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Lötfehlern auf der Spur

Prüfung dreidimensionaler Baugruppen mit automatischer optischer Inspektion
Lötfehlern auf der Spur

Harting setzt für seine anspruchsvollen Kunden aus den Branchen Automobil- und Medizintechnik immer häufiger die 3D-MID-Technologie (Molded Interconnect Device) ein. Für die Qualitätssicherung bedurfte es bis vor kurzem aufwendiger Sichtkontrollen. Inzwischen kommt das Viscom S6056 MID-Prüfsystem zum Einsatz, das bei hohem Durchsatz automatische Prüfungen in maximaler Qualität ermöglicht.

Am Standort Biel in der Schweiz entwickelt und produziert Harting kundenspezifische 3D-MID-Lösungen. Hier kommt auch die S6056 MID zur Inspektion einer Baugruppe für Distanzkontrollsysteme in Kraftfahrzeugen zum Einsatz. Die Baugruppe steuert die zur Abstandsmessung eingesetzten Radarantennen. Auf der dreidimensionalen Oberfläche der Baugruppe befinden sich Leiterbahnen und SMD-Bauteile. Die Leiterbahnen werden im LDS-Verfahren (Laser Direct Strukturierung) hergestellt. Dabei arbeitet ein Laser die Leiterbahnen aus LDS-fähigem Kunststoff heraus, indem er im Material enthaltene Metallpartikel aktiviert. Die SMD-Bauteile lötet Harting mit einer Dampfphase.

