Bereits zum vierten Mal veranstaltet Stemmer Imaging sein Technologieforum Bildverarbeitung. Experten gehen in Europa auf Tour und informieren die Teilnehmer in sechs parallelen Vortragsblöcken zu Trendthemen wie Industrie 4.0, Embedded Vision, Machine Learning oder die Möglichkeiten der spektralen Bildverarbeitung.
Zur Kickoff-Veranstaltung in München kamen über 1000 Besucher und mehr als 50 Aussteller. Neben den aktuellen Trends zählten Grundlagenvorträge und Einblicke in die Praxis zu den Highlights.
Gut besucht sind dabei immer die Vorträge von Lars Fermum, Schulungsleiter bei Stemmer Imaging. In diesem Jahr spricht er unter anderem über die Anforderungen in der Beleuchtung. Dieses Thema sei essentiell in der Bildverarbeitung, so Fermum.
„Letztlich wertet die Bildverarbeitung im 2D-Bereich nur Helligkeitsunterschiede aus“, erklärt der Schulungsleiter. Ziel ist es immer, möglichst große Kontraste zu erzeugen, um Fehler aufzudecken. „In der Regel lässt sich sagen, dass man Fehler erkennen kann, wenn man mindestens 15 bis 20 Prozent Kontrast hat.“
Die Kontrasterzeugung selbst basiert vor allem auf der Reflexion und Absorption des Lichts, das auf das Bauteil fällt. Der Lichtstrahl verursacht auf der Oberfläche des Bauteils verschiedene Effekte: Das Licht wird zum Beispiel diffus gestreut oder spiegelnd reflektiert.
Form, Farbe und Textur sind Schlüsselthemen
Um die perfekte Beleuchtung zu finden, sind laut Fermum vor allem drei Fragen entscheidend: Welche Größe und Form hat das Bauteil? Wie ist die Oberfläche beschaffen? Welche Farben hat das Bauteil? „Das sind die Schlüsselthemen“, sagt Fermum.
„Ich kann nur dazu anregen, sich über die Beschreibung des Bauteils – also Form, Farbe und Textur – eingehend Gedanken zu machen“, so Fermum weiter. Es sei aber ein Problem, dass solche Punkte von den Anwendern vorab nicht immer spezifiziert würden.
Besonders die Variation der Bauteiloberächen durch verschiedene Herstellungsprozesse und Zulieferer wird häufig unterschätzt. Trotz scheinbar identischer Bauteile werden manche davon durch das Inspektionssystem falsch bewertet. Ursache hierfür sind etwa Polierungen, Bürstungen oder Beschichtungen, die unterschiedliche Glanzgrade, Streueffekte zur Folge haben.
Auch die Lagerung kann zu einer Veränderung der Oberfläche führen. „Wenn ein Bauteil zum Beispiel monatelang irgendwo herumliegt, dann ist eventuell seine Oberfläche oxidiert und hat sich damit verändert“, sagt Fermum. Häufig sei auch nicht klar, dass sich etwa Prototypen anders verhalten als Serienbauteile oder dass additiv hergestellte Teile andere Anforderungen stellen.
In Sachen Beleuchtung gibt es aber noch weitere Dinge zu beachten. So zeigen LED-Beleuchtungen laut Fermum ein Einschaltverhalten, das zu kurzfristigen Lichtverlusten innerhalb der ersten 30 Minuten um bis zu 15 % führt.
Des Weiteren ist eine langzeitige Alterung über die Jahre hinweg zu beobachten, die ebenfalls zu Helligkeitsabfällen, aber eventuell auch zu einer Verschiebung des Wellenlängenspektrums führt. „Eine einfache Maßnahme zur Behebung dieser Probleme stellt die Verwendung eines LED-Blitzcontrollers zum präzisen Regeln und Takten der Beleuchtung dar“, erklärt der Schulungsleiter.
Einflussfaktoren sind vielfältig
Für Fehler in Bildverarbeitungsanwendungen ist aber nicht nur die Beleuchtung verantwortlich. Grundsätzlich sind die Faktoren vielfältig, die Einfluss auf die Leistung eines Vision-Systems haben.
Ein solches System ist typischerweise komplex. Es besteht aus mehreren Komponenten. Um die Ursache für ein Problem zu finden, sollte man sich die Bestandteile des Systems einzeln vornehmen und nacheinander ausschließen.
Eine mögliche Fehlerquelle kann die Kamera sein – zum Beispiel in Bezug auf die Wahl des entsprechenden Gerät oder dessen Konfiguration. „Einfachster und doch häufigster Fehler in der Bildverarbeitung ist das Überbelichten von Bildern.“ Dies führe zu einer Sensorübersättigung und zu Überstrahlungseffekten. „Ein präzises Messen ist unter diesen Voraussetzungen dann nicht mehr möglich und führt die Subpixeling-Methoden der Bildverarbeitungsalgorithmen zur Bestimmung einer Nachkommastellengenauigkeit ad absurdum“, sagt Fermum.
Entscheidend für das reibungslose Funktionieren eines Visions-Systems sind außerdem das Objektiv sowie die eingesetzte Software. Die implementierten Software-Algorithmen haben großen Einfluss auf die Genauigkeit und Wiederholbarkeit der Ergebnisse. „Hochwertige Bibliotheken und Produkte bieten oftmals zuverlässigere und präzisere Software-Tools zur Positionierung und Bauteilinspektion als günstigere Alternativen“, erklärt Fermum.
Neben den genannten Komponenten des System gibt es noch weitere Faktoren. „Auch das Bauteilhandling und die unterschiedliche mechanische Zuführung – wie zum Beispiel eine Bauteilverkippung oder Offsets in X-, Y- und Z-Richtung – erzeugen variable Bildperspektiven und damit verschiedene Prüfergebnisse“, so Fermum. Bei längerer Belichtungszeit sollten die Prüfobjekte nicht bewegt werden, um Bewegungsunschärfe im Kamerabild zu vermeiden. Anlagen-Vibrationen könnten ebenfalls zu unscharfen Bildern führen. ■
Der Autor
Markus Strehlitz
Redaktion
Quality Engineering
Forum on Tour
Weitere Informationen zum Forum sowie zu den
Terminen im November finden Sie unter