Startseite » Allgemein »

Praktische Erstellung von Prüfadaptern

Erfahrungsbericht
Praktische Erstellung von Prüfadaptern

Beim Testen von elektronischen Flachbaugruppen verschiedenster Bauarten werden besonders für den Incircuittest, aber bei Nutzung des Clustertests auch für den Funktionstest Prüfadapter mit gefederten Prüfstiften benötigt. Dieser Beitrag soll die Problematik der Prüfadapterherstellung nahe bringen.

Mit den Verbindungen zum Prüfling ist im Incircuittest, der alle Netze kontaktieren kann, eine Fehlerortung möglich, wie sie sich jeder Prüftechniker wünscht: Es können Kurzschlüsse und Unterbrechungen zwischen den Netzen erkannt und mit den anschließenden Messverfahren Bauteile auf ihre richtige Bestückung und Bestückungsrichtung überprüft werden. Im Funktionstest lassen sich die Cluster so klein wählen, dass man einen höchst möglichen Grad an Testmöglichkeiten, aber auch an Fehlerortung erreicht.

Als Testadapter gibt es verschiedene Konzepte wie den Vakuumadapter, der über viele Jahre eingesetzt worden ist. Damit kann man ohne Zusatzteile einseitig kontaktieren und so freien Zugang zu den Bauteilen erlangen. Vorteil der Vakuumadapter ist, dass sie freie Zugänglichkeit auf der Bauteilseite (nur bei einseitiger Bestückung) gewähren, was besonders für die bedrahtete Technik über Jahrzehnte genutzt wurde.
Nachteile der Vakuumadapter
Die Baugruppen heute sind jedoch mehrheitlich SMT-bestückt und natürlich auch beidseitig mit Bauteilen bestückt. Infolge dessen wird in vielen Fällen eine beidseitige Kontaktierung ohne Veränderung der Platine notwendig. Damit werden die Vorteile des Vakuumadapters zunichte gemacht. Ein anderer Schwachpunkt der Vakuumadapter liegt in der Abdichtung der Kanten, die heute bis auf den letzten Millimeter genutzt werden. Damit wird die Dichtheit, die das Vakuum benötigt, vor nahezu unlösbare Aufgaben gestellt. Auch ist die Konturenführung (Außenkanten) so kompliziert geworden, dass auch hier die Abdichtung der Kanten um vieles schwieriger und aufwendiger geworden ist. Weitere Probleme sind Durchbrüche innerhalb der Platine beziehungsweise Durchkontaktierungen, die nicht durchgelötet wurden und daher einen Vakuumverlust zur Folge haben. Die Nutzung von Polaritätsprobes für Elektrolytkondensatoren, aber auch Probes zur Erkennung von Lötfehlern an Fine Pitch-ICs haben es ebenfalls notwendig gemacht, eine Kontaktierung von oben beziehungsweise von unten und oben zu verwenden, die das Vakuumadapterkonzept vor weitere Schwierigkeiten stellt.
Problemstellung der Leiterplatten und Prüflinge
Die Fertigung der Leiterplatten in absolut klimatisierter Umgebung beherrschen in Deutschland nur einige wenige Firmen. Ansonsten werden sie mit den üblichen Fertigungstoleranzen hergestellt. Die Gründe dafür liegen in der thermischen Veränderung der Vorlagen (Filme), aber auch des verwendeten Basismaterials bei unterschiedlichsten Temperaturen. Es entstehen jedenfalls Toleranzen im XY-Bereich, welche zur Folge haben können, dass je nach Größe der Leiterplatte und verwendeter Prüffläche der Prüfstift nicht einmal die Prüffläche findet. Als absoluter Maximalwert ist heute eine Abweichung von ± 0,35 mm bei einer Leiterplattengröße von 10 u 10 cm zu nennen. Hier wird der Leiterplattenhersteller ersatzpflichtig. Dieser Faktor erhöht sich bei doppelter Größe um den Faktor 2 und bei dreifacher Größe um den Faktor 3, so dass eine Maximalabweichung von 1 mm zu erwarten ist. Erfahrungsgemäß liegen die Leiterplattenhersteller jedoch bei einem Fünftel und besser, da sonst keinerlei Multilayer herstellbar wären. Die oben genannten Zahlen sind jedoch von Zeit zu Zeit bei Leiterplattenherstellern im östlichen Ausland möglich. Die Kanten verschiedener Leiterplatten werden bei den guten Herstellern im selben Programm mit entsprechender Wiederholbarkeit gefräst, was für eine Außenkantensicherheit sorgt. Andererseits werden jedoch immer noch Außenkanten gesägt oder geschlagen, so dass durchaus ein Versatz von 500 bis 1000 µ entstehen kann. Bei solchen Außenkanten ist eine Nutzung für die Prüfadapter in unserer heutigen Technologie ausgeschlossen und führt zu sicherer Fehlkontaktierung.
