Startseite » Allgemein »

Präzise Prüfkörper

Messtechnik
Präzise Prüfkörper

Damit bei Bauteilen die Maße bis auf wenige Mikrometer genau stimmen, werden sie mit stationären Koordinatenmessgeräten oder mobilen Laser-Trackern vermessen. Auch deren Messgenauigkeit wird im Rahmen der ISO 9000 regelmäßig überwacht. Mit Kalibriernormalien aus „Zerodur“ lässt sich dies schnell und zuverlässig erledigen.

Anne Hardy, Wissenschaftsjournalistin, Frankfurt a. M.

Als das erste Urmeter 1791 in Paris realisiert wurde, hatte es einen entscheidenden Nachteil: Die Länge des Platinstabes betrug nämlich nur bei einer Temperatur von Null Grad Celsius exakt ein Meter. Schuld daran ist die Eigenschaft der meisten Materialien, sich bei Erwärmung auszudehnen. Eine seltene Ausnahme ist „Zerodur“ Glaskeramik von Schott. Ihre Länge bleibt selbst bei großen Temperaturschwankungen konstant und sie besitzt zudem eine hohe Langzeitstabilität. Aus diesem Grund eignet sich der Werkstoff hervorragend zur Herstellung von Kalibriernormalien. Das sind Prüfkörper, mit denen sich die Genauigkeit von Koordinatenmessgeräten (KMG) zuverlässig überprüfen lässt. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt als deutsches Eichinstitut und Messgerätehersteller wie Carl Zeiss vertrauen hierbei auf Normalien aus der Glaskeramik.
Zehn Mal höhere Genauigkeit
„Kalibriernormalien aus „Zerodur“ ermöglichen eine bis zu 10 mal höhere Kalibriergenauigkeit als Prüfkörper aus anderen Materialien“, berichtet Dr. Thorsten Döhring, der im Geschäftsbereich Optik die Messnormalien betreut. Inzwischen umfasst die Schott-Produktpalette alle drei Dimensionen: 1D-Prüfstäbe, 2D-Kugelplatten und 3D-Tetraeder. Am häufigsten verwenden Messtechniker und Kalibrierlaboratorien die 2D-Kugelplatten – eine gemeinschaftliche Entwick-lung der Stiftungsunternehmen Schott Glas und Carl Zeiss. Dabei handelt es sich um „Zerodur“-Platten mit Bohrungen, in denen extrem präzise Keramikkugeln befestigt sind. Da dank des Werkstoffs die Abstände der Kugelmittelpunkte auch bei Temperaturschwankungen bis auf einen Zehntel Mikrometer – ein Mikrometer ist nur ein tausendstel Millimeter – stabil bleiben, lässt sich mit einer solchen Platte leicht feststellen, ob ein KMG exakt arbeitet.
Anwender wie Jürgen Wolfsteiner, die im Kundendienst von Carl Zeiss täglich mit entsprechenden Kugelplatten arbeiten, sind besonders davon angetan, wie einfach die Messungen vonstatten gehen: „Früher, als die Normalien noch aus Metall gefertigt waren, musste man sie vor der Messung erst einmal temperieren. Heute ist es gleichgültig, ob ich die „Zerodur“-Kugelplatte aus einem sommerlich aufgeheizten Auto hole oder sie bei Minusgraden transportiere: Ich kann praktisch sofort mit der Messung beginnen.“ Gerade für jemanden, der so viel unterwegs ist wie Wolfsteiner, bietet dies eine wesentliche Zeitersparnis.
Schnell, leicht und zerlegbar
Ein weiterer Vorteil der Glaskeramik besteht darin, dass sie drei mal leichter ist als Stahl. Daher ist das Material für transportierbare Kalibriernormalien im Serviceeinsatz besonders gut geeignet. Weil gerade die Normalien für 3D-Messungen bisher besonders unhandlich ausfielen, hat Schott gemeinsam mit der Mainzer Firma Metronom einen zerlegbaren Prüfkörper konstruiert. Er hat die Form eines offenen Tetraeders, dessen Kanten aus „Zerodur“ Stangen an den Ecken durch Stahlkugeln magnetisch verbunden sind. Gegenüber den 2D-Kugelplatten hat ein solcher Tetraeder den Vorteil, dass damit die Genauigkeit eines KMGs in einem einzigen Messschritt überprüft werden kann. Aufgrund der dreidimensionalen Anordnung der Kugeln lassen sich nämlich gleichzeitig Informationen über deren Abstände und die dazwischenliegenden Raumwinkel gewinnen. Mit einer 2D-Kugelplatte sind für diese Informationen hingegen mehrere Messungen notwendig, bei denen die Orientierung der Platte im Raum variiert wird.
Das jüngste „Kind“ in der Familie der Schott-Kalibriernormalien ist zugleich das schlichteste. Es handelt sich um einen 110 Zentimeter langen Glaskeramik-Stab mit Präzisions-Kegelsitzen, in denen die Messkugeln durch Magneten gehalten werden. Den Anstoß zu dieser Erfindung gab die Arbeit an den 42 Teleskopspiegeln aus „Zerodur“ die Schott für das Grantecan-Teleskop in Spanien fertigt. Da es bei diesen Spiegeln auf höchste Präzision ankommt, wird auf die Zuverlässigkeit des Laser Trackers, der ihre Maße überprüft, großer Wert gelegt. „Ich habe nach einer Möglichkeit gesucht, die Tagesform unseres Laser Trackers auf schnelle und einfache Weise zu überprüfen“, erklärt Erfinder Dr. Ralf Jedamzik. Als besonders praktisch erwies sich dabei, dass das reflektierende Antastelement des Laser-Trackers in einem kugelförmigen Gehäuse sitzt. Dieser Reflektor kann somit direkt in die Kegelsitze auf den „Zerodur“-Stab gesetzt werden. Dadurch entfällt die bei den anderen Kalibrier-normalien erforderliche indirekte Messung, bei der Messkugeln mechanisch abgetastet werden. Die Messungen lassen sich daher schneller und exakter ausführen als bisher. Zur Zeit liegt die Genauigkeit bei drei Mikrometern, aber damit ist das Potential des inzwischen zur Marktreife entwickelten Geräts noch längst nicht ausgereizt. Bei Schott erfreut sich das 1D-Kalibriernormal schon großer Beliebtheit. Jedamzik plant nun, auch längere Stäbe zu konstruieren, mit denen sich die Genauigkeit von Laser Trackern in größeren Messabständen noch weiter erhöhen ließe.
Weitere Informationen A QE 403
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de