„Bestimmte Fehler, zum Beispiel Tombstone-Effekte beim Löten, lassen sich selbst im besten und stabilsten Fertigungsprozess nie vollständig vermeiden“, erklärt Albert Birkicht, Geschäftsführer der Harting AG in Biel. „Ein kleiner Prozentsatz an Fehlern entsteht immer. Diese Fehler muss die Inspektion gerade bei Kunden aus der Automobil- und Medizintechnik zuverlässig erkennen. In diesen Branchen sind die Qualitätsanforderungen besonders hoch.“
Bei der 3D-MID-Fertigung setzte das Unternehmen bisher auf aufwendige manuelle Kontrollen, bei denen allerdings ein gewisser Schlupf nie ganz ausgeschlossen werden konnte.
Außerdem ist bei Harting aufgefallen, dass die manuelle Inspektion statistische Auswertungen verfälschen kann. „Entdeckt der Kontrolleur einen recht auffälligen Fehler auf einer Baugruppe, kann dies dazu führen, dass weitere Fehler gar nicht mehr erfasst werden. Allein schon deshalb, weil die Baugruppe bereits nach dem ersten Fehler ausgeschleust wird“, erläutert Birkicht. „Dann geht diese Baugruppe nur mit dem auffälligen Fehler in die Fehlerstatistik ein und uns fehlen wichtige Anhaltspunkte, um den Prozess zu optimieren.“
Deshalb hat man sich bei Harting auf die Suche nach einer automatischen Inspektionslösung gemacht, die für maximale Qualität sorgt und zudem kostengünstiger ist. Dabei wurde schnell deutlich, dass es sich nicht nur um eine typische Leiterplatteninspektion handelt. Die Herausforderungen an eine 3D-MID-AOI, insbesondere in Bezug auf Sensorik und Leiterplattenhandling, sind sehr hoch. 3D-MID-Produkte unterscheiden sich erheblich stärker voneinander als elektronische Flachbaugruppen. Die Einführung eines 3D-Prüfsystems erfordert flexiblen Support durch den Hersteller und ein leistungsfähiges Basissystem, das an die jeweilige Prüfaufgabe angepasst werden kann.
„Support, Flexibilität und Technologie sind echte Stärken von Viscom“, sagt Birkicht. „Viscom hat uns bei der Anpassung des Systems intensiv unterstützt – bis hin zu Entwicklungsleistungen. Außerdem engagiert sich Viscom im 3-D MID e.V. Damit war uns schnell klar, dass das Unternehmen 3D-MID als strategisches Thema ansieht und in der Lage sein wird, unsere Anforderungen zu erfüllen.“
Die technische Grundlage für die 3D-AOI bildet das ausgereifte und an die Anforderungen flexibel anpassbare Seriensystem S6056. Das Inspektionssystem bietet eine Z-Achse, eine hohe Prüftiefe und -geschwindigkeit sowie Verifikations- und Traceability-Lösungen. Die optische Kontrolle eines dreidimensionalen Schaltungsträgers ist in erster Linie durch die komplexe Form und Kontur des Produkts geprägt. Deshalb muss das Inspektionssystem in der Lage sein, auf verschiedenen Ebenen zu prüfen. Darüber hinaus kommen bei der 3D-MID-Fertigung sehr unterschiedliche Herstellungsverfahren zum Einsatz, zum Beispiel Bestückung mit Hilfe von Lotpaste, Leitkleber oder Bonding. Die Leiterbahnen sind zudem oft herstellungsbedingt nicht einheitlich, sondern können ganz unterschiedlich aussehen. Die Prüfabdeckung und vielfältigen Fehlermerkmale sind in einem Fehlerkatalog mit exakten Grenzwerten genau zu definieren. Abhängig von den erwarteten Arten von Fehlern und dem benötigten Durchsatz müssen sich Auflösung, Prüfgeschwindigkeit, Beleuchtung, Farbeinstellungen und Kamerawinkel gezielt anpassen lassen.
3D-AOI-Prüfung in zwei Schritten
Die 3D-Prüfung bei Harting erfolgt immer in zwei Schritten: „Im ersten Schritt setzen wir jeweils 20 noch unbestückte 3D-MID-Baugruppen auf einen Werkstückträger“, erklärt Guido Schatz, AOI-Operator im Unternehmen, den Prüfprozess. „Darauf laufen die Baugruppen als Nutzen durch das Viscom-System. Dieses prüft zunächst die Metallisierung der gelaserten und galvanisierten Kupfer-, Nickel- oder Goldleiterbahnen und die Anschlusspads.“
Zu den typischen Fehlern gehören Fremdmetallisierungen, unvollständige, abgelöste, kurzgeschlossene oder gerissene Leiterbahnen sowie geometrische Mängel des Produkts oder an Farbvariationen erkennbare Fehler beim Zwei-Komponenten-Spritzguss. Bei 20 Baugruppen dauert der erste Prüfschritt circa 200 s. Danach bestückt Harting die Baugruppen und lötet sie mit Hilfe einer Dampfphase.
Im zweiten Schritt kontrolliert das S6056 MID-System die bestückten Baugruppen: „Innerhalb von 60 Sekunden stellt das System fest, ob auf allen Baugruppen des Nutzers die richtigen Bauteile vorhanden, korrekt positioniert und gepolt sind“, so Schatz weiter. „Zudem erkennt es unzureichende Lötstellen, Tombstone-Effekte, Kurzschlüsse und Fehler am Lötstopplack.“ Die Lötstellen sind aufgrund der Geometrie des Bauteils besonders schwer zu prüfen. Dasselbe gilt für den Lötstopplack, der in sehr kleinen Punkten dispensed wird.
Herz des Viscom S6056 MID-Systems ist eine leistungsfähige, nach drei Achsen (x, y, z) verschiebbare AOI-Sensorik auf Basis des Viscom 8M-Kameramoduls mit vier orthogonalen (Draufsicht) und acht geneigten Kameras in einem Gehäuse. Das Sensormodul hat eine umschaltbare Auflösung. Bei orthogonaler Inspektion beträgt sie 23,5 µm beziehungsweise 11,75 µm und bei geneigter Prüfung 16,1 µm beziehungsweise 8,05 µm. Damit lassen sich Bauteile bis Bauform 01005 (0,2 x 0,4 mm) sicher kontrollieren. Um verschiedene Prüfmerkmale herauszuarbeiten und optimalen Kontrast zu erzielen, sind verschiedene Beleuchtungstypen integriert.
„Wir sind von den Ergebnissen des 3D-Inspektionssystems sehr beeindruckt“, sagt Birkicht. „Die Qualität der Kontrollen und Auswertungen ist hoch, gleichzeitig ist der Durchsatz deutlich gestiegen. Die automatische Inspektion ist unbestechlich: Kein Fehler geht verloren, Prozesse lassen sich zielsicher nachsteuern und so steigt letztendlich die Qualität der gesamten Fertigung.“
Derzeit nutzt Harting das 3D-System für die Inspektion der in hohen Stückzahlen gefertigten Baugruppe für das Distanzkontrollsystem. „Nach und nach werden wir weitere 3D-MID-Produkte mit dem Viscom-System prüfen, insbesondere die hochvolumigen Produkte, die besonders hohe Qualitätsanforderungen haben“, erklärt Birkicht „Die Kapazität wird voraussichtlich schnell an ihre Grenzen stoßen, so dass wir bereits über ein zweites S6056 MID-System nachdenken.“ ■
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