Die Zahlen sind eindeutig: Fast die Hälfte aller für die Untersuchung befragten Teilnehmer – 1869 Führungskräfte und Qualitätsfachleute aus aller Welt quer durch alle Branchen – geben an, dass ihre Qualitätsmanagementbemühungen sich finanziell positiv ausgewirkt haben. 8 % sagen sogar, dass ihr Gewinn um mehr als 10 % gestiegen ist.
Dabei wird jedoch auch deutlich: Bei der Mehrzahl der Unternehmen erstrecken sich die Anstrengungen auf die Bereiche operativer Betrieb, Kunden-Service- und -Support sowie Produktion, die traditionelle Heimat des Qualitätsmanagements in den vergangenen Jahren. Dies trifft insbesondere auf Firmen zu, die nach eigenen Aussagen noch Verbesserungsbedarf in punkto Qualität haben. Doch immer mehr Unternehmen dehnen Qualitätsinitiativen auf die gesamte Organisation aus – und sehen dies als übergeordnete Unternehmensstrategie. Laut der Studie trifft dies schon auf zwei von fünf Unternehmen zu.
Die Definition von Qualität hat sich in vielen Branchen verändert, konstatiert Michael Gravier, Professor für Marketing und Global Supply Chain Management an der Bryant University in Rhode Island/USA, in der Studie: „Wir sind an einem Wendepunkt angekommen, an dem die Definition von Qualität eine großen Sprung in Richtung Einbeziehung der Endkunden nimmt.“ Damit komme man weg von den vielfach üblichen operativen Qualitätskennzahlen wie Defekten pro Millionen.
„Die gesamte Organisation sollte sich auf den Endmarkt konzentrieren“, rät Gravier. „Einige wenige Führungskräfte beherrschen heute schon diese Kunst des holistischen Qualitätsansatzes.“ Doch vor allem in der Fertigungsindustrie sei man dabei noch hintenan – und fokussiere sich nach wie vor auf die Qualität des Produkts. Kein Wunder: Ein Produkt könne man leicht vermessen und beurteilen, indem man spezifische Systeme und Methoden wie den statistischen Kontrollansatz nutze.
Beim Messen von Produktqualität werden oft
die Bedürfnisse der Kunde vergessen
„Dies führt aber leicht dazu, dass Unternehmen einen internen Fokus haben – und dies kann gefährlich sein, weil sie dann den Markt nicht richtig bedienen“, mahnt der Professor. Unternehmen wie McDonald‘s, Toyota und Apple haben nach seiner Darstellung bewiesen, dass es gelingen kann, die internen und externen Qualitätsmaßstäbe miteinander zu integrieren – obgleich auch in diesen Fällen beide Bereiche getrennt voneinander und mit unterschiedlichen Methoden gemanagt werden.
„Aber sie beherrschen die Kunst des Dialogs zwischen internen und externen Qualitätsmethoden durch eine durchgreifende, marktorientierte Kultur – ein leistungsfähiges und wettbewerbsfähiges Werkzeug, wenn es gepaart ist mit strengen internen Qualitätsprogrammen.“
Das Gros der befragten Führungskräfte sieht die Anforderungen an einen ganzheitlichen Qualitätsansatz, der interne Silos aufbricht und Grenzen aufbricht. Als Top-Charakteristiken für unternehmensweite Qualitätsanstrengungen sehen sie:
- Ende-zu-Ende-Kundenerfahrung
- Risikomanagement-Programm
- Förderung von Mitarbeiter-Input und -Zusammenarbeit
- Qualitätsregeln, die aus den Business Units stammen und von ihnen gemanagt werden
- Regeln und Praktiken, die bei Personaleinstelllungen das Commitment zu Qualität widerspiegeln
Im Gegensatz dazu fokussieren sich Qualitätsfachleute stärker auf das Management spezifischer Programme oder die Implementierung von Tools.
Die Mehrzahl der Befragten, nämlich 75 %, misst den Erfolg ihrer Qualitätsprogramme zu einem gewissen Grad. Aber nur einer von vier sagt, dass dies extensiv betrieben wird. „So, wie ein Arzt den Gesundheitszustand eines Menschen diagnostiziert, muss man regelmäßig einen Gesundheits-Check in der Organisation durchführen, um die Hürden zu identifizieren und auszuräumen, die dem Ziel im Wege stehen, gute Qualität zu liefern“, sagt Tim Lang, CTO und Senior Executive Vice President des Software-Anbieters Microstrategy.
Hürden können nach seiner Darstellung in jeder Form auftauchen. Deshalb sei es wichtig, alle Verbesserungen mit empirischen Daten und Messgrößen zu belegen. Dargestellt werden die Daten in Qualitäts-Dashboards. „Transparenz ist einer unserer Kernwerte – und wenn man Qualität im Fokus hat, benötigen alle die gleichen Daten, um die gleiche Qualitätsverbesserungs-Story erzählen zu können. Das ist unglaublich kraftvoll“, so Lang.
Allerdings wird der Status der Qualitätsbemühungen in den Unternehmen heute in der Regel nur einem kleinen internen Kreis publik gemacht wird: Die Geschäftsführung erfährt davon in 78 % der Fälle, das Qualitätsmanagement in 71 %. Doch nur 62 % der befragten Firmen teilen die Daten mit Mitarbeitern, die direkt betroffen oder involviert sind. Und nur 51 % informieren alle oder zumindest die Mehrheit der Mitarbeiter.
Daten sind zwar in Unternehmen heute in Hülle und Fülle vorhanden, aber dem Gros der Entscheider reicht dies nicht aus: Weniger als ein Drittel gibt an, dass ihm aktuell genügend Daten zur Verfügung stehen. Selbst in Unternehmen mit etablierten Qualitätsmanagement-Programmen bemängeln dies mehr als die Hälfte. Ganz prekär ist die Lage in Organisationen, die nach eigener Einstufung Qualitätsprobleme haben: Hier haben gerade einmal 18 % Zugang zu allen Daten, mit denen sie den Fortschritt ihrer Qualitätsbemühungen effizient messen können. ■
Die Autorin
Sabine Koll
Redaktion
Quality Engineering
Webhinweis
Die Studie „The Rising Economic Power of Quality“ von Forbes Insight, gesponsert von der American Society for Quality (ASQ), lässt sich kostenlos downloaden unter http://hier.pro/H996j
– oder über den QR-Code.