Zuverlässige Prüfadapter
Der einzige Weg, um sichere, zuverlässige Prüfadapter zu erstellen, ist die Verwendung von gefrästen Kanten mit entsprechenden Fangbohrungen zur sicheren Positionierung der Leiterplatte auf dem Nadelfeld. Deren Durchmesser sollte zwischen 2 und 4 mm betragen.
Ein weiteres Adaptionskonzept ist der Niederhalteradapter, der ohne Vakuum auskommt und mit verschiedensten Niederhaltern in das Nadelfeld gedrückt wird. Auch hier sind, ähnlich wie beim Vakuumadapter, Fangbohrungen ein Muss. Dabei muss nicht so viel Wert auf die Außenkanten gelegt werden, da keine Dichtungen zu erstellen sind. Der Niederhalteradapter hat den Vorteil, dass durch die Niederhaltung des Prüflings auch eine beidseitige Kontaktierung ohne großen Mehraufwand möglich ist und auch die kapazitiven Probes für den Polarisationstest für Elektrolytkondensatoren und den LSI-Fine Pitch Test mit eingebaut werden können, um eine sichere Prüfung zu gewährleisten.
Zurück zur Leiterplatte: Wenn sie die notwendige Grundgenauigkeit besitzt, können die Prüfflächen entsprechend klein erstellt werden. In diesem Fall muss man an den Lieferanten der Leiterplatte wesentlich höhere Anforderungen stellen, wie sie von verschiedenen anderen Low Cost-Herstellern nicht unbedingt gewährleistet werden. Die Größe der Prüffläche, gerade bei Baugruppen im Doppeleuropaformat oder größer mit 0,8 bis 1 mm ist wirklich als untere Grenze anzusehen, da von den Prüfstiften, die in diesem Bereich verwendet werden, auch noch gewisse Toleranzen erwarten werden.
Die meisten Anwender stellen leider erst später fest, dass beim Setzen des Prüfstifts beziehungsweise der Hülse mit Prüfstift mit Hilfe eines Durchschlags durchaus eine Verformung bis zu 500 µm entstehen kann und daraus ergibt sich eine sichere Nicht-Kontaktierung.
Das bedeutet, dass nach dem Setzen der Stifte mit Hilfe eines Richtwerkzeuges die Stifte so ausgerichtet werden sollten, dass eine sichere Kontaktierung erfolgen kann. Das setzt viel Erfahrung und Geduld voraus.
Probleme der Prüfstifte
Eine weitere Problemstellung sind die Stifte selber. Wir haben einige sehr kostengünstige Hersteller von Prüfstiften, welche jedoch Taumeltoleranzen von durchaus 200 bis 300 µm haben. Bei 1/10“-Nadeln können diese Taumeltoleranzen mit weniger als 50 µm angenommen werden. Diese Nadeln werden heute in großen Stückzahlen sehr kostengünstig und robust von qualitätsbewussten Herstellern gefertigt. Um die Probleme der Prüfstifte so gering wie möglich zu halten, werden sie üblicherweise mit einem Setzwerkzeug automatisch mit 2 bis 3 Hundertstel mm Genauigkeit gesetzt. Das macht ein Ausrichten des Adapters unnötig und spart so mehrere Stunden Arbeitszeit ein. Dies hat den Vorteil, dass auch kleinste Prüfflächen 0,6 bis 0,8 bei exakter Fertigung der Leiterplatte sicher kontaktiert werden und Kontaktierungsfehler im Prüfprozess die Ausnahme bleiben und nicht wie bei vielen anderen zur Regel werden. Kunden fragen immer wieder, welche Kopfformen und Durchmesser der Prüfstifte gewählt werden sollen. Vor einigen Jahren gab es nahezu unendlich viele Kopfformen, während sich in den letzten Jahren zwei Kopfformen