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Neuartige Formnormale

Mehrwellennormale in der Formmesstechnik
Neuartige Formnormale

Die Rückführung und Überwachung von Formmessgeräten war ein großes praktisches Problem, da es an geeigneten Normalen mangelte. Neuartige Formnormale, die von der PTB entwickelt wurden, führen zu einer deutlichen Verbesserung dieser Situation.

O. Jusko, F. Lüdicke, Physikalisch Technische Bundesanstalt

Zur Kalibrierung der Empfindlichkeit von Formmessgeräten werden Verkörperungen definierter Formabweichung benötigt. Hierfür eignen sich insbesondere Kreisformverkörperungen mit überlagerten Formmerkmalen. Die Messprofile derartiger Normale sind geschlossen und lassen sich deshalb leichter auswerten. Verfügbar waren bisher ausschließlich sogenannte Flicknormale (Zylinder mit Abflachung), die jedoch den gewünschten Anforderungen nur eingeschränkt gerecht werden. Ihr Signal ist sehr schmalbandig und die Auswertung beruht auf nur wenigen Einzelpunkten des Messprofils. Außerdem existierten keine Normale für Innenantastung (z. B. Ringform).
Es wurden daher sogenannte Mehrwellennormale entwickelt [1,2]. Dies sind zylindrische Grundkörper, auf deren Mantelflächen eine Überlagerung mehrerer sinusförmiger Wellen mit definierten und verschiedenen Amplituden und Frequenzen aufgebracht ist. Die Ortsfrequenzen stellen also ein Linienspektrum dar. Zweckmäßigerweise sind die verkörperten Wellenlängen so gewählt worden, dass sie den genormten Filtergrenzwellenzahlen (5, 15, 50, 150, 500 Wellen/Umfang) entsprechen. Durch Variation der Filtergrenzwellenzahlen können so bei einer Rundheitsmessung gezielt ein Teil des Amplitudenspektrums unterdrückt oder auch die Filterfunktion selbst überprüft werden.
Neuer Ansatz zur Auswertung von Formmessprofilen
Während die bisher verwendeten Flicknormale in ihrem Messprofil maximal Ortsfrequenzen bis zu etwa 100 W/U aufweisen, sind Mehrwellennormale die ersten definierten Verkörperungen hoher Ortsfrequenzen (bis zu 500 W/U) und liefern daher Information über einen breiteren Spektralbereich als bisher üblich.
Bisher wurde in der Formmesstechnik zu Kalibrierzwecken kaum Gebrauch von Spektralanalysen (FFT) gemacht, da das Spektrum des Nutzsignals der verfügbaren Normale zu flach und zu dicht am Rauschen verlief. Das Linienspektrum von Mehrwellennormalen hingegen verfügen über eine definierte Form und ein hohes Signal-Rauschverhältnis. Es erlaubt daher eine neue besonders stabile Möglichkeit, die Signalübertragungskette von Formmessgeräten zu überprüfen. Dazu wird eine spektrale Analyse des Formprofils eingesetzt, um einen Amplitudenvergleich mit den Linien des Spektrums durchzuführen. Kleine lokale Störungen, die etwa durch Fertigung, Verschmutzung oder Kratzer bedingt sind, beeinflussen hierbei den Kalibrierwert kaum, da das Amplitudenspektrum alle Messpunkte insgesamt bewertet. Das bisherige Kalibrierverfahren stützt sich dagegen nur auf den Spitze-Tal-Wert „Formabweichung“ und damit auf nur zwei (LSCI) oder vier (MZCI) Datenpunkte des Messprofils.
Fertigung
Im Ultrapräzisionsbearbeitungszentrum der PTB sowie im Fraunhofer Institut für Produktionstechnologie (IPT) wurden Prototypen für Mehrwellennormale realisiert. Als Rohlinge nutzte man Ringe und Scheiben mit 80 mm Durchmesser aus Aluminium. Die Fertigung in der PTB erfolgte mit einer Präzisions-CNC-Fräsmaschine und einem Diamant-Schaftfräser mit 2 mm Durchmesser. Dabei wurde die theoretische Form mit den oben genannten Parametern direkt in einem CNC-Programm formuliert. Es ist zu beachten, dass 500 W/U bei einem Werkstückdurchmesser von 80 mm einer Wellenlänge von 0,5 mm entsprechen. Mit diesem Verfahren wurden erstmals auch Normale für Innenantastung gefertigt, die bisher nicht verfügbar waren.
Im IPT wurden weitere Prototypen mit Hilfe von Eindiamantdrehen in einer Hartnickelschicht und Fast-Tool Servo (synchron moduliertes Schneidwerkzeug) hergestellt. Dieses Verfahren bietet die höchste Oberflächenqualität.
Anwendungserfahrungen
Mehrwellennormale wurden bereits in Vergleichsmessungen verwendet. Dabei wurden sie sowohl auf Formmessgeräten insbesondere in Formmesslaboratorien des DKD als auch auf Koordinatenmessgeräten eingesetzt [3]. Es zeigte sich, dass das Handling einfach ist und die Reproduzierbarkeit der Messergebnisse hoch. Bei vielen Formmessgeräten findet sich eine Spektralanalyse bereits in der Standardsoftware, so dass auch die fortgeschrittenen Auswertemöglichkeiten zur Verfügung stehen. Es konnten bereits Übereinstimmungen der PTB-kalibrierten Amplitudenhöhen mit externen Messungen innerhalb von 30 nm bei Formabweichungen von 20 µm erzielt werden.
Weiterhin decken diese Normale viele Schwachpunkte des Messgerätes, insbesondere des Tastsystems und der Auswertesoftware wie der Filterung auf.
Fazit
Mehrwellennormale stellen den neuen Stand der Technik für Vergrößerungsnormale in der Formmesstechnik dar. Theoretische Untersuchungen und praktische Erfahrungen zeigen ihren Vorsprung gegenüber den bisher benutzten Verfahren. Einer breiten Anwendung sollte mithin nichts im Wege stehen.
Literatur
[1] Jusko, O; Lüdicke, F.: „Novel multi-wave standards for the calibration of form measuring instruments“, Proc. 1st EuSPEN, Bremen, 1999.
[2] Messestand der PTB auf der CONTROL 2000.
[3] Jusko, O.; Lüdicke, F., Wäldele, F.: „Hochgenaue Rundheitsmessungen auf Koordinatenmessgeräten“, Quality Engineering, Heft 5, 2000.
CONTROL Halle 1, 1500
Weitere Informationen A QE 403
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