gewesen sei.
Rechtlicher Rahmen:
Soweit Produkte auf gesonderte Spezifikationen eines Kunden hin hergestellt werden, handelt es sich um einen sogenannten Werklieferungsvertrag. Liegt ein solcher Vertrag vor, kann er nach den gesetzlichen Regelungen jederzeit vom Kunden gekündigt werden.
Als Ausgleich für das jederzeitige Kündigungsrecht steht jedoch dem liefernden Unternehmer die vereinbarte Vergütung für die bestellten aber nicht mehr gebrauchten Teile zu. Er muss sich lediglich die ersparten Aufwendungen anrechnen lassen oder das, was er durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.
Nach dem mittlerweile eingeführten § 649 Seite 3 BGB wird vermutet, dass dem Lieferanten als Unternehmer im Kündigungsfalle 5 % der vereinbarten Vergütung zusteht.
Die Entscheidung des Gerichts:
Das vom Verkäufer herangezogene Argument des Wegfalls der Geschäftsgrundlage aufgrund der fehlenden Beauftragung durch den eigenen Kunden ist durchaus üblich. In abgewandelter Form taucht es in den Fällen auf, in denen während der Serienphase der Auftrag entzogen wird und der Lieferant sich genötigt sieht, Bestellungen gegenüber seinen Unterlieferanten zurückzuziehen.
Das OLG Karlsruhe hat jedoch unmissverständlich festgestellt, dass es sich hierbei um Umstände handelt, die allein im Risikobereich des Käufers liegen.
Selbst wenn der Lieferant Kenntnis über den Verwendungszweck seines Lieferteils hat, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass er dieses Risiko zumindest teilweise auf sich nehmen will. Dass es sich hier um eine Geschäftsbeziehung aus dem Bereich der Automobilindustrie handelt und den Parteien die branchenüblichen Praktiken bekannt sind, stellen nach Ansicht des Gerichts keine besonderen Umstände dar, die eine anderweitige Beurteilung rechtfertigen.
Fazit:
Das Urteil des OLG Karlsruhe zeigt erneut, dass der Hinweis auf die Gepflogenheiten der Automobilindustrie allein nicht ausreicht, um die gesetzlich vorgesehene Risikoverteilung zwischen Vertragspartnern auszuhebeln.
So lange die eigene Beauftragung nicht verbindlich erfolgt, ist es daher nicht ratsam, bei eigenen Unterlieferanten zu bestellen, auch nicht mit dem alleinigen Hinweis, dass die eigene Beauftragung noch aussteht. Für die laufende Geschäftsbeziehung sollte unbedingt eine Regelung vereinbart werden, wonach jederzeitige Kündigungen von bereits bestellten Produkten ohne Vergütungspflicht möglich sind.
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