als höchst praktikabel herausgestellt haben. Da ist einmal die Krone bei einem Stiftdurchmesser von typisch 1 mm für bedrahtete Bauelemente und der geschliffene Dreikant (auch Speer genannt) speziell für Durchkontaktierungen und Prüfflächen, die speziell für diese Dreikantstifte erstellt wurden. Heute ist bei den meisten Nadelherstellern eine neue Typenreihe von verschiedenen Durchmessern zu beobachten. Der Hersteller hat jedoch mit allen Prüfstiften, die unterhalb der 1/10“-Nadeln liegen, noch keine guten Erfahren gemacht, weil der Preis bis zum Vielfachen höher liegt, die Standzeiten der Prüfstifte um Faktoren geringer und die Fertigungstoleranzen sehr erheblich sind. Daher sind automatische Setzwerkzeuge noch nicht herstellbar. Dasselbe gilt auch für die Bohrerstandardisierung, da für jedes Fertigungslos der Prüfstift erst ausgemessen werden muss, um dann den entsprechenden Bohrer auswählen und die Hülse und den Prüfstift sicher setzen zu können.
Testfähiges Leiterplattendesign
Die Hersteller von Prüfstiften haben sich gerne und flexibel der Aufgabenstellung ihrer Kunden angepasst und jede Nadel nach Wunsch der Kunden hergestellt. Infolge dessen haben diese Sondernadeln extrem hohe Preise, eine eingeschränkte Lebensdauer und natürlich Zuverlässigkeit, so dass die Adaptererstellung nicht selten 10000 bis 20000 DM kostete, aber ohne Änderung des Prüflings möglich war. Wenn dagegen auf testfähiges Design geachtet wird, können Adapter zu einem Bruchteil der Kosten erstellt werden, mit hoher Robustheit und langer Lebensdauer. Dazu muss allerdings der Prüfling testfähig entwickelt werden. Die so entstehenden Mehrkosten bei erneuter Nachentwicklung werden selten 800 bis 1000 DM überschreiten. Wird die Leiterplatte von vornherein testfähig gestaltet, liegen die Kosten nicht einmal bei 300 DM. Hält man sich konsequent an nachfolgende Regeln, kann ein Adapter für circa 400 Prüfstifte durchaus die Kosten von 1500 DM einhalten, wobei eine sichere Prüfung bei langer Lebensdauer und geringer Anfälligkeit gewährleistet ist:
  • 1. Nutzung von Prüfflächen zwischen 0,8 und 1 mm Durchmesser,
  • 2. die Abstände zwischen den Prüfflächen sollten so groß sein (2,5 mm), dass man die Standard 1/10“-Nadel einsetzen kann,
  • 3. Leiterbahnen, die sich auf dem oberen Teil der Leiterplatte befinden, sollten durch Durchkontaktierungen auf die Unterseite der Leiterplatte geführt und mit Prüfflächen versehen werden,
  • 4. die Prüfflächen sollten nicht von Bauteilen abgedeckt werden oder diesen so nahe kommen, dass der Prüfstift beeinflusst wird,
  • 5. die Nutzung von Fangbohrungen, welche eine sichere Positionierung der Leiterplatte gewährleistet,
  • 6. die Fertigungsqualität der Leiterplatte sollte den heutigen gehobenen Qualitätsnormen entsprechen (± 60 µ bei 30 x 30 cm großen Leiterplatten).
Werden diese sechs Punkte während der Entwicklung bedacht, ist eine kostengünstige Adaption mit hoher Kontaktiersicherheit gewährleistet.
Es gibt immer wieder Produkte wie PC 104-Computerboards oder diverse Videokameramodule, welche mit Standard 1/10“-Nadeln nicht ausreichend kontaktiert werden können. In diesem Fall sollte man auf jeden Fall Dienstleister bemühen, die die hohe Dichte und die dazu notwendigen feinen Prüfstifte haben und den Adapter mit der notwendigen Sorgfalt erstellen können.
Weitere Informationen A QE 300
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Quality Engineering
Titelbild QUALITY ENGINEERING Control Express 1
Ausgabe
Control Express 1.2024
LESEN
ABO
Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Whitepaper zum Thema QS


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de