Es gibt noch viel zu tun, um die Qualität additiv gefertigter Funktionsbauteile auf das gleiche Niveau zu heben wie die von konventionell hergestellten Teilen – das war die Quintessenz des Vortrags von Ralf Becker, bis vor Kurzem Leiter Technologieforschung & Basistechnologien bei Schunk. Der Hersteller von Greifern und Spannsystemen ist 2010 in die Fertigung von Funktionsbauteilen aus Kunststoff eingestiegen, im vergangenen Jahr folgte die Ausweitung auf ein metallverarbeitendes AM-Verfahren.
Schunk fertigt kundenindividuelle Greiferfinger aus Kunststoff, Stahl und Aluminium additiv und hat dafür die gesamte Prozesskette vollständig digitalisert – mit dem webbasierten 3D-Designtool E-Grip als Frontend, in das die Kunden ihre CAD-Daten laden können. Insofern steht hier bereits ein Geschäftsmodell dahinter.
Dennoch werden laut Becker noch längst nicht alle Erwartungen, die Schunk in Bezug auf die Qualität dieser Greifer hat, erfüllt: „Eine wiederholbare Werkstückqualität ist vor allem beim Einsatz von Kunststoffen noch nicht gegeben“, so Becker. Hilfreich fände er zum Beispiel eine Absicherung der Dimensionierungen durch Simulation.
100-Prozent-Prüfungen mittels 3D-Scan
Heute müsse Schunk die additiv gefertigten Greifer zu 100 % überprüfen. Die Messung und Prüfung der kundenspezifischen Geometrie sein nur mit 3D-Scannern und im Vergleich zum CAD-Modell möglich – und damit sehr aufwändig. Dabei behelfe man sich bei Kunststoff-Greifern eines „Workarounds“ mittels der Prüfung der Passform des Anschraubflansches am Greifer. Wenn diese in Ordnung sei, schließe man daraus auf die korrekte Passung der Fingerkontur. Bei Metallfingern entfällt diese Möglichkeit, da hier die Flanschfläche nachgearbeitet werden muss. Daher wird bei Schunk aktuell von allen Greiferfingern ein 3D-Scan angefertigt.
Becker formulierte eine ganze Reihe von Wünschen an die Adresse von Politik, sowie an Teilehersteller und Maschinenbauer zur Verbesserung der Qualität und der Industrialisierung der Produktionsprozesse. So wünscht er sich von der Politik die Unterstützung für verstärkte Normungsaktivitäten in allen Bereichen der additiven Fertigung.
Von Dienstleister, die Bauteile additiv fertigte, erhofft sich Becker in Zukunft ein besseres Qualitätsverständnis in Bezug auf wiederholbare Eigenschaften und Toleranzen. „Unsere sehr hohen Anforderungen an die geometrische Genauigkeit additiv gefertigter Teile können viele Dienstleister heute nicht ohne Weiteres erfüllen“, klagt Becker. Die Vereinbarung von technischen Lieferbedingungen gestalte sich oft schwierig. Er schlägt die Einführung einer objektive Bewertung und Zertifizierung von Teileherstellern analog zum Zertifikat für Reinraumtauglichkeit vor, welches das Fraunhofer IPA Herstellern in diesem Bereich verleiht.
An die Adresse der Hersteller von Maschinen für die additive Fertigung gerichtet, äußerte Becker den Wunsch nach einer Prozessintegration der Maschinen in das Produktionsumfeld einschließlich ERP-Anbindung sowie eine Automatisierung der Abläufe, die wiederum für stabilere Prozesse sorgen.
Doch auch für die Konstruktion hatte er Verbesserungsvorschläge: So müssten die Bauteile in Zukunft stärker 3D-Druck-gerecht konstruiert werden. „Und auch Messpunkte müssten bereits in der Konstruktion vorgesehen werden“, so Becker. ■
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